Torchwood 3: Langsamer Verfall (German Edition)
war. Achtung: Eine Fremde ist in die Straße gegangen. Vielleicht ist sie von der Polizei.
Die Wohnung, die Lucy sich mit ihrem Junkie-Freund teilte, lag auf halbem Weg die Straße runter. Gwen blieb am Tor stehen und betrachtete das Haus von außen. Die Vorhänge waren zugezogen und ein Fenster war zerbrochen. Das Haus war in Wohnungen aufgeteilt worden: Anscheinend hatte man die Eingangshalle abgetrennt und zwei Türen eingebaut. Die eine führte wohl ins Erdgeschoss und die andere, mit dem Zugang zur Treppe, in den ersten Stock. Die Farbe an beiden Türen blätterte bereits ab. Unkraut wuchs zwischen dem Beton im Vorgarten, den Hauswänden und der Treppe wie eine Grenzmarkierung.
Sie klingelte an der rechten Tür. Die linke Wohnungstür lag direkt neben der rechten, also konnte man daraus schließen, dass sich die Treppe links in der Eingangshalle befand und das rechte Appartement, in dem Lucy wohnte, im Erdgeschoss lag. Sie war dort, um nach dem Mädchen zu suchen, und wenn Lucy einfach die Tür öffnete, würde das ihre Aufgabe erheblich erleichtern. Wenn allerdings Lucys Freund auf das Klingeln reagierte und aufmachte, würde Gwen wenigstens nicht einbrechen müssen.
Einbruch. Wie war es nur so weit gekommen? Wenn es eines gegeben hatte, das man ihr bei der Polizei eingetrichtert hatte, war es, dass man selbst das Gesetz einhalten musste, um es aufrechtzuerhalten. Wenn man illegale Abkürzungen nahm, dann gab man den moralischen Vorteil der Polizei auf. Dabei war es einerlei, ob man sich illegal Zugang verschaffte, jemandem belastendes Material unterschob oder Verdächtige zwang, etwas zuzugeben, was sie nicht getan hatten. Es tat auch nichts zur Sache, dass man damit einem höheren Ziel diente. Denn wenn man es auf diesem Weg erreichte, war das höhere Ziel nichts mehr wert. Man wurde selbst zu einem Kriminellen, der Kriminelle verhaftete, was die Verfolgung des höheren Ziels zu einem besseren Bandenkrieg verkommen ließ.
Trotzdem war sie kurz davor, mit einer Waffe im Holster unter der Jacke in eine Wohnung einzubrechen. Sie war auf alles vorbereitet – selbst darauf, jemanden zu töten, wenn sie dadurch ihr eigenes Leben retten könnte. Alles im Namen eines höheren Ziels. Alles, um die Menschheit vor den bösen Dingen zu schützen, die sich in der Dunkelheit verbargen und auf die richtige Gelegenheit lauerten.
Sie zitterte. Was hatte Grangetown nur an sich, dass sie sich plötzlich schmutzig und alt fühlte?
Gwen klingelte noch einmal, aber niemand öffnete. Sie steckte die Hand in die Tasche und zog einen Leatherman hervor. Das war ein Multifunktionswerkzeug, das einer ihrer Polizeikollegen ihr gezeigt hatte. Das „Schweizer Armeemesser des denkenden Menschen“ hatte er es genannt. Schnell klappte sie eine flache Klinge auf. Sie wollte, dass es so aussah, als würde sie einen Schlüssel in das Sicherheitsschloss stecken und schirmte ihre Hand mit dem Körper ab. Sie schob die Klinge in die Lücke zwischen Tür und Rahmen und senkte sie, wobei sie mit ihrer Schulter Druck ausübte. Die meisten Schlösser fassten wegen ihres schlampigen Einbaus nur ein paar Millimeter tief und etwas Druck an der richtigen Stelle konnte den Riegel aus dem Gehäuse heben.
Und es klappte. Die Tür gab ihrer Schulter nach und Gwen schloss ihre Finger um das Holz, damit sie nicht versehentlich nach innen aufflog und gegen die Wand krachte.
Sie bewegte sich in die abgedunkelte Eingangshalle und zog die Tür hinter sich zu. Einerseits, weil sie nicht wollte, dass jemand im Haus oder auf der Straße bemerkte, dass etwas Ungewöhnliches vorging. Andererseits konnten ihre Augen sich so schneller an die Dunkelheit gewöhnen.
Als Erstes fiel ihr der Geruch auf. Schmutzige Wäsche, schmutzige Teller und etwas anderes. Saures Metall. Der besondere Geruch von Blut.
Sie zog die Glock 17 aus dem Holster und hielt sie nach oben, sodass der Lauf zur Decke zeigte. Mit einem leisen Klick löste sie die Sicherung. Sie war auf alles vorbereitet.
Gwen schob sich zuerst durch die halboffene Tür in das vordere Zimmer und achtete auf Anzeichen von Bewegungen im Raum. Doch da war nichts. Der Raum war leer. Die nackten Dielen und das Sofa hatten schon bessere Zeiten erlebt. DVD-Hüllen und Discs lagen auf dem Boden verstreut. Außerdem stand dort ein überraschend großer HD-Fernseher mit einer kompletten Audioanlage, inklusive eines Lautsprechers am Gerät und je einem auf jeder Seite des Sofas. Ihre Polizeiausbildung ließ sie
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