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Tore der Zeit: Roman (German Edition)

Tore der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Tore der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Nicolai
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Filmemacher zu durchsuchen. Claude und Thierry fluchten und flehten, aber es half nichts: Man nahm ihnen die Kamera und sämtliches technische Gerät ab – sogar die losen Stecker, die der Tontechniker in der Hosentasche hatte.
    Lautlos verwünschte Lucian ihr Pech. Bereits zum zweiten Mal verloren sie Aufnahmen, mit denen sie Beliar hätten überführen können: Ravennas Hilferuf vom Vortrag war in der Esse verschmort. Und nun würde Vadym alle verwackelten Bilder der geheimen Zusammenkunft im Gasthaus der Schmiede vernichten.
    Angespannt verfolgte Lucian, ob die Russen leichtsinnig genug waren, Ravenna zu berühren. Cezlav schlug jedoch einen Bogen um seine Hexe. Stattdessen kam der Magier zu ihm, schob ihm die Hände unter die Achseln und tastete ihn grob nach versteckten Waffen ab, sichtlich am Höhepunkt dieses Morgens angekommen. Der Turm schien unter Lucians Händen zu zittern, so sehr bebte er vor Wut. Es fehlte nicht viel, und er hätte ausgeholt, während Cezlav die Hände mit einem anzüglichen Grinsen über seine Hüfte gleiten ließ. Als der Russe nach der Klinge griff, ging der Graf dazwischen.
    »Schluss jetzt«, befahl Ferran de Barca. »Es reicht. Wir reiten los.«
    Cezlav stieß einen Fluch aus. Sofort stieß der Graf sein verhülltes Schwert zwischen sie. Der Magier wich zurück, zerrte sich das Hemd aus dem Gürtel und schob es hoch. Blutergüsse bedeckten seine Haut, gelblich und grün, am unteren Rippenbogen mit einem Stich ins Violette.
    »Du hast mir die Knochen gebrochen«, schrie er. »Zwei Rippen – bei unserem letzten Zusammenstoß im Chotelflur. Dafür wirst du bezahlen!«
    Er schäumte vor Wut.
    »Was hattest du auch in unserem Zimmer zu suchen?«, entgegnete Lucian kalt. »Stell dich mir nicht in den Weg. Dann passiert so etwas nicht«,
    »Ich verlange Genugtuung!«, brüllte Cezlav. »Ich will Satisfaktion!«
    »Was machst du denn, du Chornochse?«, fuhr Vadym dazwischen. »Wir haben keine Zeit für Duelle. Das Rennen findet in weniger als zwei Stunden statt. Weißt du denn nicht mehr, was wir besprochen haben? Wir holen uns den Sieg und reiten anschließend zum Turm der Magier. Dann kann uns niemand mehr aufhalten.«
    Cezlav stieß eine unverständliche Salve auf Russisch hervor. Vadym knuffte ihn aufs Ohr und antwortete in derselben Lautstärke. Daraufhin stapfte sein Freund zu seinem Pferd und zog sich in den Sattel. Ohne auf die anderen zu warten, galoppierte er zur Straße.
    Besorgt beobachtete Lucian, wie Cezlav den Weg zurückritt, auf dem sie in der Nacht gekommen waren. Dann packten ihn die Männer des Grafen an den Armen. Man stieß sie zusammen mit ihrer eingeschüchterten Filmcrew in den Turm. Die Tür krachte ins Schloss. Vadym verriegelte den Eingang eigenhändig, wickelte eine Stahlkette um das Gitter und ließ ein Schloss einrasten. Als er zurücktrat, flammten Bänder aus leuchtenden Ziffern auf, die in einem irrsinnigen Tempo zwischen den Eisenstäben auf und ab flossen.
    »Was ist denn das?«, keuchte Ravenna erschrocken.
    »Ich protestiere gegen diese Behandlung«, rief Thierry und drängte sich nach vorn. »Wir sind unabhängige Beobachter!«
    Er fasste beinah ans Gitter. In letzter Sekunde packte Lucian ihn am Arm.
    »Vorsicht vor diesem Licht!«, warnte er. »Die Strahlen gehen vermutlich glatt durch den Knochen.«
    Das missmutige Gesicht des Kameramanns wurde noch länger. Der untersetzte Tontechniker runzelte die Stirn. »Was geht einem in so einem Augenblick durch den Kopf?«, forschte Claude im Ton eines Beobachters.
    »Sagt Ihr es mir«, meinte Lucian. »Ihr steckt nun genauso tief drin wie wir. Wenn mein Vater hier auftaucht – und ich bin mir sicher, das wird er –, dann nimmt er Euch ebenso gefangen wie Ravenna und mich. Oder er erschlägt Euch und wirft Eure Leichen in den See. Was denkt Ihr wohl, wie man sich dabei fühlt?«
    Die beiden Filmemacher starrten ihn an.
    »Ravenna! Ravenna! Schau doch wenigstens einmal her! Es rührt mein Cherz, wie du so traurig hinter Gittern sitzt«, schrie Vadym.
    Er war nun ebenfalls zu Pferd, im Sattel eines muskulösen Rappen. Das Tier hatte eine breite Brust und lange Beine. Die Sonne glänzte auf dem schwarzen Fell. Die Nüstern blähten sich, während um das Auge ein weißer Ring erschien. Der Graf wusste offenbar, wie er seinem Reiter am Start einen unschlagbaren Vorteil verschaffte. Das Tier stammte zweifelsfrei aus der Zucht der de Barcas, ein Renner, der die anderen Pferde mühelos abhängen würde.
    »Komm

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