Tore der Zeit: Roman (German Edition)
er. »Viel besser als gestern.«
Thierry näherte sich der Bank und setzte sich neben ihn. Der Filmemacher ließ die Aufnahmen rückwärtslaufen. An einer bestimmten Stelle stoppte er. »Hier«, brummte er und deutete auf das Display. »Was ist das? Können Sie das erkennen?«
Lucian beugte sich vor. Als sein Schatten über den Monitor fiel, war das Standbild besser zu erkennen. Es war eine merkwürdige Einstellung – ein verstohlener Schwenk durch den Raum, in Bauchhöhe ausgeführt. Sämtliche Schultern und Köpfe waren abgeschnitten. Die dunkelrote Schärpe gehörte aber eindeutig Cezlav. Auf der linken Seite drückte sich eine ausgebeulte Form durch den Stoff.
»Der Revolver«, sagte Lucian. Er schaute zu Ravenna auf. »Dieser Idiot hat den Revolver mitgenommen.«
»Ein Revolver?«, wiederholte Thierry ungläubig. »Hat man Ihren Gegenspielern denn nichts über Requisiten gesagt? Wir drehen eine Zauberershow, die im Mittelalter spielt. Was will der Kerl da mit einer Pistole?«
»Es ist eine echte Waffe«, warf Ravenna ein. Sie war blass. Als sie sich über die Kamera beugte, glitt ihr Haar wie ein Fächer von ihrer Schulter. »Er hat damit geschossen. Kurz bevor wir vom Balkon gesprungen sind. Die Szene auf dem Hexenmarkt, das zersplitterte Fenster – erinnern Sie sich?«
Der Filmemacher starrte sie an. »Das ist gegen die Regeln.«
»Hört auf, hier zu drehen«, warnte ihn Lucian mit ernster Stimme. »Cezlav wird das nicht gut aufnehmen, von den Männern des Grafen ganz zu schweigen. Wenn dann lediglich Eure Ausrüstung zu Bruch geht, könnt Ihr noch von Glück sagen.«
Thierry schaute sich in der Stube um. Offenbar fiel ihm erst jetzt auf, dass die gegnerischen Ritter sie unauffällig im Auge behielten. Die Frauen und Männer in der niedrigen Stube waren ihre Wächter. Der andere Teil von Ferran de Barcas Soldaten war im Hof, beschäftigt mit dem Satteln und Beladen der Pferde.
»Verdammt noch mal!«, keuchte Thierry. »Was wird hier gespielt?«
»Haben Sie es denn noch immer nicht gemerkt? Glauben Sie wirklich, es ginge um das Making of the Show? « Ravenna schüttelte den Kopf. »Wir spielen längst um etwas anderes als um Geld oder einen guten Sendeplatz. Beliar Le Malin ist nicht der, für den er sich ausgibt. Der Erfinder des WizzQuizz ist ein Zeitreisender, genau wie wir.«
Thierrys Finger zuckten zum Aufnahmeknopf. Es war eine unwillkürliche Bewegung, über die er vermutlich nicht einmal mehr nachdenken musste. Erst als er Lucians Stirnrunzeln sah, ließ er die Hand sinken.
»Er benutzt uns«, fuhr Ravenna fort. »Wenn Beliar die Tore kontrollieren kann, kontrolliert er auch den Strom. Die Magie . Geht das in Ihren Schädel, Thierry?«
Die Hände des Dokumentarfilmers begannen zu zittern, so begierig war er auf diese Enthüllungen. »Können Sie das beweisen?«, fragte er. »Großer Gott – diese Meldung würde einschlagen wie eine Bombe. Aber ohne einen Beweis können wir das nicht ausstrahlen.«
»Dann haltet einfach nach Beweisen Ausschau«, riet Lucian. »Früher oder später wird Beliar die Maske fallen lassen. In diesem Augenblick solltet Ihr zur Stelle sein. Sorgt dafür, dass man Euch die Kamera nicht abnimmt. Verhaltet Euch unauffällig, bleibt im Hintergrund und geht Männern mit Schwertern aus dem Weg.«
Seine Worte schienen endlich zu dem Filmemacher durchzudringen. Thierry nickte.
Lucian sah zu, wie er sich wieder zum Ofen zurückzog. Er legte die Kamera unter seinen Schlafsack. Dann weckte er seinen Begleiter und besprach sich im Flüsterton mit ihm.
Ein Schatten fiel über Lucian, und er hob den Kopf. Der Graf de Barca blieb mit verschränkten Armen vor ihm stehen. »Die Nacht ist um, und wir ziehen in Kürze weiter«, verkündete er. »Ich frage mich, ob ihr uns noch etwas zu sagen habt, bevor wir von hier fortreiten.«
Lucian schwieg. Auch Ravenna starrte den feindlichen Grafen wortlos an.
Als das Schweigen anhielt, runzelte Ferran de Barca die Stirn. »Wo befindet sich der magische Gral?« , zitierte er. »Warum will Beliar das wissen? Worum geht es bei dieser Wette?«
Er wandte sich an Ravenna. Sie schüttelte den Kopf, senkte den Blick und klemmte die Unterlippe zwischen die Zähne. Das tat sie oft, wenn ihr etwas unangenehm war. Oder wenn sie schwindelte, dachte Lucian plötzlich. Hoffentlich wusste sie, wie weit sie gehen durfte. Der Graf war niemand, mit dem man Spielchen trieb.
Der Graue Löwe, so wurde Constantins ehemaliger Verbündeter genannt. Er trug
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