Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tore der Zeit: Roman (German Edition)

Tore der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Tore der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Nicolai
Vom Netzwerk:
jungen Magierin die Hand entgegen. »Willkommen in der Runde. Dann hat Morrigan dich also anerkannt?«
    Das Mädchen verzog den Mund. »Als wir bei einem Schneesturm in einer Höhle festsaßen. Ich dachte schon, ich würde dort festfrieren.«
    Ravenna lachte. »Ja, der Segen der Hexengöttin kommt immer irgendwie ungelegen.«
    Ellis’ Händedruck war kräftig, die Handfläche rau und schwielig. Ravenna mochte sie auf Anhieb. Dann stutzte sie und drehte den Handrücken des Mädchens nach oben.
    »Wo ist dein Siegel?«, fragte sie. »Das Schlafende Auge von Samhain. Ich dachte, du hütest es.«
    »Glaubst du, dein Siegel wurde als Einziges entwendet?«, gab Ellis zurück. Für eine Hexe, die erst seit Kurzem zu den Sieben gehörte, war sie nicht gerade auf den Mund gefallen. »Unsere Siegel wurden beim Überfall auf den Konvent gestohlen. Seitdem sind wir auf der Suche nach den Dieben.«
    Ravenna keuchte. »Gestohlen! Alle … du meinst doch nicht etwa, dass alle Siegel gestohlen wurden?«
    »Ramon berichtete euch doch schon, dass der Konvent nicht länger existiert«, warf Esmee ein. Unter der Kapuze blitzten ihre Ohrringe hervor.
    »Wir sind nur knapp mit dem Leben davongekommen. Seit dem Umsturz leben wir als Gesetzlose«, knurrte Norani. »Dafür herrschen jetzt Beliars Fürsten. Die Herren über Feuer, Luft und Erde.«
    Eine unangenehme Kälte kroch an Ravennas Beinen herauf. Die Angst hinterließ einen metallischen Geschmack in ihrem Mund. »Das sind nur drei Fürsten«, meinte sie. »In einem Hexenzirkel ruft man aber vier magische Elemente an.« Der Gedanke schwang unheilvoll in ihr nach. Sollte Beliar etwa auf die Ankunft des vierten Fürsten warten, um seinen Plan zu vollenden? War es das, was die Zauberin auf dem Hexenmarkt gemeint hatte? Der Teufel erwartete den Fürsten des Wassers?
    »Wir hatten eigentlich gehofft, dass ihr mehr wisst als wir«, warf Norani ein. Die Wüstenhexe saß nachlässig im Sattel und führte die Zügel mit einer Hand. Ihr Schmuck aus Silber und Bernsteinperlen glänzte in der Sonne. »Du und Lucian, ihr seid die Einzigen, die Beliars Treiben in den letzten Wochen aus der Nähe verfolgen konnten. Auf dieser Seite der Tore – in dieser Zeit, wenn du verstehst, was ich meine – hat er sich kaum blicken lassen.«
    »Velasco und deine Schwester haben die Drecksarbeit für ihn gemacht«, erklärte Josce. »Sie haben ihm den Weg bereitet. Nun ist er zurückgekehrt. Aber was führt er im Schilde?«
    »Er will den Strom kontrollieren«, sagte Ravenna. »Zumindest nehmen wir das an. Er versiegelt die Tore bis auf einige wenige, die er von seinen Gefolgsleuten bewachen lässt. Euch hat er aus dem Konvent vertrieben. In Carcassonne lässt sein Burgvogt jeden ins Gefängnis werfen, der auch nur über einen Funken Magie verfügt. Und in meiner Welt …« Sie zuckte mit den Achseln. »Meine Welt hat sich verändert. Es scheint mehr Magie zu geben.« Sie zögerte. »Mehr offensichtliche Magie.«
    »Mehr Lichtseelen«, warf Esmee freundlich ein.
    Ravenna starrte die schöne Hexe von Beltaine an. »Was?«
    Esmee lächelte. »So nennen wir die mit Magie Gesegneten.«
    »Da hört ihr es: Beliar will die Haupttore besetzen«, sagte Norani zu den anderen. »So verschafft er sich Gewalt über den Strom. Er will Morrigan vertreiben.«
    »Schon wieder«, knurrte Ellis.
    » Immer wieder«, warf Nevere ein. Auf der Stirn der Wetterhexe schimmerte ein mattgoldener Lichtfleck: das dritte Auge. Von Weitem sah es aus wie ein Stern. »Es ist ein magisches Gesetz. Jedes Licht wirft Schatten. Auf jede gute Tat folgt ein Vergehen. Als Morrigan den Strom zum Fließen brachte, hat sie zugleich ihren Widersacher erschaffen. Sie hat das Tor geöffnet, aus dem Beliar hervortrat. Ihr Schatten.«
    Ravenna zog sich den Mantel enger um die Schultern. »Und was mache ich dabei?«
    Nevere lächelte kühl. »Wir halten das Gleichgewicht. Das ist die Aufgabe der Sieben.«
    »Was ich meine, ist: Was soll ich jetzt tun?«, hakte Ravenna nach. »Was kann ich tun, das ihr alle gemeinsam nicht fertigbringt?«
    »Das wirst du sehen, sobald wir das Haupttor erreicht haben«, erwiderte Norani. Ramons Gefährtin warf die dicken, schwarzen Haarflechten nach hinten. Als sie Ravennas ratlosen Gesichtsausdruck bemerkte, fuhr sie fort: »Mit den Toren verhält es sich so: In jedem Gebiet gibt es nur eine bestimmte Anzahl Portale. Manche davon sind schwächer, andere stärker. Das größte Tor nennt man Haupttor. Hier, in diesen Bergen,

Weitere Kostenlose Bücher