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Tore der Zeit: Roman (German Edition)

Tore der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Tore der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Nicolai
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verkrampfte die Hände um das Gitter. Ramons Bericht hinterließ ein eiskaltes Gefühl in seiner Magengrube. »Glaub mir, wenn ich nur einmal die Wahl gehabt hätte, wären wir jetzt nicht hier. Aber da wir nun aber hier sind, müssen wir wohl mittendurch«, murmelte er. »Einen anderen Ausweg gibt es nicht.«
    »Nein«, erwiderte Ramon. »Da hast du wohl recht.«
    »Achtung jetzt«, sagte Norani in diesem Moment. Rost stäubte von ihren Händen, als sie zurücktrat. Die Riegel saßen locker in den Scharnieren. Ein kräftiger Fußtritt genügte nun, um die Tür ihres Gefängnisses aufzusprengen. Erleichtert drängten Lucian und seine Begleiter ins Freie.
    Im Hof warteten bereits die Knappen mit den Pferden. Lucian schwang sich in den Sattel und lenkte Ghost den Damm hinauf. Er schaute nicht zu Jodoks verlassener Schmiede zurück.
    Endlich lag der Pass zum Montmago vor ihnen.
     

 
    Wiedersehensfreude
    Der Weg wand sich durch ein Waldstück zum Pass hinauf. Zum Glück waren auf der Straße nur noch wenige Wanderer unterwegs. Der Großteil der Pilger war während der Nacht weitergezogen.
    Ravenna musste die weiße Stute kaum antreiben. Willow schien zu wissen, dass sie zu der Herde der Silberschimmel gehörte. Munter und mit aufgestellten Ohren trabte sie zwischen den Pferden der Hexen voran. Norani und ihre Gefährtinnen drängten sich um sie.
    »Erzähl uns, was passiert ist«, verlangte die Jägerin Josce. Sie war die größte und kriegerischste der Sieben, mit einem Zopf, der wie eine glänzende Schlange über die Kruppe ihres Pferdes tänzelte, einem Bogen und gefiederten Pfeilen. »Berichte uns jede Einzelheit. Wir wissen, dass sich deine Schwester auf die Seite unserer Feinde geschlagen hat. Wie schlimm ist es wirklich?«
    »Schlimm«, murmelte Ravenna nur. Sie dachte an die letzte Begegnung mit Yvonne. »Es ist … sehr schlimm. Ihr wisst, was mit den Toren geschehen ist?«
    Die Sieben nickten. Jede Hexe war auf ihre Weise unverwechselbar, die Hüterin eines ganz besonderen Siegels. Aveline beispielsweise, Hüterin der Magie von Imbolc, wirkte wie ein launisches, unreifes Ding, bis man die minderjährige Hexe in Aktion sah. Esmee dagegen kam Ravenna sogar übernächtigt und in schmutzigen Kleidern wie eine Edelfrau vor – vermutlich weil die schöne Magierin unter dem Mantel den verhexten Gürtel der Maikönigin trug.
    »Ich habe eine Warnung erhalten«, berichtete sie. »Auf dem Hexenmarkt in Paris traf ich eine alte Zauberin, die behauptete, bald werde Beliar zum Mächtigsten aller Magier aufsteigen. Doch es war sehr schwer, ein Tor zu finden, das Lucian und mich in diese Zeit zurückbrachte.«
    Sie schaute zu ihrem Ritter, der an der Spitze des Zuges ritt. Vom Sattel aus schüttelte Lucian ein Dutzend Hände, begrüßte seine Freunde und ihre Begleiter mit freundlichen Worten. Anschließend reihte er sich neben dem König ein, Berichterstatter, Ratgeber und Zuhörer in einem. Ravenna beobachtete ihn mit einem leichten Anflug von Neid. Lucian war heimgekehrt. Er war wieder in seiner Welt, in der er einen Platz hatte, geschätzt und geachtet war. Wenn nur alles so einfach wäre, dachte sie.
    »Wir wissen, was mit den Toren geschehen ist«, bestätigte Josce nun. Um ihren Hals baumelte eine dreieckige, silberne Hundepfeife, doch von ihrer Meute fehlte jede Spur. Ravenna wollte lieber nicht fragen, was aus dem Rudel geworden war.
    »Deshalb haben wir den Konvent verlassen«, fuhr die Hexe von Ostara fort. »Wir sind ausgezogen, um diesen Schuften das Handwerk zu legen, die die magischen Pforten eine nach der anderen versiegeln. Rund um Straßburg ist es uns auch gelungen. Aber hier, in diesen Bergen, herrschen Aufständische. Gesetzlose. Ich denke, einige von ihnen hast du bereits kennengelernt.«
    Ravenna nickte. Verstohlen musterte sie ihre Freundinnen. Es war den Sieben nicht gut ergangen. Das konnte man sehen.
    »Wo ist Mavelle?«, fragte sie schließlich. Sie konnte die zierliche Elfenhexe nirgends entdecken. »Geht es ihr gut?«
    »Sie ist nach Hause zurückgekehrt, um ihren kleinen Sohn ihrer Familie vorzustellen«, berichtete Norani. »Dafür reitet Ellis jetzt mit uns.«
    Ein Bauernmädchen mit einem dicken Zopf und Sommersprossen lenkte das Pferd neben sie und verneigte sich. Sie sah überhaupt nicht wie eine Hexe aus, fand Ravenna, schon gar nicht wie die geheimnisvolle Wächterin des Siegels von Samhain. Aber das galt schließlich auch für sie selbst.
    »Freut mich«, sagte sie und streckte der

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