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Tore der Zeit: Roman (German Edition)

Tore der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Tore der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Nicolai
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er sich vor dem schillernden Hintergrund des Tors filmen ließ. »So bezeichnet man einen Ort, an dem Magie in großen Mengen aus dem Boden strömt. An dieser Stelle, meine Damen und Herren, wird die Entscheidung fallen, wer der neue König der Hexenritter wird und …« – eine Kunstpause mit Ausrufezeichen – »… wer den Vorsitz in der Loge der mystischen Mathematiker übernimmt. Beide Gruppen haben gestern ihren Anführer verloren. Gleich werden wir herausfinden, wer das Zeug zum Nachfolger hat.«
    Ravennas Magen verkrampfte sich. Sie blickte wieder zum Tor. Die Gesichter der Schwarzmagier glänzten vor Schweiß. Ihre Augen waren geschlossen. Offenbar kostete es große Anstrengung, die magische Schranke aufrechtzuerhalten.
    »Es ist ein Wettkampf gegeneinander als auch innerhalb der Teams«, fuhr Beliar fort. »Die Gruppe, die die Aufgabe als Erstes löst, hat gewonnen. Das andere Team scheidet aus und muss den Montmago verlassen. Wer innerhalb des Siegerteams der Schnellste ist, soll der neue Anführer sein. Diesmal ist jedoch jede Anwendung von Magie und jede Einmischung durch Ravenna oder Vadym verboten. Und nun machen Sie sich bereit: Wir öffnen einen Zugang zum Tor!«
    Ein Fanfarenstoß ertönte. Die Bläser standen auf den Aussichtsplattformen auf den beiden Türmen. Als der letzte Ton verklang, entrollten sich zwei riesige Leinwände. Sie reichten von der Turmkrone fast bis zum Boden.
    Auf dem Banner vor dem Turm der Magier erschien das überlebensgroße Bild einer jungen Frau. Oriana trug schwarze Kleider. Um ihren Hals hing das Henkelkreuz. Sie trug es wie immer verkehrt herum und war geschminkt wie eine ägyptische Prinzessin. Sie schaute nach oben, als würde sie aus großer Höhe aufgenommen. Hinter ihr war zertrampeltes Gras zu sehen. Und sie hielt einen silbernen Revolver in der Hand.
    Die Russen fingen an zu schreien. »Was soll das? Woher hat sie die Waffe?«
    »Sie soll sie sofort chergeben! Das ist ein Andenken an einen Freund!«, schäumte Vadym.
    Da bemerkte Ravenna den starren Blick, mit dem Lucian den Turm der Hexen fixierte. Die Ader an seinem Hals pochte. Sie fuhr herum. Auf dem zweiten Banner wurde Velasco gezeigt. Auch er schaute zu einem unsichtbaren Beobachter auf. Erst nach ein paar Herzschlägen merkte Ravenna, was sie an dem Bild verwirrte: Lucians Vater trug eine Lederjacke. Der hochgeklappte Kragen verdeckte die Narbe an seinem Hals. Langsam hob er die rechte Hand.
    »Großer Gott! Sie sind dort!«, schrie sie auf. »Velasco und Oriana – sie sind auf der anderen Seite! Mitten unter der Menge am Eiffelturm.« Die Kleider, der Rasen, der Blick nach oben, als kreise ein Helikopter über ihnen … es gab nicht den geringsten Zweifel. Die Fürstin der Luft und Lucians Vater hatten das Tor durchschritten.
    »König oder Großmeister der Mathematikerloge! Wem es gelingt, das Portal zu durchqueren und sich den Gegenstand zurückzuholen, den meine Helfer dort präsentieren, soll der neue Anführer sein«, rief Beliar. »Es gilt ab – jetzt!«
    Velasco drehte den Handrücken nach außen, damit jeder sehen konnte, was er am Finger trug. Es war Lucians Ring. Der Ring, den Velasco ihm mit Gewalt abgenommen hatte. Der Ring des Königs.
    Ravenna duckte sich und spurtete los. Sie achtete weder auf das Gebrüll der Russen noch auf Beliars Flüche oder die Warnungen ihrer Freunde. Sie wollte einfach nur als Erste am Tor sein, wenn die Schranke fiel.
    Eine der Schwarzmagierinnen öffnete die Augen. Sie wirkte erschöpft und verwirrt. Als sie den Kristall zur Seite schwenkte, brach die Lichtschranke auf. Auch die anderen Hexer senkten die Teufelsaugen. Brennpunkte fielen auf den Boden. Das Gras verdorrte, und das Erdreich fing an zu dampfen. Ravenna schloss die Finger fest um das Siegel. Ein paar Schritte noch, bis sie die Gasgrenze des Tors überschritt …
    Jemand griff plötzlich nach ihrem Mantel und riss sie zu Boden. Sie fiel der Länge nach hin, schürfte sich das Kinn auf, während ihr Widersacher ausgestreckt auf ihr landete. Füße in hohen Schaftstiefeln trampelten an ihr vorbei.
    »Nicht einmischen! Wir beide dürfen uns nicht einmischen, sonst werden unsere Freunde disqualifiziert!«, brüllte Vadym ihr ins Ohr.
    »Verdammter Idiot!«, schrie sie zurück. »Geh runter von mir!«
    »Nicht einmischen!«, kreischte Vadym wieder.
    Die Russen rannten in einem ungeordneten Haufen auf das Tor zu. Jeder wollte der Erste sein, der die Erscheinung berührte. Dicht vor den wirbelnden

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