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Tore der Zeit: Roman (German Edition)

Tore der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Tore der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Nicolai
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bevorstehenden Aufnahmen. Als der Kameramann ihren Blick bemerkte, winkte er ihr zu.
    »Wir mussten den Ablauf des Finales umschreiben. Das hat uns die halbe Nacht gekostet«, fuhr Beliar sie an. »Wir beginnen heute mit einer Einstellung, die noch einmal die Begleiter der beiden Kandidaten zeigt. Lucian, seine Freunde und die Russen. Es geht um die Wahl des neuen Königs.«
    »Die Königswahl?« Lucian explodierte. »Das hat nichts in diesem Wettkampf zu suchen. Diese Angelegenheit geht nur den Orden etwas an.«
    »Jetzt nicht mehr«, erwiderte Beliar und übergab ihm ein zusammengerolltes, versiegeltes Pergament. »Vergangene Nacht haben die Grafen und Barone ein Gesuch unterzeichnet, in dem sie euch auffordern, eine öffentliche Wahl abzuhalten. Mich haben sie als unabhängigen Schiedsrichter bestellt. Der Thron darf nicht leer bleiben.«
    Hastig brach Lucian das Siegel und entfaltete die Schriftrolle. Ungläubig lasen er und seine Freunde, was dort stand. »Wer hat das unterzeichnet?«, murmelte der Ritter Chandler. Dann sog er hörbar den Atem ein. »Velasco, Schlossherr zu Carcassonne. Cortez von Aragonien. Ferran de Barca. Die Gräfin von Navarra und …«
    »Und Elinor vom Hœnkungsberg«, stellte Ramon mit gerunzelter Stirn fest. »Hier steht wirklich ihr Name. Das geht nicht mit rechten Dingen zu. Elinor stand unter Arrest, als wir das Elsass verließen. Sie durfte keinen Fuß vor ihr Burgtor setzen.«
    Plötzlich begann Ravennas Herz heftig zu pochen. »Das kannst du nicht tun«, stieß sie hervor, an Beliar gewandt. »Das darfst du nicht. Die Königswahl ist Sache des Ordens. Niemand hat dabei etwas zu suchen – außer den Mitgliedern der Ritterrunde.«
    »Herrgott, Ravenna, hast du den Vertrag überhaupt gelesen?«, fauchte Beliar. »Du hast Lucian zu deinem Begleiter gemacht. Alles, was dich betrifft, betrifft somit auch ihn.«
    Sie ballte die Fäuste. »Die Aufnahmen müssen warten«, widersprach sie. »Meiner Schwester geht es schlecht. Sie muss in ein Krankenhaus. Das ist doch wohl wichtiger als alles andere.«
    »Ach ja, richtig. Yvonne.« Beliar rieb sich das Kinn, eine falsche Pose der Betroffenheit. »Und ich sagte ihr noch, sie solle sich hinlegen. Aber sie wollte unbedingt zu eurem Turm hinaufsteigen. Wir können sie erst durch das Tor lassen, wenn wir hier fertig sind. Das verstehst du doch? Das verstehst du, nicht wahr, Ravenna?«
    Am liebsten hätte sie ihm das Grinsen aus dem Gesicht gekratzt. »Ich bringe sie durch das Tor«, beharrte sie. »Und zwar bevor die erste Szene gedreht wird.«
    »Ravenna.« Beliar legte ihr den Arm um die Schultern. Ravenna versteifte sich. Norani und die Sieben starrten zu ihnen herüber. Als Lucians Hand zum Schwertknauf zuckte, warf Beliar dem jungen Ritter einen finsteren Blick zu.
    »Immer mit der Ruhe!«, warnte er ihn. »Ich werde deiner Hexe kein Haar krümmen. Aber sie und ich – wir müssen kurz etwas besprechen.«
    Mit diesen Worten führte er sie ein Stück zur Seite. Für einen unbeteiligten Beobachter sah es so aus, als machten sie einen Rundgang, um den Schauplatz des Finales zu besichtigen.
    Ravenna drehte den Kopf. Noranis Blick folgte ihnen über die Wiese. Argwöhnisch. Als lägen Verrat und Hinterlist in der Luft. Erst als Lucian das Schreiben der Grafen und Barone zu den Sieben brachte, wandte sich die Wüstenhexe ab. Doch sie beteiligte sich nicht an der aufgeregten Beratung.
    Sie ahnt etwas, dachte Ravenna. Ein Gefühl der Beklemmung drückte ihr die Luft ab. Norani spürt, dass ich vergangene Nacht bei der schwarzen Hexe war.
    »Lass dir etwas erklären«, begann Beliar, sobald sie ein paar Schritte gegangen waren. »Deine Schwester kam aus freien Stücken zu mir. Sie hat diesen Weg gewählt, weil sie eine Neigung für schwarze Magie hat. Sie hat nichts bekommen, wonach sie nicht gefragt hat. Hast du das verstanden?«
    Plötzlich war Beliar nicht länger der unterhaltsame Spielleiter – er war derselbe Mann, der sie auf dem Gehsteig im nächtlichen Paris fast zu Tode erschreckt hatte.
    »Du erinnerst dich doch bestimmt noch an unser letztes Gespräch. Als wir uns darüber unterhielten, worum es bei dieser ganzen Angelegenheit eigentlich geht«, fuhr er fort. »Wann fängst du endlich an zu begreifen, dass du Macht besitzt? Große Macht! Denk nur an den Schlag, den du Velasco auf dem Hohlweg verpasst hast. Das war brillant! Er schäumte vor Wut, als er anschließend zu mir kam. Die Hexe, in die sich sein Sohn verliebt hat, schlägt ihm

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