Tore der Zeit: Roman (German Edition)
solltest eigentlich wissen, wer ich bin.«
»Euer Name«, wiederholte der schwer gepanzerte Ritter. »Und die Namen Eurer Begleiter. So lautet die Vorschrift.«
Offenbar ließ Beliar den Zugang zum Tor streng bewachen. Ravenna erklärte geduldig, wer sie war und warum sie das Recht hatte, am Filmset des WizzQuizz zu sein. Sie blieb hinter der Schranke stehen und zählte die Namen ihrer Begleiter auf, während diese durch die Absperrung gingen.
»Der Ritter Terrell und seine Gefährtin Aveline, Magierin von Imbolc. Meine Schwester Yvonne. Josce die Jägerin. Esmee und Darlach, Wächter des Siegels von Beltaine, wenn es nicht gestohlen worden wäre. Der Ritter Chandler. Lucian. Ramon. Ellis, Magierin von Samhain. Nevere, Wetterhexe und Magierin von Lammas. Außerdem eine großartige Heilerin. Und das ist ihr Gefährte Marvin. Ja, der Hund gehört zu ihm. Wie heißt dein Hund, Marvin?«, rief sie dem Späher zu, als der Posten darauf bestand, auch den struppigen Köter vorgestellt zu bekommen. Er notierte sämtliche Namen auf einer Liste.
»Mein Hund heißt Hund«, knurrte Marvin und schlüpfte durch die Schranke.
»Und das ist Norani.«
Der Wachposten hakte alle Namen einzeln ab. Hinter Marvins Namen machte er eine kleine Notiz. War das Beliars Anweisung?, fragte Ravenna sich. Vielleicht wollte der Spielmacher sichergehen, dass alle Hexen am Tor versammelt waren.
Langsam ging sie auf das Tor zu. Die Menschen, die vor der Erscheinung hin und her liefen, wirkten winzig. Das Portal ragte weit in den Himmel hinein, eine Seifenblase mit einem Rand aus blauen Gasflammen. Das Hinschauen tat in den Augen weh.
Sie starrte trotzdem darauf. Im Hintergrund erkannte sie die merkwürdigen Felsformen des Montmago. Im Vordergrund, wie auf einer ölig schimmernden Folie, war die Spiegelung von Paris zu erkennen.
Auf dem unendlich fernen Champ de Mars hatten sich mindestens ebenso viele Menschen versammelt wie auf dem Montmago. Polizisten riegelten den Park ab. Heerscharen unschuldiger, ahnungsloser Besucher hatten sich am Fuß des Eiffelturms eingefunden. Sensationslüsterne Gaffer, die das angekündigte Finale auf einer Großleinwand verfolgten. Offenbar hatte Beliar während der vergangenen Tage für eine reibungslose Übertragung gesorgt. Und die Show hatte eine ganze Menge Fans dazugewonnen – dafür sprachen die Zuschauerzahlen im Park. Unter ihnen war ganz gewiss eine rothaarige, junge Hexe namens Lilith. Das Medium und vielleicht sogar der Concierge Philippe mit dem Hündchen der Dame aus 313. Und Beliar hatte sie alle in der Hand.
»Um Himmels willen«, murmelte Ravenna. »Überträgt er das etwa in Echtzeit?«
Dann sah sie ihn. Der Spielmacher stapfte über die Wiese auf sie zu. Dabei unterzeichnete er ein Formular und gab dem jungen Mann, der neben ihm trottete, das Klemmbrett zurück. Beliar trug eine schwarze Sportjacke. Zum ersten Mal hatte er die Sonnenbrille auf seine Glatze hochgeschoben, und sie konnte seine Augen sehen. Rabenschwarz waren sie, wie zwei glänzende Stückchen Kohle.
»Wie konntest du nur?«, herrschte er sie an. Erschrocken wich sie vor ihm zurück. »Wie konntest du das bloß tun? Was wolltest du damit bezwecken, dass du Kopf an Kopf mit Vadym über die Ziellinie geritten bist?«
Verblüfft schaute sie zu den Russen hinüber, die sich ebenfalls vor dem Tor versammelten. »Das war nicht geplant«, verteidigte sie sich. »Vadyms Pferd hat aufgeholt. Ich konnte ihn nicht abhängen.«
»Du missachtest die Regeln«, schnaubte Beliar. »Du hast einen Vertrag unterschrieben, in dem steht, dass es keine Absprachen zwischen den Kandidaten geben darf. Hörst du? Keine Absprachen!«
»Wir haben uns nicht abgesprochen.« Ravenna versuchte, ihre Stimme kühl klingen zu lassen. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass Lucian eilig näher kam. »Wir sind das Rennen geritten und kamen gleichzeitig ins Ziel. Das ist alles.«
»Was ist hier los?«, fragte ihr Ritter barsch. Seine Freunde folgten ihm auf dem Fuß.
»Der Vertragstext ist bindend«, fuhr Beliar sie an. »Alles wird genauso ablaufen, wie ich es festgelegt habe. Ist das klar? Haben wir uns verstanden?«
Sie wusste nicht, warum er sich so aufregte. Ihr Herz klopfte, als sie die Hand in die Tasche schob. Ihr Siegel – und die Minikamera unter der Kapuze. Mehr hatte sie an diesem Morgen nicht mitgenommen.
Sie schaute kurz zu ihrem Kamerateam hinüber. Claude und Thierry standen bei den anderen Technikern und unterhielten sich über die
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