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Tore der Zeit: Roman (German Edition)

Tore der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Tore der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Nicolai
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der Nähe Magie gewirkt worden war. Kein Wunder – vom Balkon aus konnte man den ganzen Hexenmarkt überblicken.
    »Wie wertvoll ist dieser Reif?«, bohrte Vadym nach, als Ravenna nicht antwortete. »Oder sollte ich besser fragen: Wie wertvoll ist er für dich?«
    »Mit meinem Siegel kann man die Geschichte verändern«, erklärte Ravenna wahrheitsgemäß. »Die Vergangenheit und die Gegenwart. Allerdings sollte man wissen, was man tut, bevor man diese Magie einsetzt.«
    Die Russen stutzten. Dann brachen sie in heiseres Gelächter aus. »Chistomagie? Das meinst du nicht ernst!«, grinste Vadym.
    »Ganz genau – Histomagie«, wiederholte Ravenna, obwohl sie den Begriff noch nie gehört hatte. »Und was ist deine Spezialität?«
    »Wir sind mistische Mathematiker«, brüstete sich Cezlav. »Wir befassen uns ausschließlich mit der Magie von Zahlen.«
    Mistisch . Genau so sprach er das Wort mystisch aus.
    Deshalb hatte Vadym so schnell die Antwort auf die Frage nach der gefürchteten Zahl Dreizehn gewusst.
    Während sich ihre Gegner noch über ihr zornrotes Gesicht amüsierten, berührte Lucian sie am Arm. »Das zweite Fenster von links«, raunte er ihr zu. »Der Balkon. Dort stand Vadym, als er uns empfing. Das Fenster geht auf die Gasse hinaus.«
    Ravenna blickte zu der besagten Tür. Sie nickte, zum Zeichen, dass sie verstanden hatte.
    »Eine Gegenfrage.« Sie wandte sich wieder an Vadym. »Was treibt ihr eigentlich in Paris? Ich meine, wieso fahrt ihr nicht wieder zurück nach Sankt Petersburg, wenn ihr diese Stadt so grässlich findet?«
    Die Russen wurden schlagartig ernst. Vadym befahl dem Jungen mit dem Kupferhaar, die Fensterflügel zu schließen. Ravenna verfluchte ihn im Stillen. Hatte er ihren kurzen Wortwechsel etwa mitbekommen?
    »Wir können nicht wieder zurück«, erklärte Cezlav düster. »Vor unserer Abreise chatte Vadym einen kleinen Disput mit einem sehr mächtigen Zauberer. Mit dem Schatzmeister unserer geheimen Loge, um genau zu sein. Seitdem sind wir auf der Flucht.«
    »Einen kleinen Disput«, wiederholte Ravenna. »Genauso hört sich das an.«
    »Wir chatten gewettet«, gab Vadym zu. »Eine Runde Baccara bei Vollmond. Wenn ich gewonnen chätte, chätte der Meister sein gesamtes Wissen mit mir teilen müssen. Noch in derselben Nacht.«
    Er starrte Ravenna aus seinen gelben Augen an. Eine solche Farbe hatte keinen natürlichen Ursprung, da war sie sich sicher. Vermutlich bekam man solche Augen, wenn man zu lange in ein magisches Feld blickte. Oder wenn man die Finger nicht von verbotener Hexerei lassen konnte.
    »Wie du dir sicher denken kannst, ging es um schwarze Zauberkunst«, erklärte Vadym tatsächlich. »Dieser Logenmeister becherrscht Nekromantie wie kein Zweiter. Den Bösen Blick. Fluchzauber und das Binden eines fremden Willens. Er kann Blut in Selters verwandeln, wenn er es darauf anlegt. Ein umfassendes Fachgebiet. Leider chat er mich bei einem kleinen Täuschungsmanöver erwischt.«
    »Wen wundert’s«, murmelte Ravenna. »Ich wette, das ist schon eine ganze Weile her. Ziemlich lange, wenn man eure Aufmachung betrachtet.« Sie ließ den Blick über den Morgenmantel und die arabischen Pantoffeln gleiten.
    Vadyms Mundwinkel zuckten. Er zögerte kurz. Dann gestand er: »Es geschah im Sommer 1883. Wir flüchteten uns von damals direkt ins cheutige Paris. Du siehst also: Mit chistorisch wirksamer Magie kennen wir uns aus.«
    Ravenna sog die rauchige Luft in die Lungen. Sie hatte mit ihrer Vermutung ins Schwarze getroffen. Die Hexer aus Sankt Petersburg waren durch ein Tor gekommen. Vermutlich durch ein Nebentor, das nicht siebenhundert Jahre in die Zeit zurückreichte – anders als das Hauptportal, durch das sie und Lucian gereist waren.
    Auch ihr Ritter begriff sofort. »An welcher Stelle kamt ihr aus dem Tor?«, stieß er hervor. Er achtete nicht auf die Drohgebärden der Russen, sondern kam an den Tisch. »War es auf der Insel mit der weißen Kirche? Oder weiter im Westen, wo dieser seltsame Bogen steht? Der Arc de Triomphe? Ist das ein Tor?«
    »Wer chat dich denn gefragt?«, fauchte Cezlav, während seine Freunde Lucian drohend umkreisten. »Du chältst besser den Mund, wenn du nicht gemeint bist.«
    »In meiner Welt ist Schadenszauber verboten«, herrschte Lucian den Magier an. »Ihr würdet alle unter Anklage gestellt und vor einem Schwurgericht landen. Einer nach dem anderen! Deshalb antwortet mir: Wo habt ihr diese Stadt betreten?«
    »Du reißt das Maul nicht auf, während

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