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Tore nach Thulien 1 : Dunkle Gassen (German Edition)

Tore nach Thulien 1 : Dunkle Gassen (German Edition)

Titel: Tore nach Thulien 1 : Dunkle Gassen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kohlmeyer
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selbst. Wir können das nicht hinnehmen. Die Sicherheit des Siedlungsprojektes hat oberste Priorität! << Taris war fest entschlossen. Seine Stimme bebte. >> Bisher bin ich ehrlich gesagt nur von einem schlichten Einbruch ausgegangen, zwar einem gewagten, aber nur einem Einbruch. Wenn das aber wirklich nicht das Werk eines Einzelnen gewesen sein soll, dann bekommt die Angelegenheit eine ganz andere Qualität. <<
          Tristan nickte. Er gab dem Hauptmann Recht. Auch in ihm wuchs nun die Überzeugung, dass sich dahinter eine gewisse Systematik verbarg. Die Reise in den Norden war ohne Frage ein wichtiges politisches Ziel, und wie immer, wenn Politik im Spiel war, gab es auch jene, die anderer Meinung waren. Und unter diesen fand sich meistens auch immer mindestens einer, der bereit war, etwas dagegen zu unternehmen. Jetzt aber war es wohl an der Zeit, ebenfalls etwas zu unternehmen.
          >> Leutnant Tristan. Wir werden die Wachen im Hof und bei der Vorratskammer verdoppeln. Keine Tagträumer, sondern gute und verlässliche Männer. Die Abreise rückt immer näher, und ich gehe davon aus, dass damit einhergehend auch die Zahl der Attacken zunehmen wird. Darauf müssen wir vorbereitet sein! <<
          Tristan nahm Haltung an. >> Jawohl Herr Hauptmann! Ich werde das umgehend veranlassen! Können wir sonst noch etwas unternehmen? << , fragte er dann, noch immer stramm stehend.
          Taris legte den Kopf leicht schief und musterte den Leutnant von oben bis unten. >> Mir scheint, Ihr habt euch bereits Gedanken gemacht. Immer raus mit der Sprache, Leutnant! <<
          Und so eröffnete Tristan seinem Hauptmann jenen Plan, der erst vor kurzem in seinem Kopf Gestalt angenommen hatte.
     

Lauernder Skorpion
     
     
    Es kostete sie eine ungeheure Willensanstrengung, die instinktive Bewegung ihrer rechten Hand zu unterdrücken. Der kalte Stahl schien plötzlich ein Eigenleben entwickelt zu haben und wollte förmlich aus der Scheide springen. Langsam und unauffällig nahm sie ihre Hand herunter. Der Impuls war vorbei und die Beherrschung kam zurück. Vor ihr stand keiner der schwarzen Skorpione und auch nicht der Meister der Klingen. Ein Fremder starrte sie unverhohlen an, und als er ihren Blick bemerkte, fing er an zu grinsen. Ein riesiger Bursche, geradezu ein Hüne. Den Kopf kahl geschoren und das Gesicht mit Bartstoppeln übersät. Auf seinem Rücken hing ein großer Zweihänder und als Überwurf trug er ein schweres Kettenhemd. Nur der Kragen des Leinenhemdes schaute oben über die ersten Kettenglieder hinaus und kräuselte sich unterhalb des Kinns. Langsam trat er einen Schritt auf sie zu. Die Arme verschränkt und in der einen Hand einen großen Krug haltend. Shachin hatte keine Lust auf ein Gespräch. Schon gar nicht mit einem Burschen wie ihm. Wahrscheinlich ging es ihm ohnehin nur um das eine, und wenn er sie wirklich nur darauf reduzierte, sollte sie ihn vielleicht doch mit ihrem Dolch bekannt machen. Sie würde da sicher etwas arrangieren können.
          >> Nur nicht so schreckhaft meine Liebe << , säuselte der Riese und lächelte.
          Shachin konnte, sehr zu ihrem Missfallen, nicht einmal sagen, dass es sonderlich schmierig oder zweideutig war. Im Gegenteil, ein ehrliches und freundliches Lächeln flog ihr da entgegen. Für den Bruchteil einer Sekunde dachte sie ernsthaft darüber nach, ihm zu antworten, doch schon im nächsten Moment wirbelte sie herum und verschwand in der Menge. Sie hatte jetzt keinen Nerv dafür. Langsam aber sicher begann sie, überall den Meister zu sehen. Sie musste den Kopf frei bekommen und das konnte ihr hier nicht gelingen.
          Das Treiben auf dem Markt hatte trotz des Regens noch zugenommen und Shachin kam nur langsam voran. Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, schwamm sie in der Masse mit. Ihre Rechnung war nicht aufgegangen. Sie war weit davon entfernt, dass sich bei ihr ein Gefühl der Sicherheit einstellte. Das Bedürfnis, ständig jeden und alles im Blickfeld zu haben war zu stark und hier auf dem Markt ein hoffnungsloses Unterfangen. Sie verließ den Marktplatz und lief einige Zeit ziellos durch die Gassen der alten Herzogstadt. Irgendwann, ihr kam es wie eine Ewigkeit vor, stand sie vor einem großen Platz, der genau die richtige Bühne darstellte für das, was sich dahinter befand: der Dom der Herrin. Shachin war unbewusst ins Scherbenviertel gelangt und vor ihr erhob sich der prunkvollste und mächtigste Bau von ganz Leuenburg.

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