Tore nach Thulien 2 : Dämmerung (German Edition)
Für Liam war die Sache damit beendet, und sofort wanderten seine Gedanken wieder zurück zu den Wagen. Er hatte gesehen, wie schnell sich die Hellen bewegen konnten und mit welcher Zielstrebigkeit sie ein Ziel zu verfolgen schienen. Sich von den Wagen zu trennen, war richtig, doch, so fürchtete er, wohl nicht ausreichend. Liam senkte nachdenklich den Kopf und wandte sich an Wanhold. Er hatte eine Idee, und vielleicht würde der erste Krieger mitmachen.
Flammender Lorbeer
Wie lange er ohne Bewusstsein auf dem harten Boden der Gasse gelegen hatte, konnte Eirik nicht sagen. Das Erwachen jedoch geschah abrupt, und die Erinnerung an das eben Erlebte traf ihn mit der Wucht eines Vorschlaghammers. Hastig schlug er die Augen auf und versuchte, aufzustehen. Plötzlich tauchte über ihm ein dunkler Schatten auf, und instinktiv fing der Medikus an, wild um sich zu schlagen.
>> Immer langsam, mein Alter! Nur nicht hektisch werden << , erklang auf einmal eine Stimme und zwei starke Hände drückten Eiriks Arme mit sanfter Gewalt nach unten. >> Entweder hast du zu tief in die Flasche geschaut oder deine müden Knochen fangen an, dich im Stich zu lassen. Bist’ ja schon ein älteres Semester. << Diesmal folgte der Stimme ein tiefes, donnerndes Lachen.
Eirik hielt inne und versuchte nicht mehr, sich zu wehren. Das hier war keiner der Widergänger und momentan trachtete die Gestalt über ihm auch nicht nach seinem Leben. Langsam klärte sich der Blick des Medikus, und er war ungemein froh, in ein normales, lebendiges Gesicht zu blicken. Sein Verstand begann vorsichtig und tastend, Schritt für Schritt, wieder in gewohnten Bahnen zu arbeiten und Details und Fakten aufzusaugen. Der Mann sah äußerst robust und grobschlächtig aus, lächelte zu Eiriks Überraschung jedoch. Tiefe, wettergegerbte Furchen zogen sich über dunkle, fast schon braune Wangen und in ihren Niederungen hatte sich schwarzer Staub festgesetzt. Ein Landmann oder Handwerker, vielleicht sogar ein Schmied , sinnierte Eirik, als ihm der Mann ohne große Mühe auf die Beine half. Eigentlich war ihm egal, wer ihn rettete, hatte er sich doch nie zuvor in seinem Leben so sehr über den Anblick eines wildfremden Menschen gefreut. Er war nicht mehr allein, und seine Chancen zu überleben, hatten sich gerade vervielfacht.
>> Euch schickt die Herrin! <<, platzte es aus ihm heraus und erst einen Augenblick später bemerkte Eirik verwundert und überrascht, was er da gerade gesagt hatte. Niemals hätte er damit gerechnet, jemals wieder etwas Derartiges von sich zu geben, doch die Freude über die Rettung wog offenbar weit mehr als seine Meinung über die Kirche.
Der Fremde lachte laut auf. >> Mit der hab ich’s mir schon lange verscherzt. << Ein sattes Grinsen stahl sich auf sein Gesicht. >> Sie aber auch mit mir! << , schob er schnell hinterher, als ob ihm dieser Umstand dabei besonders wichtig war.
Eirik musste schmunzeln. Irgendwie kam ihm das bekannt vor. >> Ich danke Euch für die Hilfe. Wie ist Euer Name? <<
>> Asenfried, Schmied und Kesselflicker aus Sieben Schänken. Und du? <<
>> Ich bin Eirik, der Medikus von Leuenburg. <<
Wenn ihn die Identität Eiriks beeindruckte, zeigte es Asenfried nicht. Er nickte kurz grüßend. Plötzlich drang ein schabendes Geräusch aus dem Dunkel hinter ihnen und Eirik zuckte zusammen. Sofort ging sein Blick besorgt über die Schultern.
Auch Asenfried sah ins Dunkel der Gasse. >> Hast dir wohl Ärger eingebrockt, was? << , fragte er den Medikus, wobei der amüsierte Unterton diesmal fehlte.
>> Wir müssen hier sofort weg. Sie sind gleich hier! << , antwortete Eirik und machte Anstalten, sich an Asenfried vorbeizudrücken.
>> Ruhig, ganz ruhig. Wollen doch mal sehen, wer sich da an unserem alten Medikus vergreifen möchte. << Asenfried hielt den Medikus zurück, doch der ließ nicht locker, und es gelang ihm, sich hinter Asenfried zu schieben.
Gebannt fixierte Eirik das dunkle Ende der Gasse. >> Wir müssen wirklich gehen! << , flüsterte er, doch Asenfried hob nur gleichgültig die Schultern. Auch wenn die Geste ruhig und gelassen wirkte, entging Eirik nicht, dass seine rechte Hand kurz zuckte. Erst jetzt bemerkte er, dass Asenfried bewaffnet war. An seiner Seite hing in einer fein gearbeiteten Lederscheide ein breites Kurzschwert.
>> Ist eh schon zu spät. Dort! << Mit dem Kopf
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