Tore nach Thulien 2 : Dämmerung (German Edition)
Ausgeburten des Todes und der Anderswelt. Nein, die Wissenschaft hatte ihre Gelegenheit gehabt, nun war es an der Zeit, den Glauben sprechen zu lassen.
>> Wir wissen viel über Widergänger, Eirik, nur werdet Ihr darüber in Euren Büchern nichts finden. << Die Antwort klang vorwurfsvoll, aber Taris bereute seine Worte nicht.
Eirik verzog geringschätzig den Mund. >> Ich weiß genau, wovon ihr sprecht. In den Versen der Altvorderen, aus den Zeiten der Herrin, gibt es einige Textpassagen mit eher fragwürdigem Inhalt, in denen von Widergängern die Rede ist. << Er winkte mit einem Schnauben ab.
>> Das sind alte Geschichten und Legenden. Ammenmärchen, nichts weiter! Bücher, von Priestern geschrieben, die wiederum aus anderen Büchern abgeschrieben haben. Sie entbehren jeder Grundlage! <<
Taris fuhr sichtlich zusammen und beugte sich einen Moment später etwas zu Eirik hinunter. >> Habt Ihr Euch wirklich soweit vom Glauben entfernt und vergessen, wofür das steht? << Er deutete mit einer Hand auf ein Emblem, das auf seine Uniform direkt über der Brust aufgestickt war. Es zeigte einen in Flammen stehenden Lorbeerkranz, der die goldene Ziffer Eins umschloss. >> Das ist das Emblem der Herrin und erinnert mich jeden Tag aufs Neue daran, dass mein weltlicher Schwur dem Herzog gegenüber auf dem Glauben und der Liebe an die Herrin fußt. Sagt mir, was ich von Euren Worten halten soll? << Zornig und traurig zugleich fixierte Taris den Medikus.
>> Mein Glaube ist meine Sache, Taris! Und was den Rest angeht: Ich habe nichts vergessen und kenne Eure Aufgaben gut genug, um zu wissen, dass Ihr nicht Teil der Inquisition seid. << Eirik war nun ebenfalls wütend, und wäre er nicht so müde und abgekämpft gewesen, hätte er seine Haltung vermutlich körperlich unterstrichen. So aber blieb es nur bei dem Funkeln in seinen Augen.
Taris blickte dem Medikus noch einen Moment in die Augen, nickte dann aber sachte. Genau genommen hatte Eirik ja Recht, zumindest was die Inquisition betraf. Ginge es jedoch nach der Kirche, dann war der Glaube nicht allein Sache der Gläubigen. Sie achtete sehr auf ihre Schäfchen und wachte eifersüchtig über deren Seelenheil. Taris hoffte, dass dem Medikus daraus nicht einst noch große Probleme erwachsen würden. Von ihm hatte er freilich nichts zu befürchten, doch gab es andere im Reich, und auch hier in Leuenburg, die nur auf ein derartiges Verhalten warteten. Vor allem auch im Dunstkreis der hohen Amt- und Würdenträger. Taris seufzte und richtete sich wieder auf. Er hatte keine Lust auf einen Streit mit dem Medikus. Der Tag war lang gewesen und die Gemüter beiderseits erhitzt, und außerdem war ihm klar, dass sie in dieser Sache nicht gegeneinander arbeiten durften.
>> Verzeiht mir bitte meine respektlosen Worte von eben, Taris. << , fuhr Eirik plötzlich und für Taris unerwartet in versöhnlicherem Tonfall fort. >> Ich wollte weder Euch, noch den Glauben an die Herrin beleidigen. Ihr kennt meine Liebe zum Sachverstand und den Naturwissenschaften, und manchmal verliere ich darüber hinaus das Wesentliche aus den Augen. Wichtig ist doch jetzt, dass wir noch enger zusammenarbeiten, und vielleicht finden wir ja sogar einen Weg, dass sich Glaube und Wissenschaft sinnvoll ergänzen. << Langsam und von einem tiefen Stöhnen begleitet, erhob sich der Medikus von seinem Stuhl. Der Hauptmann sprang ihm ungefragt zur Seite und half ihm auf.
>> Es gibt nichts zu verzeihen, Eirik. Ihr wisst, dass ich im Glauben gemäßigt bin und nicht die harte Linie anderer vertrete. Eure Worte von eben waren weise und bestärken mich in der Bitte an Euch, die Untersuchungen von nun an eng zu begleiten. Ich werde noch heute Nacht dem Herzog und dem Erlöser von Leuenburg von den Vorkommnissen berichten. Außerdem werde ich eine Rotte der Stadtwache zum Hospital beordern. Sie sollen die Leiche, von der Ihr erzählt habt, sicherstellen und das Hospital abriegeln. Euch möchte ich bitten, heute Nacht hier in der Garnison zu bleiben. Mein Bursche wird Euch ein Zimmer herrichten und morgen früh beginnen wir dann mit den Ermittlungen. <<
Eirik wollte zunächst widersprechen, nickte dann jedoch dankbar.
>> Ich bin müde, auch wenn mein Verstand etwas anderes sagt. Die Nacht war aufregend genug, und der morgige Tag wird sicherlich nicht besser. Danke, Hauptmann Taris. <<
Taris öffnete die Tür und rief nach seinem
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