Tore nach Thulien 3 : Ferner Donner (German Edition)
über die wilden Wiesen des Leuenburger Beckens galoppierte, griff sich Ellart in die kleine Innentasche des Mantels. Mit seinen Fingerspitzen ertastete er das kühle Edelmetall des Rings und sofort fühlte er sich besser. Das Schmuckstück erinnerte ihn an seine Aufgabe und auch an das Vertrauen, das Londrek in ihn setzte. Bewahre ihn gut , hatte er gesagt, und trotz seiner anschließenden harschen Worte wusste Ellart, dass es der Ritter gut mit ihm meinte. In dem Moment war es ihm das erste Mal seit der Ankunft auf Burg Schwarzenfels gelungen, seinem Herrn mit festem Blick in die Augen zu sehen, und wider Erwarten hatte es sich gut angefühlt.
Den Ring verlieren? Nein, niemals! Er würde nicht zulassen, dass es jemals soweit käme. Er wollte ihn von nun an hüten wie seinen Augapfel, und selbst im Tode nicht mehr preisgeben. Mut und grimmige Entschlossenheit machte sich plötzlich in Ellart breit. Auf einmal fühlte er sich groß und wichtig, und zum allerersten Mal in seinem Leben auch wirklich zugehörig. Natürlich war er noch der Knappe Ritter Londreks, doch jäh und unerwartet auch der wichtigste Mann der ganzen Zollfeste. Als dieser wusste er, was sein Herr von ihm erwartete, und er hatte nicht vor, ihn zu enttäuschen.
Nebukath wurde langsamer und Ellart richtete sich im Sattel auf. Sie waren nun schon gute zwei Stunden unterwegs und hatten einiges an Abstand zwischen sich und den Feind gebracht. Eine ruhigere Gangart konnte nicht schaden. Außerdem hatte er Angst davor, dem Hengst seinen Willen aufzuzwingen. Zumal er davon überzeugt war, dass das Tier instinktiv immer das Richtige tun würde. Ellart kannte sich in diesem Teil des Reiches, wie im Übrigen auch in jedem anderen Teil, nicht aus, und so hatte er keine Ahnung, wo er war. Die Richtung stimmte nach wie vor, doch welche Ortschaften sie auf ihrem Weg noch passieren sollten, konnte er nicht sagen. Bisher waren sie jedenfalls allein in dieser menschenleeren Wildnis. Jetzt ärgerte er sich, auf dem Hinweg nicht besser aufgepasst zu haben. Immerhin hatte Londrek lange und ausgiebig darüber gesprochen.
Nebukath wurde noch langsamer und ging vom leichten Galopp in den Trab über. Ellart sah nach vorne und erst jetzt bemerkte er, dass sie sich langsam aber sicher der Leue näherten. Irgendwann musste der Hengst die alte Reichsstraße verlassen und Richtung Südosten abgebogen sein. Ellart zuckte nur mit den Schultern und beließ es dabei. Er war froh, aus dem auch für ihn kräftezehrenden Galopp raus zu sein. Jetzt, da er sich wieder ohne große Anstrengung im Sattel halten konnte, nutzte er die Gelegenheit und betrachtete ein wenig die Landschaft. Sie folgten einem Trampelpfad, der links von mannshohem Sträucherwuchs flankiert wurde und auf der anderen Seite bereits in der flachen Ausprägung einer Uferböschung auslief. Sie waren der Leue tatsächlich schon sehr nahe. Der Fluss war nicht mehr nur ein glitzerndes Band am Horizont, sondern ein breites Becken mit Unmengen an schnellfließendem Wasser. Ellart konnte bereits hören, wie die an den Felsen gebrochenen Wellen tosend flussabwärts rauschten. Wieder sah er nach vorne, und als er sich dann doch noch fragte, warum ihn Nebukath soweit abseits des Weges geführt hatte, zeichnete sich die Antwort auch schon hinter der nächsten Flussbiegung ab. Kleine, heruntergekommene Hütten reihten sich entlang des Ufers auf. Einige von ihnen schienen beschädigt zu sein. Plötzlich, und für Ellart vollkommen unerwartet, verlagerte Nebukath sein Gewicht und stemmte die Hinterläufe in den Boden. Rutschend kam das Pferd zum Stehen und er hatte Mühe, nicht aus dem Sattel zu fallen. Mit einem unterdrückten Fluchen rang er um sein Gleichgewicht. Nebukath schien sich nicht daran zu stören. Er wurde unruhig und tänzelte auf der Stelle. In wilder Folge schlug er die Hufe in den weichen, vom Fluss teilweise sandigen Boden. Ellart riss an den Zügeln. Was hatte das Tier nur? Mit zitternder Hand strich er ihm über den Hals.
>> Ruhig Nebukath. Dort hinten sind ein paar alte Fischerhütten. Wir müssen die Leute warnen. << Seine Worte zeigten, wenn überhaupt, nur eine geringe Wirkung. Der Hengst warf den Kopf immer wieder nach hinten und wieherte trotzig. Auf Ellarts leichten Schenkeldruck hin setzte er sich zwar langsam wieder in Bewegung, doch beugte er sich damit lediglich dem Willen seines Reiters.
Noch einmal streichelte Ellart ihm übers Fell und sah dann nach
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