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Tore nach Thulien 3 : Ferner Donner (German Edition)

Tore nach Thulien 3 : Ferner Donner (German Edition)

Titel: Tore nach Thulien 3 : Ferner Donner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kohlmeyer
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sie gebückt ein paar Schritte weiter. Sie stand jetzt genau über einem Ende des Gewölbes und kam den Skorpionen damit gefährlich nahe. Ihre Anspannung wuchs. Jeder normale Mensch würde spätestens jetzt kehrtmachen, oder wäre gar nicht erst soweit gegangen, nicht aber Shachin. Sie war eine Schattenkriegerin und hatte gelernt, die innere Anspannung und auch die Angst zu ihrem Vorteil zu nutzen. Ihr Geist war darauf trainiert, die Nerven im Zaum zu halten und die meist abrupte Grenze zwischen Mut und plötzlichem Überlebenswillen verschwimmen zu lassen. Er kanalisierte die unglaubliche Energie, die einen Menschen im Angesicht des drohenden Todes beflügelte und ihn zu schier übernatürlichen Kräften verhalf. Solange sie nicht die Kontrolle verlor, war alles in Ordnung.
          Abermals sah sie sich um, und endlich fand sie, wonach sie die ganze Zeit Ausschau gehalten hatte. Das Gatter lag direkt unter ihr, am Rand des Gewölbes. Vorsichtig lugte sie über den Rest der verfallenen Mauer nach unten. Auf der einen Seite saßen eine kleine Gruppe Männer und Frauen. Sie schwiegen und jeder für sich blickte apathisch in die Dunkelheit. Das mussten die Mitgefangenen sein, von denen Riana erzählt hatte. Irritiert warf sie die Stirn in Falten. Das Mädchen hatte von insgesamt fünf gesprochen, sie selbst zählte aber nur vier. Im anderen Eck lag ein Mann, die Füße eng an den Bauch gezogen und die Hände unter den Kopf geschoben. Shachin war davon überzeugt, Rianas Vater dort unten zu sehen. Er schien zu schlafen und war, soweit sie das von ihrem Sims aus erkennen konnte, unverletzt. Nun konnte sie dem Mädchen berichten, dass ihr Vater noch lebte. Zudem war sich Shachin sicher, dass das auch so bleiben würde. Wenn die Skorpione ihn bis jetzt am Leben gelassen hatten, gab es für sie keinen Grund, dass in naher Zukunft zu ändern. Gleiches galt auch für die anderen Gefangenen. Irgendjemand musste ein Interesse daran haben, diese Menschen lebend zu bekommen, und nachdem Schattenkrieger immer nach einem erfolgreichen Abschluss ihres Auftrages strebten, würden auch die Skorpione dafür sorgen, dass es genau so geschah. Shachin konnte sich darauf freilich keinen Reim machen, nahm es jedoch zur Kenntnis. Ihr selbst auferlegtes Ziel hatte sie erreicht. Nun war es an der Zeit, Holmanns Hall zu verlassen und endgültig einen Haken an die Sache mit den Skorpionen zu machen. Das Schicksal der Gefangenen war bedauerlich, das Risiko, ihnen unter diesen Umständen zu helfen, aber zu groß. Spätestens an der Zollfeste würden die Beamten des Herzogs von dem Fall erfahren und sich seiner annehmen. Shachins Vertrauen in deren Fähigkeiten war zwar beschränkt, ihre Zahl würde aber vermutlich ausreichen und die Skorpione aus ihrem Nest vertreiben. Sie wandte sich um und begann auf dem dünnen Steg zurück zu laufen.
          Weit kam sie nicht. Etwas hatte sich ganz plötzlich verändert. Sie konnte es spüren. Unwillkürlich fuhr ihr ein kalter Schauer über den Rücken. Irritiert blieb sie stehen und ging in die Hocke. Eisige Stille legte sich wie ein trüber Nebelschleier jäh über die Ruine. Das Lachen verstummte und die Skorpione schwiegen. Etwas rührte sich drüben am Kellerabgang und Shachin beugte sich weit nach vorne, um besser sehen zu können. Drei Gestalten betraten das Gemäuer und zwei davon sahen überhaupt nicht aus wie Schattenkrieger. Ihre Haut war unnatürlich hell und bis auf eine dunkle Hose trugen sie nichts am Leib. Lange, schwarze Haare fielen ihnen über die Schultern und auf dem Rücken trugen sie zwei gekreuzte Schwerter. Im flackernden Licht des Feuers und der Fackeln schimmerten ihre Körper abwechselnd silbern und grau. Sie sahen aus wie Menschen und bewegten sich auch wie Menschen, und doch wirkten sie auf Shachin vor allem eines: Unnatürlich und fremd. Sie konnte nicht sagen, was es war, stufte diese beiden Kerle aber sofort als potentiell gefährlich ein. Ihr Kriegerinstinkt warnte sie, veranlasste sie andererseits aber auch, zu bleiben. Sie wollte wissen … sie musste wissen, was hier gleich passierte.
          Die Skorpione jedenfalls hatten Angst, oder zumindest gehörigen Respekt. Sie standen auf und machten Platz. Der Begleiter der Fremden wechselte kurz ein paar Worte mit seinen Gefährten und deutete dann in Shachins Richtung. Offensichtlich wollten sie zum Pferch. Waren das etwa die Auftraggeber? Shachin runzelte die Stirn und wartete ab. Gleich würde sie es wissen. Der

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