Tore nach Thulien 4 : Grüfte und Katakomben (German Edition)
schwarzen Linien auf der Haut doch schon lange zu seinem Erscheinungsbild. Rasch war die Arbeit erledigt und die Fuhre für die nächsten Tage fertig. Schwungvoll warf er sich den jetzt äußerst schweren Sack auf den Rücken und wollte sich gerade daran machen, die alten, abgelaufenen Steinstufen wieder nach oben zu steigen, als er plötzlich inne hielt. Ihm war, als hätte er etwas gehört.
Vollkommen ruhig stand er da und lauschte mit angehaltenem Atem. Da war es wieder! Es kam von hinten, von den alten Holzregalen, wo die unbeschlagenen Rohlinge lagen. Vorsichtig nahm Asenfried den Sack wieder vom Rücken, legte ihn jedoch nicht auf den Boden. Instinktiv überprüfte er, ob er im Notfall auch als Waffe taugen würde. Langsam setzte er einen Fuß vor den anderen und näherte sich der vermeintlichen Geräuschquelle. Jetzt wurden die Laute deutlicher und Asenfried glaubte, sogar Stimmen zu hören. Sofort war er alarmiert und fragte sich, wer sich außer ihm noch hier unten herumtreiben konnte. Immerhin war der Raum nicht größer als vielleicht zwanzig auf zwanzig Schritte und hatte nur einen Ausgang. Im ersten Moment kam ihm Helling in den Sinn, doch was sollte der Junge hier unten wollen? Nein, Helling war das nicht, sondern vielmehr irgendwelche Landstreicher oder Strauchdiebe, die es wie auch immer geschafft hatten, über die Lichtschächte nach unten zu gelangen. Für einen kurzen Moment dachte Asenfried darüber nach, hoch in die Werkstatt zu gehen und seinen großen Schmiedehammer zu holen, verwarf den Gedanken dann aber wieder. Er wollte diesen verfluchten Bettlern nicht die Möglichkeit geben, sich klammheimlich wieder aus dem Staub zu machen. Der Sack würde ausreichen müssen.
Angespannt und hoch konzentriert näherte er sich weiter den Regalen. Die Lichtverhältnisse wurden immer schlechter und obwohl sich seine Augen schon an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte er kaum etwas erkennen. Jetzt war er am Regal vorbei und sah um die Ecke. Dahinter war nichts. Am Ende der Holzkonstruktion verlief genau dieselbe dreckige und schimmlige Wand, wie auch im Rest des Kellerraumes. Genervt schüttelte Asenfried den Kopf und ließ den Sack wieder sinken. Viandra hatte ihn mit ihrer ewigen Sorge wohl derart zur Weißglut getrieben, dass er jetzt auch schon anfing, Stimmen zu hören.
Mit einem Seufzen drehte er sich um und … blieb wie angewurzelt stehen! Auf der gegenüberliegenden Seite direkt hinter ihm, dort wo eigentlich die Wand auf die Mauerecke treffen sollte, war ein Loch! Die Steine lagen zwischen allerlei Schutt und Mauerresten herausgebrochen auf dem Boden. Asenfrieds Herz schlug schneller. Also hatte er sich die Stimmen doch nicht eingebildet! Von dort mussten sie gekommen sein, auch wenn sie jetzt verstummt waren. Mit zusammengekniffenen Augen versuchte er vergebens zu erkennen, was sich hinter dem schwarzen Loch verbarg. Es musste ein Gang oder ein weiterer Kellerraum sein, in jedem Fall aber ein alter Trakt, der bei der Schließung des Refraktoriums damals abgemauert worden und über die Jahre hinweg, genau wie alles andere hier unten, in Vergessenheit geraten war. Asenfried machte einen Schritt nach vorne, und im nächsten Moment krachte es dumpf hinter ihm, gefolgt von einem lauten Bersten. Blitzschnell schoss Asenfried herum. Den schweren Kohlesack schwang er dabei wie einen Dreschflegel. Der Schlag war blind und auf gut Glück geführt, und er spürte sofort, dass er ins Leere ging. Rasch zog er den Arm zurück, nur um augenblicklich den anderen schützend vor die Augen zu halten. Etwas blendete ihn ungemein und stach schmerzhaft in seinen Augen. Asenfried schrie auf.
>> Verdammt! Wer oder was… << , rief plötzlich eine rauchige, alte Stimme. Asenfried, noch immer geblendet, nahm den Arm erleichtert wieder herunter. Er musste stark blinzeln, wusste jedoch sofort, wer vor ihm stand. Er hatte die Gestalt an der Stimme erkannt.
>> Ihr? << , ertönte wieder die Stimme, diesmal jedoch sichtlich überrascht und verwirrt. Asenfried erging es ähnlich, doch war er deutlich schneller wieder gefasst als sein Gegenüber.
>> Was macht der Medikus von Leuenburg in meinem Keller? Hier gibt es keine Kranken. << , gab Asenfried zum Besten, hustete kurz und rang sich dann ein Lächeln ab.
>> Euer Keller? << Eirik schüttelte schmunzelnd den Kopf. >> Die Gemäuer gehören zum Refraktorium und damit dem Herzog! << , ergänzte er
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