Tori und die verschwundene Stute
doch längst zurückâ, unterbrach Sina sie. âReg dich nicht auf.â
Hand in Hand marschierte sie mit Viktor zur Sattelkammer, ohne sich noch einmal nach Tori umzudrehen. Kurz darauf galoppierten sie auf Janko und Maxim vom Hof.
Tori blickte auf ihre Uhr. Bis zum Kinderreiten am Nachmittag, bei dem man für zwei Euro ein paar Runden im Roundpen drehen konnte, war es tatsächlich noch eine Weile hin.
âHat irgendjemand von euch Lust auf einen Ausritt?â, erkundigte sie sich beiläufig bei den anderen.
Aber Ayla musste noch Ilka füttern, Juliana wollte nach den Hängebauchschweinen sehen, Hannah hatte die Hühner noch nicht versorgt und Myriam musste nach Hause.
âZum Kinderreiten bin ich wieder da. Aber wenn ich am Wochenende nicht pünktlich zum Mittagessen erscheine, rastet mein Vater aus.â
Tori seufzte. Alleine ausreiten machte keinen SpaÃ. Also beschloss sie, die Zeit zum Reittraining zu nutzen. Vor zwei Wochen hatte Sue ihr von einem Reining-Turnier erzählt, das kurz vor Pfingsten in Düsseldorf stattfinden würde. Wenn sie fleiÃig trainierte, schaffte sie es ja vielleicht, sich dafür zu qualifizieren. In letzter Zeit hatte sie sich wirklich verbessert. Sina dagegen hatte bestimmt keine Chance. Sie verbrachte die ganze Zeit im Gelände mit Viktor und trainierte so gut wie gar nicht mehr.
Tori übte eine Dreiviertelstunde lang Galoppwechsel, Rückwärtsrichten und Spinning. Normalerweise liebte Tibor das Training. Besonders den Spin, bei dem er sich mehrmals auf der Hinterhand drehen musste, beherrschte er im Schlaf. Aber heute verweigerte er die Ãbung. Erst beim dritten Anlauf drehte er sich einmal im Kreis und trabte dann weiter. Toris Unlust hatte sich auf ihn übertragen.
Entnervt gab Tori auf. Es hatte keinen Sinn, sie konnte das Training genauso gut abbrechen.
Als sie Tibor in den Stall führte, stand der schwarze Mercedes mit den getönten Scheiben wieder auf dem Hof. Derselbe Wagen, den sie schon vor zwei Tagen auf der Ranch gesehen hatte. Aber wo war der Typ im Anzug, der vorgestern mit Sue gesprochen hatte? Und vor allem: Warum war er schon wieder hier? Beim letzten Mal hatte er nicht bekommen, was er wollte, hatte Sue gesagt. Doch was hatte er gewollt?
Tibor schnaubte ungeduldig und zog am Halfter. Er wollte zu den anderen Pferden auf die Weide. Aber Tori zögerte. Sie reckte den Hals. Nicht nur von dem Anzugmann fehlte jede Spur, auch die anderen Mädchen waren nirgendwo zu sehen. Hatte denn keine bemerkt, dass ein Besucher auf die Ranch gekommen war?
Jetzt trottete Washington um die Hausecke. Als er Tori und Tibor sah, kam er schwanzwedelnd auf sie zugetrabt. Den fremden Wagen beachtete er gar nicht.
âDu bist vielleicht ein toller Wachhundâ, murmelte Tori.
Washington wedelte noch begeisterter.
Sie spähte am Stallgebäude vorbei. Ob der Mann zur Pferdeweide gegangen war?
âHalloâ, sagte jemand direkt hinter ihr.
Mit einem kleinen Aufschrei fuhr sie herum. Sogar Washington schreckte zusammen und bellte.
Der Typ im Anzug stand einen Meter von ihr entfernt. Begütigend hob er beide Hände.
âEntschuldige. Ich dachte, du hättest mich gehört. Ich wollte dich nicht erschrecken. Ist schon gut.â
Die letzten Worte waren an Washington gerichtet, der sofort wieder zu wedeln begann. Jetzt lieà er sich von dem Typ sogar zwischen den Ohren kraulen. Obwohl er ihn doch gar nicht kannte. Dummer Hund.
âWas wollen Sie?â, fragte Tori feindselig.
âIch suche Frau Mirador.â
âDie ist nicht da.â
âUnd wann kommt sie wieder?â Der Mann räusperte sich. âEs ist wichtig.â
âSie ist im Urlaub.â
âOh. Das ist schade. Wie lange ist Frau Mirador denn verreist?â
âKeine Ahnungâ, entgegnete Tori brüsk. Das geht Sie ja wohl gar nichts an, hätte sie fast hinzugefügt. Aber das war dann doch zu unfreundlich, also schluckte sie die Bemerkung hinunter.
Der Mann zögerte.
Vielleicht sagte er ja die Wahrheit und es war wirklich wichtig.
âZwei Wochen oder soâ, schob Tori widerwillig nach.
Tibor scharrte ungeduldig mit den Vorderhufen.
âIch muss das Pferd trocken reiben, sonst erkältet es sichâ, sagte Tori. Dabei war Tibor bei ihrem laschen Training kein bisschen ins Schwitzen geraten.
âDanke für die Auskunftâ, sagte der Mann.
Sie nickte, dann ging sie gruÃlos
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