Tori und die verschwundene Stute
Jonas. âWenn ich der Hund wäre, würde ich abhauen.â
Aber der Hund haute nicht ab. Er rannte aufgeregt auf der anderen Seite des Zauns auf und ab und hechelte und japste, als hielte Tori keinen Ball in den Händen, sondern ein blutiges Steak. Ganz offensichtlich teilte er Washingtons Begeisterung für Ballspiele.
âKomm, mein SüÃer. Komm rüber zu mir.â Tori warf den roten Ball hoch in die Luft und fing ihn wieder auf. âWas ist, traust du dich nicht?â
Der Hund trat unglücklich von einer Vorderpfote auf die andere. Dann fing er wieder an zu bellen.
Er durfte das Grundstück nicht ohne seinen Herrn verlassen, das wusste er.
Aber im Garten war es entsetzlich langweilig, und dort drauÃen, wo das fremde Mädchen stand, da war der rote Ball. Da war das schöne, bunte, aufregende, spannende, wunderbare Leben.
Und alles, was ihn davon trennte, war ein beherzter Sprung. Ein Satz über den Zaun.
âKomm!â Das Mädchen warf den Ball wieder in die Luft. âDu bist doch so ein groÃer Hund. Trau dich.â
Sie klopfte wieder auf ihre Oberschenkel.
Er durfte nicht. Aber er wollte so gerne. Der Hund setzte sich hin und jaulte herzzerreiÃend.
âMistâ, sagte Jonas. âWenn er weiter so jammert, werden die Nachbarn noch auf uns aufmerksam.â
Tori steckte den Ball zurück in die Tasche. âEr kommt nichtâ, sagte sie unglücklich. âEr traut sich einfach nicht.â
âVielleicht ist es besser soâ, meinte Jonas. âVielleicht sollten wir aufgeben. Ist ja auch gar nicht gesagt, dass Becky wirklich in diesem Labor ist. Ich ruf Hannes noch mal an und frag ihn, was er vorhin von dir wollte.â
âNoch ein letzter Versuch.â
Als Tori den Ball wieder herauszog, stand der Hund sofort auf. Sie warf den Ball hoch, er wich ein paar Schritte zurück. Aber nur, um Anlauf zu holen. Mit einem kraftvollen Sprung setzte er über den Gartenzaun. Allerdings überschätzte er die Entfernung, sodass er gegen Jonas prallte und ihn fast umriss.
Der Hund lag auf Jonas, Tori warf sich auf den Hund. Sie tastete den zotteligen Hundehals ab, während sie gleichzeitig die Leine aus der Tasche riss, die sie vorhin ebenfalls besorgt hatten. Da! Ihre Finger fanden das Halsband und den Ring, in dem man die Leine einhaken konnte.
Klick.
Der Hund war angebunden. Aber er merkte es gar nicht, aufgeregt hechelnd blickte er auf den Ball in Toris Händen. Ging es jetzt los? Ging es jetzt endlich los?
âNee, tut mir leidâ, flüsterte sie, während sie den Ball wieder in ihrer Tasche verschwinden lieÃ. âSpäter vielleicht. Aber jetzt müssen wir erst mal hier weg, bevor dein Herrchen zurückkommt und uns hier erwischt.â
Sie brachten ihn in den kleinen Schuppen auf dem Bolzplatz.
âUnd du bist dir sicher, dass ihn hier keiner findet?â, fragte Tori.
âBestimmt nichtâ, beruhigte sie Jonas. âWir treffen uns erst am Dienstag wieder zum Training.â
âGut. Je weniger von der Sache wissen, desto besser.â
âAber wir können ihn trotzdem nicht allein lassen. Wenn der anfängt zu bellen und die Fischers merken das â¦â
âNee, das geht wirklich nicht.â
Jonas sah sich etwas zweifelnd um. âVielleicht kann ich ja heute Nacht hier pennen. Ich könnte meinen Eltern erzählen, dass ich bei einem Freund schlafe.â
âDas würdest du tun? Das wär ganz super!â
Jonas nickte, aber er wirkte nicht sehr begeistert.
âWas ist?â, fragte Tori.
Er räusperte sich. âAlso, ich habâs nicht so mit Hunden. Und ich kenn den doch überhaupt nicht. Ich ⦠äh â¦â
âHast du etwa Angst?â Tori musste lachen, weil ihr der Gedanke so absurd erschien. Aber als sie Jonasâ Gesicht sah, verstummte sie wieder. Er wirkte sehr gekränkt.
ââtschuldigung. Habâs nicht so gemeint. Wenn du willst, kann ich auch da bleiben.â
âWas? Wirklich?â Jetzt leuchteten seine Augen auf.
Halt, Moment mal, was erzählte sie da eigentlich? Sie konnte nicht im Schuppen übernachten . Sie hatte Hausarrest, jedenfalls nachts. Seit sie in Begleitung der Polizei zu Hause erschienen war, musste sie um acht daheim sein. Und daheim bleiben.
âDas wär total superâ, sagte Jonas. âAlso, ich hab natürlich keine Angst vor dem Hund. Wär ja auch
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