Torschlussmami: Eine Frau auf der Suche nach dem großen Babyglück (German Edition)
beste ausgesucht, aber sie zähle auf die Stärke ihrer eigenen Gene, was das Aussehen und die Intelligenz des Kindes betreffe. Kerry und Linda bekennen, dass sie für ihr Sperma weiter gehen mussten und es aus Amerika beziehungsweise Kanada importieren ließen.
Von da an wird der Abend noch seltsamer. Ich erfahre, dass man Sperma im Internet bestellen kann. Ja, Sie haben richtig gelesen – im Internet! Ich will meinen Ohren nicht trauen. Wer hätte gedacht, dass man Sperma online kaufen kann? Das verleiht dem Begriff ›Sexhomepage‹ eine völlig neue Bedeutung! Warum wusste ich nichts davon? Gibt es eine Abteilung bei Amazon oder eine Kategorie bei eBay, von der ich nichts weiß? Geben die zwielichtigen Anbieter von Viagra und Penispumpen jeder Bestellung statt des standardmäßigen Messersets eine Gratisprobe Sperma bei? Vielleicht stimmt es, dass man heutzutage wirklich alles im Internet kaufen kann.
»Und wie funktioniert das?«, frage ich naiv. »Kann man das bei eBay ersteigern?«
Es stellt sich heraus, dass es ein bisschen komplizierter ist, aber genauso benutzerfreundlich. Es handelt sich nicht um Auktionen, aber einige Sperma-Webseiten sind offene Märkte, wo die Nachfrage den Preis bestimmt. So kostet zum Beispiel das Sperma eines großen, weißen, gebildeten, ein Musikinstrument spielenden Feuerwehrmanns mehr als das eines kleinen, glatzköpfigen, unmusikalischen Gebrauchtwagenhändlers. Linda hatte die Möglichkeit, ein Foto von ihrem Spender zu sehen, aber in vielen Fällen ist kein Bild verfügbar, sodass man unmöglich wissen kann, ob der große, weiße, gebildete, musikalische Feuerwehrmann ein Gesicht hat, als wäre er vor seinen Feuerwehrwagen gelaufen. Kerrys Spender verzichtete auf ein Foto, gab aber an, dass er vom Typ her Christian Slater ähnele.
Es hat etwas Abstoßendes, menschliche Eigenschaften mit einem Preisschild zu versehen, finde ich. Kapitalismus ist tatsächlich die Profanierung alles Heiligen, wie Karl Marx einmal feststellte. Allerdings hatte Marx acht Kinder – darunter eins mit seiner Haushälterin –, weshalb er wohl kaum mit denselben Problemen wie eine Gruppe von Singlefrauen mit einer Vorliebe für Meditation zu kämpfen hatte.
Die Maßeinheit, in der Sperma verkauft wird, ist ›straw‹, ein zwölf Zentimeter langer dünner Plastikhalm, dessen Enden nach dem Befüllen verschweißt werden, mit etwa fünf bis zehn Millionen Spermien darin. Die Lieferbedingungen sind unterschiedlich, je nach Wohnsitz, aber im Allgemeinen kann man sich das Sperma direkt nach Hause, zur Arztpraxis (Bratenspritze nicht inbegriffen) oder zur Kinderwunschklinik schicken lassen.
Mein Blick schweift mit leichter Verwunderung über die Runde. Ich kann nicht verstehen, warum diese Frauen Spendersamen kaufen. Sie sind alle attraktiv, lebhaft und intelligent. Bestimmt stehen die Männer Schlange, um bei ihnen zu landen. Ich ziehe daraus den voreiligen Schluss, dass Linda eine ehrgeizige Karrierefrau ist, die ihren beruflichen Status über ihr privates Glück stellt, während Kerry und Mary einfach Männer hassen. Doch im weiteren Verlauf der Unterhaltung schäme ich mich für meine Voreingenommenheit. Ich bezeichne mich gerne als aufgeschlossenen Menschen, aber wieder einmal habe ich das Gegenteil bewiesen.
Linda sagt, dass sie liebend gerne eine Beziehung hätte. »Ich bin ein richtiges Klischee«, erklärt sie. »Die erfolgreiche Karrierefrau, die mit dem Kinderkriegen zu lange gewartet hat. Aber die Leute verwechseln Ursache und Wirkung. Ich war beruflich erfolgreich, gerade weil meine Beziehung scheiterte und ich keine Kinder habe. So konnte ich meine ganze Energie auf meinen Job konzentrieren.«
Lindas Beziehung hielt dreizehn Jahre und ging zu der Zeit in die Brüche, als sie mit der Familiengründung anfangen wollten. »Mein Freund hat mich verlassen, als ich dreißig war«, erzählt sie. »Ich habe fünf Jahre gebraucht, um die Trennung zu verarbeiten. Dann habe ich die nächsten vier Jahre damit verbracht, einen neuen Partner zu finden. Eine Weile lang dachte ich auch an Kinder, aber für mich kam immer der Mann an erster Stelle, mein Kinderwunsch an zweiter. Dann stieß ich auf Vipassana und erkannte, dass es eigentlich genau andersrum ist: Mein Wunsch, ein eigenes Kind zu haben, ist größer als der, einen Mann zu finden. Also beschloss ich, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Das alles verdanke ich Vipassana. Es hat meinen Geist beruhigt und mir ermöglicht, auf mein Herz zu
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