Torschlussmami: Eine Frau auf der Suche nach dem großen Babyglück (German Edition)
was sie von der Entscheidung ihrer Mütter hielten. Ich staunte, wie viele der befragten Kinder wütend waren, weil sie zu ihrem Vater keinen Bezug hatten. Statt sich auf die Tatsache zu konzentrieren, dass ihre Mutter sie so sehr gewollt hatte, dass sie dafür außerordentlich viel auf sich nahm, konzentrierten sie sich auf den Vater, den sie nie haben würden.
Ich erinnere mich, dass eines der Mädchen, dessen Mutter sich Sperma aus der Samenbank besorgt hatte, sagte: »Ich werde meinen Vater wahrscheinlich nie kennenlernen, aber ich hoffe, er denkt an mich.« Es war herzzerreißend, wie vergeblich ihre Hoffnung war. Als würde ihr biologischer Vater auch nur einen Gedanken an sie verschwenden! Wahrscheinlich wusste er nicht einmal von ihrer Existenz. Der Gegensatz in der Wahrnehmung von Tochter und Spender war tragisch – für das Mädchen war der Spender der Vater, aber für den Spender war sie höchstwahrscheinlich nur ein Samenerguss, von dem er sich eine Kiste Bier leisten und ein paar offene Rechnungen bezahlen konnte. Ein paar meiner Freunde an der Universität spendeten damals regelmäßig Sperma, und ich bin mir ziemlich sicher, dass sie sich dabei nicht als potenzielle Erzeuger von Kindern betrachteten. Es ging ihnen nur um das schnell verdiente Geld, und wahrscheinlich hatten sie die Sache bereits vergessen, als sie sich die Hose hochzogen und die Hände wuschen.
Trotz der möglichen Probleme in Zusammenhang mit einer Samenspende kann ich die Frauen aber nicht verurteilen. Wie sollte ich? Schließlich habe ich das Glück, dass meine eigene private Samenbank zu Hause auf mich wartet. Und ich glaube wirklich, dass diese Tatsache viel mit Glück zu tun hat. Frauen stehen unter so großem gesellschaftlichem und wirtschaftlichem Druck, nicht zu früh Kinder zu bekommen, dass vielen nur ein Zeitfenster von wenigen Jahren bleibt, um schwanger zu werden. Wenn wir ausgerechnet in dieser Zeit keinen Mann finden, sind wir gefickt. Nun ja, im übertragenen Sinn, nicht im wörtlichen … Sie wissen, was ich meine.
Mit Kindern zu warten ist nicht immer eine freiwillige Entscheidung. Die Kosten für Lebenshaltung und Ausbildung sowie eine stark von Konkurrenzkampf geprägte Arbeitskultur zwingen Frauen dazu, das Kinderkriegen so lange hinauszuzögern, bis sie es sich beruflich ›leisten‹ können. Die Folge von diesen Zwängen ist, dass junge Frauen ihre fruchtbarsten Jahre damit verbringen, sich auf ihre berufliche Laufbahn zu konzentrieren. Wenn wir uns im Job nicht etablieren, bevor wir Kinder bekommen, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass wir auf dem karrieretechnischen Abstellgleis landen.
Stellen Sie sich vor, wir würden alle Kinder bekommen, wenn wir biologisch dazu bestimmt sind. Dann würden wir höchstwahrscheinlich bis zum Hals in Schulden stecken, um unsere Ausbildung und unsere Häuser abzubezahlen. Und als Berufsanfängerinnen würden wir nicht viel verdienen. Also würden wir in Mutterschutz gehen, um unser Kind zu bekommen, mit wenigen oder gar keinen Rücklagen, und wenn wir wieder arbeiten gingen, würden wir höchstwahrscheinlich auf das ›Mami-Gleis‹ abgeschoben werden, wo unsere Karrieren sich langsamer entwickeln und wir weniger verdienen würden als unsere kinderlosen Schwestern. Berücksichtigt man außerdem, dass fast die Hälfte aller Ehen scheitert, würden viele von uns als arme, alleinerziehende Mütter in einer beruflichen Sackgasse enden. Wahrlich keine schöne Vorstellung.
Es ist schade, dass unsere Biologie nicht synchron mit der kulturellen und wirtschaftlichen Realität unserer Arbeitswelt läuft. Und wir können noch so sehr die ›egoistischen Karrierefrauen‹ verurteilen, weil sie ihren Kinderwunsch zurückstellen und später auf sich selbst angewiesen sind, aber an der Diskrepanz wird sich nichts ändern. Für die drei Frauen auf der Dinnerparty und für viele andere ist der ›Erwerb‹ von Sperma die letzte und einzige Möglichkeit. Wer sich die Mühe macht, Sperma zu kaufen, wünscht sich aufrichtig ein Kind. Das muss doch auch zählen.
Kaum bin ich wieder zu Hause, gehe ich sofort ins Internet und rufe die Sperma-Webseite auf. Das Erste, was mir auffällt, ist, dass viele der Spender entweder im Militärdienst oder Christen sind. Ich knacke den Jackpot, als ich zufällig einen Spender entdecke, der beides ist. Laut Beschreibungsprofil handelt es sich um einen gottesfürchtigen Dichter, der im Mittleren Osten gedient hat und in Verhörtechniken ausgebildet
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