Torschlussmami: Eine Frau auf der Suche nach dem großen Babyglück (German Edition)
kinderlose Frau, die das gebärfähige Alter überschritten hat und es definitiv nicht bereut, dass sie keine Kinder hat oder haben konnte?«
Emma denkt kurz nach und scheint dann von ihrer Antwort selbst überrascht zu sein. »Mir fällt keine ein«, sagt sie. »Aber ich kann dir jede Menge Frauen nennen, die es sehr bereuen und eine Neurose entwickelt haben.«
»Das ist nicht die Antwort, die ich hören wollte«, sage ich.
»Das ist auch nicht die Antwort, die ich geben wollte«, erwidert sie, als ihr plötzlich bewusst wird, was uns möglicherweise erwartet. »Ich will später kein seelisches Wrack sein, nur weil ich keine Kinder habe.«
Ein Psychologe erklärte mir einmal, dass das Kinderkriegen eine notwendige Phase im Leben einer Frau sei. Er zitierte in diesem Zusammenhang den legendären Psychoanalytiker Erik Erikson mit seinem Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung. Er sagte außerdem, wenn eine kinderlose Frau über vierzig in seine Klinik komme, wisse er, dass sie ernste Probleme habe und die Therapie Jahre dauern könne. Damals wollte ich das nicht glauben. Ich hasse die Vorstellung, dass es offensichtlich nur diesen einen Weg gibt, um glücklich zu werden. Und nun, da ich in die hässliche Fratze der Kinderlosigkeit starre, will ich es erst recht nicht glauben.
Ich beauftrage Emma, nach glücklichen kinderlosen Frauen mittleren Alters Ausschau zu halten, während ich dasselbe tun werde. Ich muss wissen, dass es sie gibt. Ich muss wissen, dass ich, unabhängig davon, was geschieht, in der Lage sein werde, mir ein eigenes Happy End zu schreiben.
Ich weiß nicht, ob es an den Kreisen liegt, in denen ich verkehre, aber ich kenne nicht viele Frauen mittleren Alters, die keine Kinder haben. Tatsächlich fällt mir in meinem ganzen Bekanntenkreis nur eine einzige ein. Leider ist sie im Moment verreist, und es erscheint mir unhöflich, ihr aus heiterem Himmel eine E-Mail zu schicken und zu fragen, ob sie glücklich sei und ob sie sich als neurotisch betrachte oder nicht. Wenn ich einer Frau solche Fragen stelle, dann sollte ich ihr wenigstens einen Drink ausgeben.
Ich schicke eine Rundmail an meine Freunde mit der Frage, ob sie eine glückliche kinderlose Frau über fünfzig kennen, die bereit wäre, sich mit mir zu unterhalten. Niemand kann mir helfen. Schließlich begegne ich im Bücherklub Liz, einer Berufsberaterin Anfang fünfzig, die sich zu einem privaten Treffen bereit erklärt, damit ich ihr Fragen über ihr Leben stellen kann.
Wir sitzen in einem coolen kleinen Café, das einen absichtlich leicht heruntergekommenen, aber geschmackvollen Eindruck macht, eines von der Sorte, das Werke ansässiger Künstler an die Wände hängt und ausschließlich Bioprodukte anbietet. Ich habe das Gefühl, als würde ich Liz in ihrem natürlichen Lebensraum beobachten. Sie kleidet sich modern und ausgefallen für ihr Alter, ohne auf jung zu machen. Und sie wirkt auch ungeschminkt gepflegt und attraktiv. Ich wette hundert Scheine, dass sie frische Kräuter auf ihrer Fensterbank zieht.
Liz erklärt mir, es sei ihre freiwillige Entscheidung gewesen, kinderlos zu bleiben, und sie sei glücklich damit. Sie versichert mir, dass ihre verlängerte ›Unabhängigkeitsphase‹ weder langweilig noch unausgefüllt sei. Im Alter von sechzehn Jahren habe sie beschlossen, keine Kinder zu bekommen, und da ihr Fruchtbarkeitsfenster mittlerweile endgültig zu sei, wisse sie sicher, dass sie die Entscheidung nicht bereue. Sie wollte in ihrem Leben lieber reisen und sich fortbilden. Liz vertraut mir an, dass ihr Kinderverzicht stark von ihrer eigenen Kindheit beeinflusst wurde.
Ihre Eltern sind in der Wirtschaftskrise aufgewachsen. Ihre Mutter hatte ein Stipendium bekommen, um ihren Abschluss an der Highschool zu machen, aber sie konnte es nicht annehmen, weil sie gezwungen war, arbeiten zu gehen. Danach bekam sie Kinder und hat es nie geschafft, ihren Schulabschluss nachzuholen. »Darüber ist sie nie hinweggekommen«, erzählt Liz. »Sie ist mit 85 gestorben und hat sich ihr Leben lang über ihre verpasste Chance gegrämt. Sie litt an Depressionen, weil sie nicht das Leben führte, das sie sich gewünscht hatte. Sie fühlte sich vom Leben betrogen.«
Weil die Lebensziele ihrer Mutter von der Ehe und den Kindern durchkreuzt worden waren, hatte Liz keine besonders glückliche Kindheit. »Ich bin als Kind nicht missbraucht worden, eher vernachlässigt.« Um es noch schlimmer zu machen, hatte sich ihr Vater immer einen Sohn
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