Torschlussmami: Eine Frau auf der Suche nach dem großen Babyglück (German Edition)
für sie, aber es klingt nicht so. Sarah deutet mein Unbehagen fälschlicherweise als eine Abneigung gegen Kinder.
»Früher war ich auch gegen Kinder«, sagt sie. »Aber dann habe ich die Pille vergessen, und schau dir an, was dabei herausgekommen ist.« Sie gibt Oliver einen Kuss auf die Stirn und strahlt vor Freude. »Er ist der beste Fehler, den ich je gemacht habe. Du solltest es auch tun, Kasey. Mutter zu sein ist das Allerbeste.«
Kann es noch schlimmer kommen? Sarah wird aus reiner Gedankenlosigkeit schwanger, während Chris und ich so viel Sex haben, dass wir schon wund sind. Statt auf die fundamentale Ungerechtigkeit des Lebens allgemein hinzuweisen, lenke ich vom Thema ›Babys‹ ab, indem ich Sarah frage, warum sie hier sei. Offenbar wurde sie von ihrem Account Director zum Gespräch eingeladen, und sie vermutet, dass er sie bitten wird, früher ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Sarah sagt, sie werde sein Angebot ablehnen, und gesteht mir, dass sie nicht glaubt, dass sie jemals zurückkommen wird.
»Es gibt nichts auf der Welt, was ich lieber sein möchte als Mutter«, erklärt sie. »Aber das werde ich der Geschäftsleitung natürlich nicht auf die Nase binden.«
Wie aufs Stichwort beginnt Oliver, mit schläfrigen Augen zu blinzeln, und schenkt mir ein zahnloses Lächeln. Sarah hält ihn mir entgegen.
»Hier, nimm ihn mal«, sagt sie. »Dann siehst du, wie gut es sich anfühlt.«
Ich schüttle den Kopf und mache einen Schritt rückwärts, als wäre der Kleine verseucht. Ich komme mir unhöflich vor, aber ich kann mich nicht überwinden, ihn zu nehmen. Tatsächlich kann ich ihn nicht einmal richtig ansehen. Ich verabschiede mich rasch und flitze direkt zurück zur Toilette, wo ich mich gerade noch zusammenreißen kann, bis ich die Kabinentür hinter mir geschlossen habe. Dann brechen alle Dämme. Ich kämpfe nicht dagegen an. Ich sitze einfach da und weine mir die Augen aus dem Kopf. Mir ist elend zumute, und ich habe eine Stinkwut! Ich versuche, mich mit dem Gedanken aufzumuntern, dass Sarah zwar ein Kind hat, ich dafür aber eine Taille – aber das ist nur ein geringer Trost.
Wie kann es sein, dass Sarah ›versehentlich‹ schwanger werden konnte, während mir das nicht gelingt, obwohl in meinem Schlafzimmer mehr Sex stattfindet als im belebtesten Bordell der Stadt? Wie kann es sein, dass es jedes Jahr weltweit ungefähr 225 Millionen Schwangerschaften gibt, und ich bekomme keine einzige hin? Noch schlimmer ist, dass geschätzt mehr als ein Drittel dieser Schwangerschaften ungewollt ist. Ich weiß, es gibt keine Gerechtigkeit oder Fairness in Sachen Fruchtbarkeit. Aber verdammt noch mal, die sollte es einfach geben!
Als mein Gefühlsausbruch abebbt, wird mir bewusst, dass ich mich aufrichtig für Sarah freue. Es ist ein seltsames Gefühl, sich für jemand anderen zu freuen und gleichzeitig selbst daran zugrunde zu gehen. Ich muss an meinen Zwillingsbruder Wesley denken, der eine süße kleine Tochter hat. Sie leben in Kanada, darum habe ich die Kleine noch nicht gesehen. Ich habe seit Monaten keine Fotos mehr geschickt bekommen oder Neuigkeiten von meiner kleinen Nichte gehört, genauer gesagt, seit ich meinem Bruder von meinen Fruchtbarkeitsproblemen erzählt habe. Ich weiß, dass er Fotos und Videos von ihr per Mail an jeden in unserer Familie sendet, außer an mich. Mein Bruder ist ein einfühlsamer und rücksichtsvoller Mensch, darum bin ich mir sicher, er hat mich nur mit den allerbesten Absichten aus der Verteilerliste herausgenommen. Aber irgendwie fühle ich mich dadurch schlechter.
Was passiert, wenn ein so grundlegendes Bedürfnis nicht erfüllt wird? Ist man dann dazu verdammt, ein unerfülltes Leben zu führen? Oder kann man sich in einen Menschen verwandeln, der andere Bedürfnisse hat – in einen Menschen, der unfruchtbar und trotzdem glücklich ist?
Statt an meinen Schreibtisch zurückzukehren, sage ich der Sekretärin am Empfang, dass ich eine dringende Telefonkonferenz hätte, und bitte sie, mir einen Konferenzraum zu reservieren. Ich sage ihr außerdem, dass ich nicht gestört werden möchte. Kaum bin ich in dem Raum, rufe ich Emma an. »Kennst du eine kinderlose Frau, die aufrichtig glücklich ist?«, frage ich.
»Klar«, erwidert sie, bevor sie Namen von Freundinnen und Kolleginnen aufzählt, die alle unter dreißig sind.
»Aber die zählen nicht«, sage ich. Als ich in dem Alter war, hatte ich keine Kinder und war trotzdem aufrichtig glücklich.
»Kennst du eine
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