Torschlussmami: Eine Frau auf der Suche nach dem großen Babyglück (German Edition)
können sie der Forschung oder einem anderen Paar spenden, einer Einzelperson überlassen oder sie vernichten. Chris und ich diskutieren über die verschiedenen Möglichkeiten im Wagen auf der Rückfahrt nach Hause und während der nächsten paar Tage. Das ist viel komplexer, als ich dachte. Chris und ich sind gezwungen, mögliche Lebens- und Todesszenarien für uns beide und für unsere potenziellen Kinder zu besprechen und ob wir unsere Embryonen einem anderen Paar oder der Wissenschaft zur Verfügung stellen.
Bei einer weiteren Informationsveranstaltung eine Woche später sitzen wir neben dem Hochzeitstortenpaar. Im Gegensatz zum letzten Mal beschließe ich, mir Mühe zu geben, und stelle mich vor. Sharon ist Anwältin, und Murray ist Immobilienmakler. »Wir arbeiten beide so viel, dass wir uns kaum sehen. Das ist der Hauptgrund, warum wir hier sind«, erzählt Sharon lachend. »Wir haben keine Zeit für Sex.«
Es stellt sich heraus, dass wir im selben Viertel wohnen, darum verabreden Sharon und ich uns auf einen Kaffee am Wochenende. Sie gibt mir außerdem den Namen ihres Akupunkteurs, der sich auf Unfruchtbarkeit spezialisiert hat und Befruchtungstherapien begleitet.
Der Informationsabend ist wirklich grauenhaft. Tatsächlich hätte man ihm auch die Überschrift Medikamente, die niemals hätten zugelassen werden dürfen und die man dringend vom Markt nehmen sollte, bevor jemand dadurch Schaden erleidet geben können. Das Nasenspray zum Beispiel, das den natürlichen Eisprung unterdrücken soll, kann erwiesenermaßen Selbstmordgedanken auslösen, und die Hormonspritzen verwandeln garantiert jede Frau in eine launische Zicke. Und dann sind da noch die invasiven Untersuchungen und Bluttests alle zwei Tage, die Risiken einer Vollnarkose und der Eizellenentnahme, der Gynäkologenstuhl und der metallene Entenschnabel für den Embryotransfer.
Zum Schluss beugt Chris sich herüber und flüstert: »Wenn man einen Beweis sucht, dass Gott ein Mann ist, dann braucht man nur einen Infoabend in der Kinderwunschklinik zu besuchen. Aus dir machen sie ein wissenschaftliches Experiment, während ich nur in einen Becher zu wichsen brauche.«
Die Veranstaltung schließt mit dem erneuten Hinweis, dass Frauen während der Therapie einen großen Redebedarf haben und Männer viel Golf spielen. »Ich wusste, die Sache hat auch für uns Männer einen Haken. Wir kommen wohl doch nicht so glimpflich davon«, sagt Chris. »Schließlich wird von uns verlangt, dass wir mit dem Golfspielen anfangen!«
20
Einen Schuss setzen
W ir sitzen im Wartezimmer der Kinderwunschklinik und warten auf unsere Einweisung, wie man sich einen Schuss setzt. Zu einer IVF gehören viele Nadeln und Spritzen, obwohl das in den Broschüren mit der Preisliste nicht erwähnt wird. Die Tragik der Situation dämmert mir allmählich. Wir haben wochenlang über meine Unfruchtbarkeit und die Möglichkeit einer künstlichen Befruchtung diskutiert, aber ich hatte immer das Gefühl, als würden wir ein Spiel mit dem Namen Was wäre, wenn? spielen. Ich meinte schließlich, nicht darauf angewiesen zu sein. Aber als ich gestern meine Tage bekam und meine letzte Hoffnung, auf natürlichem Wege schwanger zu werden, in der Toilette herunterspülte, konnte ich mir meine Sterilität nicht länger schönreden.
Ich begann sogar, die ganzen Bücher über künstliche Befruchtung zu lesen, die ich im Glauben, sie nie lesen zu müssen, zuvor gekauft hatte. Sie sind grauenhaft. Das hätte mich nicht wundern dürfen. Jedes Buch, dessen Cover ein Sonnenuntergang und ein Regenbogen über einer leeren Landschaft zieren, behandelt mit absoluter Sicherheit ein schlimmes, düsteres Thema. Außerdem sind diese Bücher schrecklich ernst. Wo sind die Gags? In einer Zeit wie dieser will ich keine traurigen Geschichten über andere Menschen lesen. Stattdessen möchte ich ein bisschen von dem Gefühl des Versagens, das ich nicht abschütteln kann, abgelenkt werden. Ich möchte wissen, dass alles gut wird.
Ich blicke mich im Warteraum um, im Bewusstsein, dass ich alle 24 bis 48 Stunden hier sein werde, für Gott weiß wie lange – eine tägliche Erinnerung, dass ich eine traurige, alte, kaputte, unfruchtbare Loserin bin.
Chris unterbricht meine Selbstkasteiung, indem er entschuldigend sagt: »Tut mir leid, Häschen, aber ich habe dermaßen viel Angst vor Nadeln, dass ich fürchte, dass ich nicht fähig sein werde, dir die Spritzen zu geben.«
»Ist schon okay«, erwidere ich stoisch. »Das
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