Torschlussmami: Eine Frau auf der Suche nach dem großen Babyglück (German Edition)
kann ich auch selber.«
Kaum haben wir das Schwesternzimmer betreten, kann ich meine abgeklärte Fassade nicht länger aufrechterhalten. Meine Augen füllen sich wieder einmal mit Tränen. Ich zwinkere sie weg und befehle mir, stark zu sein. Es sind schließlich nur ein paar Spritzen, und ich bin in meinem Leben schon unzählige Male gepiekst worden. Ich heule nicht los, wenn ich eine Tetanusimpfung bekomme, also warum sollte ich jetzt heulen?
Die Krankenschwester fordert uns auf, Platz zu nehmen, und erklärt uns das IVF -Protokoll. Dr. Lucy hat beschlossen, dass ich das Nasenspray weglassen darf, das man normalerweise vor den Stimulationsspritzen bekommt. Ich kriege direkt die Spritze. Sie liegen in dem Thermobeutel auf dem Schreibtisch. Die Krankenschwester zieht den Reißverschluss des Beutels auf, um uns den Inhalt zu zeigen und zu demonstrieren, wie man ihn benutzt.
»Haben Sie schon besprochen, wer von Ihnen die Spritzen setzen wird?«, fragt sie.
Ich breche in Tränen aus und beginne zu schluchzen.
»Das mache ich«, sagt Chris.
Die Krankenschwester zeigt uns an einer Orange, wie man die Spritzen setzt. Dann stellt sie klar, dass wir nicht auf die Idee kommen sollen, tatsächlich eine Orange zu spritzen. Ah ja. Haken dahinter. Memo an mich: Versuche nicht, Zitrusfrüchte medizinisch zu behandeln! Ich muss also eine Speckrolle am Bauch festhalten (endlich etwas, bei dem ich mir sicher bin, dass ich das ohne Probleme hinbekomme), während Chris mit der Nadel hineinsticht.
Zu Hause rufe ich Sharon an, um »darüber zu reden und mich auszutauschen«, wie wir auf der Informationsveranstaltung instruiert wurden. Sharon ist mir in der Behandlung eine Woche voraus und hat volle sieben Tage Erfahrung damit, sich einen Schuss zu setzen. Sie empfiehlt mir, die Stelle am Bauch vor der Injektion mit Eis zu kühlen. Das betäube ein wenig, sodass es nicht so wehtue. Außerdem soll es Blutergüssen vorbeugen.
Wir probieren den Trick mit dem Eis am selben Abend aus, als es Zeit für meine erste Spritze ist. Ich packe die Speckrolle, und Chris will mich gerade pieksen, als ich »Stopp!« schreie. Ich kann nicht zusehen, wie er die Nadel in mich sticht, also nehme ich ihm die Spritze ab und mache es selbst. Toffee springt von ihrem Kissen und läuft zu mir herüber. Sie macht einen besorgten Eindruck, bereit dazwischenzugehen, um ihr Frauchen vor einer Drogensucht zu bewahren. Chris tätschelt sie und sagt: »Keine Angst, Toffee, davon wird man nicht high.«
Ich weiß nicht, ob es an dem Eis oder an meiner exzellenten Spritzentechnik liegt, aber ich spüre kaum etwas von dem Pieks. »Ich frage mich, wie lange es wohl dauert, bis ich mich in eine launische Zicke verwandle?«, sage ich.
»Du wirst schon klarkommen, Häschen«, erwidert Chris.
Am nächsten Morgen ist der Tag, an dem Sharon ihre Eizellenentnahme hat. Ich wünsche ihr per SMS viel Glück.
Sie antwortet umgehend: »Es ist 7.00 Uhr morgens, ich sehe mir einen Porno an und warte darauf, dass Murray kommt.«
Was soll ich darauf antworten? »Ich denke an euch«, scheint mir nicht das Richtige zu sein, nicht zuletzt deshalb, weil ich mich wirklich sehr bemühe, mir nicht Murray mit heruntergelassenen Hosen vorzustellen, während vor ihm ein Porno läuft. Ich frage Chris, was ich schreiben soll, und er schlägt vor: »Du bist in guten Händen. Immobilienmakler sind dafür bekannt, dass sie erstklassige Wichser sind.«
Kaum bin ich im Büro, kommt mein Chef an meinen Schreibtisch und teilt mir mit, dass mir ein neues Projekt mit einem Finanzinstitut zugeteilt wurde. Der Vertrag läuft zunächst über sechs Monate, wobei eine Verlängerung auf zwölf Monate wahrscheinlich ist. Morgen soll ich anfangen. Das Finanzinstitut ist zufällig in einer anderen Stadt. Ich muss vielleicht ein ganzes Jahr lang jede Woche pendeln. Ich hasse Geschäftsreisen. Ich hasse es, am Montagmorgen in aller Herrgottsfrühe aufstehen zu müssen, um den Rote-Augen-Flug zu erwischen, und ich hasse die Mahlzeiten an Bord. Haben Sie eine Ahnung, wie viele Kalorien ein Standardmenü auf einem Inlandflug hat? Ich habe nichts gegen Kalorien in gutem Essen und erstklassigem Wein, aber unidentifizierbares Fleisch und verschrumpelte Erbsen, die in Fett schwimmen, sind die Kalorien einfach nicht wert. Ich hasse auch die einsamen Abende im Hotelzimmer mit der Minibar und dem Pay- TV als einziger Gesellschaft. Aber ich wusste, dass ich würde reisen müssen, als ich diesen Job annahm, also kann
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