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Torso

Torso

Titel: Torso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Fleischhauer
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beleuchtete den Gegenstand auf dem Boden. Sina hatte ebenfalls eine Lampe in der Hand und ließ den Lichtkegel erst über den Boden und dann langsam über das tote Tier gleiten. Zollangers erster Eindruck hatte ihn nicht getäuscht. Vor ihnen lag ein totes Lamm.
    Zollanger wusste nicht viel über Lämmer. Er war ein Stadtmensch. Aber immerhin war er sich sicher, dass es sich um kein besonders großes Exemplar handelte. Es lag auf der Seite. Die Kammer, in der es entdeckt worden war, stand offen und befand sich hinter dem toten Tier. Sina leuchtete kurz hinein, und der Lichtkegel glitt über Regale mit Putzmitteln. Die Tür verfügte nur über ein einfaches Schloss, das auf den ersten Blick unversehrt aussah.
    Sinas Lampe beleuchtete wieder das Lamm. Fast eine Minute lang sprachen sie kein Wort, sondern versuchten nur, die Einzelheiten irgendwie geordnet zu erfassen. Der Kopf und das Vorderteil des Tieres waren unversehrt. Weder war ihm die Kehle durchgeschnitten worden, noch sah man Spuren von einem Bolzenschuss oder sonst einer der üblichen Tötungsmethoden. Die erste Auffälligkeit begann am Bauch. Die gesamte Unterseite des Tieres war mit einem dicken schwarzen Strangmaterial vernäht worden. Die Naht endete zwischen den Hinterbeinen, wo die nächste Merkwürdigkeit begann. Die Hinterbeine waren mit handbreitem, starkem schwarzem Klebeband umwickelt.
    Zollanger hatte Mühe, sich zu konzentrieren. Er spürte allmählich, dass er seit halb fünf auf den Beinen war, Stunden in einem eiskalten und zugigen Plattenbau verbracht und noch nicht einmal gefrühstückt hatte. Aber der Gedanke an ein Frühstück hatte sich vorerst erledigt. Dafür sorgte schon der Gestank. Sina hielt den Lichtkegel der Taschenlampe noch immer auf die Hinterbeine des Kadavers gerichtet. Sie machte eine kleine Bewegung, und plötzlich blinkte etwas auf. Sie beugten sich näher über die Stelle. Es war eine Klinge. Der Griff eines Messers war so zwischen den Hinterläufen des toten Tieres fixiert worden, dass nur noch die Klinge herausragte.
    »Stinkt der Kadaver so?«, fragte Zollanger. »Oder ist es dieser Ort?«
    »Schwer zu sagen«, sagte Sina. »Lange kann das Tier hier nicht gelegen haben. Und verwest sieht es nicht aus. Ich tippe eher auf den Ort. Es stinkt nach Urin. Aber … o nein, was ist denn das?«
    Der Lichtschein von Sinas Lampe hatte sich wieder zum vernähten Bauch des Tieres vorgearbeitet und ruhte nun auf einer Stelle kurz vor dem Brustbein, wo die Naht etwas aufklaffte. Das Fell war dort sehr kurz, und man konnte gut sehen, wie der kräftige schwarze Faden die durchschnittenen Haut- und Muskelpartien des toten Tieres zusammengeklammert hielt. Aber eben nicht vollständig. Und dort, wo die Naht ein wenig aufklaffte, war etwas zu sehen, das da absolut nicht hingehörte.
    »Großer Gott«, flüsterte Zollanger.

[home]
6
    N ach dem fehlgeschlagenen Versuch, Erics Festplatte zu knacken, hatte Elin die Einkäufe der alten Frau in der Birkenstraße erledigt und sich dann auf den Weg nach Kreuzberg gemacht. Es schneite nicht mehr. Aber sie musste vorsichtig fahren und brauchte fast eine dreiviertel Stunde. Als sie in die Adalbertstraße einbog, war es bereits dunkel. Der Verkehr hatte den Schnee auf der Straße zu einem braunen Brei zerquirlt. Wenn dieser Matsch demnächst gefrieren würde, könnte sie das Fahrrad gleich stehen lassen, dachte sie skeptisch und verbrachte dann einige Minuten damit, einen freien Laternenpfahl zu suchen, um ihr Rad daran anzuschließen.
    Cemal stand hinter dem Tresen und schaute fern, als sie den Dönerladen betrat. Er hatte sichtlich keinen Grund, etwas anderes zu tun, denn der Laden war völlig leer. Es war wohl nicht die richtige Tageszeit für die Berge von frisch geschnittenem Salat, für Tomaten, Zwiebelringe, gehackte Petersilie und Knoblauchsauce. Der Dönerspieß, der sich vor einem rotglühenden Heizstrahler im Hintergrund drehte und krachend Fettspritzer verschoss, war ebenso jungfräulich wie die Kiste Fladenbrot, die daneben auf der Arbeitsplatte stand.
    »Ey, Elin«, rief Cemal, als er sie erkannte. Er kam um den Tresen herum auf sie zu. »Was für ein Wetter. Wie geht’s dir?«
    Sie ließ sich umarmen. »Du bist mein erster Kunde nach der Mittagspause«, sagte er freudig. »Was willst du essen?«
    Er ließ die Arme über seiner Auslage kreisen.
    Elin schüttelte den Kopf. »Nichts, danke, aber ich trinke gerne einen Pfefferminztee, falls du welchen hast.«
    »Klar.«
    Er schob eine

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