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Torstraße 1

Torstraße 1

Titel: Torstraße 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybil Volks
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Berlin.«
    Elsa schaut auf die Uhr. »Heute noch?«
    Jonas geht in der Küche auf und ab. »Ich kann Luise und die anderen jetzt nicht im Stich lassen. Muss sie da raushauen. Irgendwie. Können die Kinder ein paar Tage hierbleiben, jetzt in den Ferien?«
    Elsa schüttelt den Kopf. »Ich muss morgen früh zurück nach Berlin«, erinnert sie ihn. »Ich hab keine Ferien.«
    »Ein paar Tage können sie bleiben«, schaltet Hanns sich ein. »Wenn sie mit dem angeheirateten Opa vorliebnehmen.«
    Jonas umarmt ihn. »Für sie bist du Opa Lübars, das weißt du. Und der ist ihnen nun mal näher als Opa Amerika.«
    Elsa will wissen, was Sabine dazu sagt. Jonas schaut an ihr vorbei aus dem Fenster. »Ich fürchte, ich werde sie nicht um Erlaubnis fragen. Sie hat mich auch nicht um Erlaubnis gefragt, als sie zwei Wochen Mallorca mit der Freundin gebucht hat.«
    Sabine ist Elsa in all den Jahren fremd geblieben, dennoch gefällt ihr nicht, wie ihr Sohn über seine Frau spricht. »Das ist das erste Mal, seit die Kinder da sind, dass sie alleine wegfährt«, wendet sie ein. »Seit zehn Jahren. Nun gönn ihr doch …«
    Jonas fischt noch einmal nach dem Päckchen Zigaretten, schaut es einen Augenblick an und steckt es zurück in die Tasche. »Ich gönn es ihr ja. Nur dass sie mir von Palma aus am Telefon mitgeteilt hat, sie will sich scheiden lassen. Am liebsten wäre ihr, ich bin ausgezogen und mit Sack und Pack verschwunden, wenn sie wiederkommt.«
    Elsa sieht ihn erschrocken an. »Das meint sie bestimmt nicht so! Aber das musst du jetzt als Erstes klären. Bevor du …«
    Jonas geht in den Flur und kommt in Jacke und Mütze zurück. »Jetzt sind erst die Freunde dran. Die sitzen im Knast, das hat Vorrang.« In der Tür dreht er sich noch einmal um. »Die Kinder wissen noch nichts. Finde nicht, dass es jetzt meine Aufgabe ist, ihnen das beizubringen.«
    »Meine auch nicht«, sagt Elsa zur Tür, die hinter Jonas ins Schloss fällt. Als sich das Motorengeräusch entfernt, schlägt sie die Hände vors Gesicht. »Wir haben wenigstens gewartet, bis die Kinder groß waren«, schluchzt sie. »Auch nicht groß genug, aber doch nicht mehr … so klein.« Der Rest geht in Tränen unter. Hanns versucht es gar nicht erst mit Beschwichtigungen, sondern nimmt sie nur fest in den Arm. »Und Luise im Gefängnis! Der arme Bernhard …«, sagt sie, da wird die Umarmungetwas lockerer. Hanns hat es nicht so gern, wenn sie von Bernhard spricht.
    Elsa parkt im Halteverbot, springt aus dem Auto und läuft durch den kalten Aprilschauer zum Blumenladen. Sie schaut sich im Laden um, überall Frühlingssträuße, Osterglocken und bunte Tulpen. Ob sie auch Ranunkeln haben? Vickys Lieblingsblumen, Ranunkeln in zart leuchtenden Farben. In einer Ecke entdeckt sie ein paar, goldgelbe, rosafarbene und purpurrote, die kosten fünfmal so viel wie die Tulpen, und bis sie mit denen einen Strauß zusammenhat, der halbwegs nach etwas aussieht … Sie zeigt auf einen Strauß bunter Tulpen.
    »Kommt noch etwas dazu?«, fragt die Verkäuferin. Elsa schaut durchs Fenster nach ihrem Auto und schüttelt den Kopf.
    Direkt vom Blumenladen fährt sie zu Vickys Geburtstagsfeier. Es wird wie immer Säfte und Limonaden geben, da kann sie das Auto nehmen. Vorsichtig legt sie den Strauß auf den Beifahrersitz neben die Pralinenschachtel. Alkoholfreie Pralinen, diesmal hat sie besser aufgepasst, nachdem ihr letztes Mal eine falsche Mischung untergekommen ist, die Vicky ihr beim nächsten Besuch wieder mitgegeben hat. Unangetastet zum Glück. Beim Anfahren stottert der Motor ihres alten Käfers, einen Moment lang hofft Elsa, er würde den Geist aufgeben. Warum muss ihre Mutter ausgerechnet dieses Jahr groß feiern, es ist nicht mal ein runder Geburtstag wie ihr Achtzigster. Und den hat sie im vergangenen Jahr trotz aller Proteste ausfallen lassen.
    Allein sein und in Ruhe nachdenken, das ist alles, was sie nach dieser Woche möchte. Torsten hatte ein paar freie Tage, und sie konnte die Kunden vor der Kamera nicht dazu bringen, sich zu entspannen und zu lachen. Wie auch, sie konnte nicht mal sich selbst dazu bringen. Das einzig Gute im Moment ist, dass sich die Kinder bei Hanns in Lübars wohlfühlen und er mit ihnen. Aber weder mit Jonas noch mit Bernhard kann sie sprechen. Seitsie Jonas nicht mehr nach Ostberlin einreisen lassen, rennt er in Westberlin von Verein zu Behörde. Wenn sie doch einfach zum Telefon greifen und Bernhard anrufen könnte! Da lebt man in derselben Stadt, und

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