Tortenschlacht
regt sich auf. »Und warum verhaftest du diese Arschlöcher nicht? Es gab sogar einen Toten«, setzt sie düster hinzu, »die schrecken vor nichts mehr zurück.«
»Wer?«
»Na, die Immobilienhaie. ‘ne ganze Mafia ist das, die nur dick Kohle scheffeln will. Dafür gehen die über Leichen! Und ihr Bullen schaut zu.«
»Nee, wir ermitteln«, widerspreche ich, doch Melanie ist schon wieder in ihr Zimmer gerannt. »Dieser Dark hat dich gestern Nacht im Stich gelassen«, rufe ich ihr nach, »schon vergessen?«
»Na ja, er hat fett Dope im geklauten Auto, und ich rufe meinen Vater an. Einen Kripobullen.« Sie guckt durch die Tür und grinst. »Das wird ihm zu stressig gewesen sein.«
»Zu Recht«, erwidere ich, »oder denkst du, das lasse ich auf sich beruhen? Dafür wird sich der Knabe schon noch verantworten müssen.«
Melanie stemmt die Hände in die Seiten und legt den Kopf schief. »Ach ja? Bist du etwa bei der Drogenfahndung? Ermittelst du in geklauten Autos? Noch dazu im Osten? – Nee! Du bist nicht zuständig, also halte dich da raus.«
»Das kann ich nicht, denn ich habe jetzt das ganze illegale Zeug im Wagen.« Und ich werde es da rausholen müssen, denke ich.
»Ein Grund mehr, sich rauszuhalten«, meint Melanie und zieht sich weiter an, »du steckst mit drin!«
Na prima, das hat sie ja clever eingefädelt. Jetzt macht sie mich zum Mittäter, großartig! Aber ohne mich.
»Gerade deshalb nehme ich mir den Kerl persönlich vor, Spatz! Verlass dich drauf.« Ich bemühe mich um einen harten, drohenden Unterton in der Stimme – aber er misslingt mir im Angesicht meiner Tochter immer. Ich kann mit dem Mädchen einfach nicht streng sein. Geht einfach nicht, unmöglich.
»Der Kerl ist eine Gefahr für dich«, versuche ich es trotzdem. »Ich war lange Drogenfahnder, ich weiß, wie das läuft. Diese Typen sind tough organisiert. Die machen dich mit weichen Drogen süchtig, und wenn du richtig drauf bist, gibt’s das harte Zeug, bis du ohne nicht mehr leben kannst. Derart angefixt machst du dann alles, um an den Stoff zu kommen – und Typen wie dieser Dark machen das dicke Geschäft. Da werden Millionen verdient, in diesem Business herrscht der wahre Krieg, da sind deine Immobilienhaie Klosterschüler dagegen.«
»Vati!« Melanie kommt heran und setzt sich zu mir auf die Sofakante. »Dark ist einfach nur panne, klar?« Sie wedelt sich vor der Stirn herum. »Irre, ein bisschen plemplem, was du willst. Aber mit Drogengeschäften hat der nichts zu tun. Der will einfach nur kiffen, mehr nicht.«
»Und du? Willst du auch nur kiffen?«
»Also, ehrlich gesagt …«, Melanie erhebt sich wieder, »erwarte ich mehr vom Leben.«
»Häuser besetzen zum Beispiel?« Ich schüttele den Kopf. »Das ist auch illegal.«
»Legal, illegal, scheißegal.« Melanie fährt wieder herum. »Mann, Vati, hier geht’s ums Prinzip! Die Leute im Osten sind nicht auf die Straße gegangen, um nach den Kommunisten nun von Kapitalisten über den Tisch gezogen zu werden.«
Wie ernst sie das meint, denke ich bewundernd, mit welcher Leidenschaft sie spricht … Meine Tochter!
»Wir zeigen, wie es anders geht. Wie man auch ohne Profitstreben glücklich werden kann! Mit Freiheit, Eigenverantwortung und Engagement. Es geht eben nicht immer nur ums Geld, alles klar?«
»Warum gründet ihr keinen gemeinnützigen Verein?«
»Ha-ha«, macht Melanie bitter, obwohl ich das durchaus ernst gemeint habe, »du kannst so unglaublich witzig sein.«
»Spatz, ihr kommt damit nicht durch!« Ich verstehe sie ja, aber es ist alles so entsetzlich naiv.
»Warum nicht?« Melanie dreht sich wieder um und sieht mich herausfordernd an. »Wir versuchen es wenigstens. Polzin sagt: Wir haben eine Vision, für die sich zu kämpfen lohnt. Und er hat recht!«
»So, hat er das. Wer, zum Teufel, ist eigentlich dieser Polzin?«
»Ein echt irrer Typ!« Melanie verdreht verliebt die Augen und wirft sich in einen der Sessel. »Und sooo süß!« Sie macht ein langes Gesicht. »Aber er bemerkt mich gar nicht. Wahrscheinlich ist er schwul.«
»Immerhin hat er hier angerufen«, stelle ich fest und beuge mich vor. Ein letzter Versuch, das Mädchen zum Einlenken zu zwingen. »Hör mal, Spatz: Morgen ist Montag, und du hast Schule. Vergiss die Brandwache!«
»Das kann ich nicht«, ruft Melanie empört. »Ich hab’s versprochen!«
»Du hast mir ein anständiges Abitur versprochen! Das finde ich wichtiger.«
»Ich hab heute den ganzen Tag gepennt. Ich bin total fit! Erst
Weitere Kostenlose Bücher