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Tortenschlacht

Tortenschlacht

Titel: Tortenschlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G Wachlin
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die Revolution gesiegt, und deshalb holten die Beamten folgsam ihre Dienstausweise hervor und reichten sie Polzin.
    Der studierte die Ausweise sehr gründlich, bevor er sie zurückgab.
    »Wir untersuchen immer noch die Brandursache im Nachbarhaus«, erklärte Beylich.
    »Und warum sind Sie dann hier und nicht nebenan?«
    »Da waren wir gerade«, übernahm der Brandermittler das Wort, »wir vermuten, dass das Feuer aufgrund eines Kurzschlusses im Hauptverteilerkasten ausgebrochen ist, der sich seltsamerweise nicht im Keller, sondern im ersten Obergeschoss befand.«
    »Korrekt«, nickte Polzin, »im Keller war’s zu feucht.«
    »Dann haben Sie den ausgebaut und oben wieder eingebaut?«
    »Nicht ich allein.« Polzin schüttelte den Kopf. »Wir renovieren die Häuser gemeinsam«, erklärte er dann. »Und weil der Verteiler unten im Keller immer Wasser aus undichten Rohrleitungen abbekommen hat, haben wir ihn ausgebaut, die Leitungen umverlegt und in der Kammer im ersten Stock wieder eingebaut. War ein ganzes Stück Arbeit.«
    »Das glaube ich Ihnen.« Beylich atmete tief durch. »Haben Sie hier auch irgendwelche Veränderungen an den Elektroinstallationen vorgenommen?«
    »Nein«, sagte Polzin, »hier ist der Keller trocken.«
    Von draußen hörte man gedämpft eine elektrische Gitarre aufjaulen. Irgendjemand rief immer wieder mit heiserer Stimme »eins, zwo, einszwoeinszwo« in ein Mikrofon, sodass es über den Platz hallte. Dann setzte die Gitarre wieder ein und spielte ein herzerweichend kreischendes Solo. Offenbar machten sie den Soundcheck fürs Hardcore-Festival am nächsten Abend.
    »Dürfen wir den Verteiler trotzdem mal sehen?«
    »Klar!« Polzin wies den Weg. »Kommen Sie mit.«
    Hier war die elektrische Anlage noch original. Um 1903 verlegte Leitungen, mechanische, teilweise schon arg mitgenommene Relaiskästen und mit Nägeln überbrückte Sicherungskästen. Ein Wunder, dass es hier nicht auch schon längst mal gebrannt hatte.
    »Wer hat das abgenommen?« Der Mann von der Baupolizei war entsetzt. »Der Energieversorger dürfte so eine Anlage eigentlich gar nicht mehr beliefern.«
    »Unsinn«, erwiderte Polzin, wohl ahnend, dass hier gerade etwas furchtbar schieflief. »Das funktioniert noch einwandfrei«, versicherte er eifrig. »Und wir zahlen die Stromrechnungen, wie alle anderen auch.«
    Trotzdem konnte er nicht verhindern, dass die Baupolizei die elektrische Anlage des Hauses sperrte und weitere Untersuchungen ankündigte.
    Eine Stunde später wurden die besetzten Häuser am Helmholtzplatz von der städtischen Stromversorgung abgeschnitten. Das Gitarrensolo auf der Bühne draußen brach mit einem missglückten Jauler ab.
    Elektrisch funktionierte hier erst einmal gar nichts mehr.
    38    »KÖNNTE ES SEIN« , tastete sich Hünerbein vorsichtig vor, »dass Ihr Mann in den sechziger Jahren geheimdienstlich gearbeitet hat? Zum Beispiel in Ostberlin?«
    Johanna von Lahn sah ihn skeptisch an. Sie hatten sich in Bolles Bootshaus getroffen, einem kleinen Yachthafen mit Biergarten unter dem Flensburger Löwen am Wannsee. Es war fast sommerlich heiß, und Lahns Witwe hatte darauf bestanden, sich mit Hünerbein irgendwo draußen zu treffen, an der frischen Luft, um diese letzten Sommertage zu genießen.
    »Worauf wollen Sie hinaus?«, fragte sie schließlich.
    »Nun, ich habe mich noch einmal eingehend mit diesen Erpresserschreiben beschäftigt«, erklärte Hünerbein. »Und es sieht alles danach aus, dass das Mädchen, diese Rosemarie Huth, bei einer geheimdienstlichen Aktion ums Leben gekommen ist.«
    Johanna von Lahn wartete ab und nippte an ihrer Weiße. Über den Wannsee tuckerte ein Musikdampfer. Auf dem Oberdeck schunkelten fröhliche Rentner, und eine Blaskapelle spielte scheppernd:
    Mutta, der Mann mit dem Koks is da!
    Junge, halt’s Maul, denn ick weeß et ja.
    Du hast keen Jeld. Ick hab keen Jeld.
    Wer hat den Mann mit dem Koks bestellt?
    »Eine Aktion«, setzte Hünerbein hinzu, »für die möglicherweise Ihr Gatte verantwortlich gewesen sein könnte. Zumindest scheint das der Verfasser dieser anonymen Schreiben zu vermuten, denn sonst wären sie ja nicht bei Ihnen beziehungsweise Ihrem Mann gelandet.«
    »Selbst wenn Sie recht hätten mit Ihrer Vermutung«, erwiderte Johanna von Lahn, »und Werner mich eingeweiht hätte – dürfte ich dann darüber reden? Ist es nicht so, dass geheimdienstliche Arbeit, nun ja, geheim bleiben muss?«
    »Die Sache ist dreißig Jahre her«, gab Hünerbein zu

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