Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt
»Nein, natürlich nicht! Ich war 1943 mit den Marines hier!«
In der Küche beendeten vier weitere Senioren ihr Frühstück. Ein Mann saß im Rollstuhl. Eine Dame mit zittrigen Händen litt offenbar an Parkinson. Eine weitere, auf einen Spazierstock gestützte Frau hatte so dicke Brillengläser, dass ihre Augen nicht zu sehen waren. Ich bemerkte, dass jemand fehlen musste, und hoffte, dass wenigstens dieses letzte Mitglied der Gruppe nicht behindert war. Da erschien ein stark hinkender Mann in der Küche und begrüßte mich. Es dauerte nur ein paar Augenblicke, bis ich begriff, dass er ein künstliches Bein hatte.
Sehr schön, dachte ich. Durchschnittsalter achtzig und alle behindert! Wo, um Himmels willen, soll ich mit diesen Leuten hin, wenn sie weder gehen noch hören, noch wenigstens sehen können?
»Möchten Sie eine Tasse Kaffee?«, fragten sie mich und gossen mir eine undefinierbare braune Brühe in eine Tasse. Als sie meinen erstaunten Blick sahen, erklärten sie, die Kaffeemaschine sei wohl kaputt. Seit ihrer Ankunft hätten sie keinen anständigen Kaffee kochen können. Ich fand rasch heraus, dass sie den gemahlenen Kaffee nicht in den Filter füllten, sondern das Kaffeepulver ins Wasser mischten und so in die Maschine schütteten. Und dann wunderten sie sich, dass der Filter nicht funktionierte!
Es wurde immer offensichtlicher, dass die Ärmsten eine Woche lang völlig verloren und ohne jede Hilfe in diesem Haus gewohnt hatten. Der Besitzer war nur am ersten Tag gekommen, um die Miete zu kassieren und ihnen die wichtigsten Dinge zu erklären, natürlich auf Italienisch, was keiner von ihnen verstand. Seit diesem Besuch war niemand mehr da gewesen, der zum Haus gehörte. Als sie merkten, dass ich fließend Englisch sprach, boten sie mir einen Stuhl an, und dann bombardierten sie mich mit Fragen und Bitten: »Dario, könnten Sie einen Telefonanruf für mich machen?« – »Dario, sagen Sie mir bitte, was auf diesem Etikett steht?« – »Dario, könnten wir miteinander in eine Apotheke fahren?«
Nachdem alle häuslichen Probleme gelöst, die Telefonanrufe getätigt und die Übersetzungen erledigt waren, fand ich, es sei höchste Zeit aufzubrechen. Aber einer von ihnen meinte: »Dario, Sie hatten so viel Geduld, könnten Sie zuallerletzt noch kurz unseren Mietwagen ansehen? Er fährt nicht besonders schnell, der Ölanzeiger blinkt unaufhörlich, und kurz nach dem Anfahren entsteht eine dicke schwarze Rauchwolke. Vielleicht ist etwas nicht in Ordnung.« Motoren sind nicht mein Spezialgebiet, aber ich beruhigte sie. Falls der Wagen repariert werden müsse, würde ich ohne weiteres einen guten Mechaniker für sie finden.
»Gut, dann schauen wir mal, was los ist«, sagte der Mann im Rollstuhl glücklich und fuhr rasch auf die Haustür zu, unmittelbar gefolgt von den anderen. Ich staunte nicht schlecht, wie rasch sie sich trotz ihrer verschiedenen Beschwerden bewegten.
Draußen in der Garage aus Bambusrohr verlangte ich den Zündschlüssel und machte eine Probefahrt. Der gemietete Fiat lief tadellos, aus dem Auspuff kam kein schwarzer Qualm, und ein rotes Licht auf dem Armaturenbrett war auch nicht zu sehen. Verwundert fuhr ich zurück und bat den von der Gruppe ernannten Fahrer, auf dem Fahrersitz Platz zu nehmen und mit mir eine Proberunde ums Haus zu drehen. Es war der Mann, den ich im Liegestuhl angetroffen hatte. Er setzt sich ans Steuer, und los ging es. Dieses Mal fuhr das Auto tatsächlich langsam und hinterließ eine schwarze Wolke, während auf dem Armaturenbrett ein rotes Lämpchen wild blinkte. Nach wenigen Sekunden bemerkte ich auch den Geruch von verbranntem Gummi.
Ich sah sofort, dass er die Handbremse nicht gelöst hatte, und ich hatte den Eindruck, er hatte dies zuvor auch nicht getan. Wie weit waren sie so gefahren? Und wie lange hatten sie dafür gebraucht? Beunruhigt über das Risiko, dem sie sich ausgesetzt hatten, zeigte ich ihm die wichtigsten Schalthebel und Bedienknöpfe und erklärte ihm den korrekten Gebrauch der Handbremse.
Nachdem ich auch dieses Problem gelöst hatte – hervorragend, wie sie meinten -, begleitete ich alle zu meinem Kleinbus. Endlich konnten wir starten. Aber kaum waren wir beim Tor angelangt, als die Dame mit den dicken Brillengläsern rasch ins Haus zurückmusste, weil sie ihre Herztabletten vergessen hatte. Kaum saß sie wieder an ihrem Platz, meldete sich der Herr mit dem künstlichen Bein, der seinen Fotoapparat auf dem Küchentisch vergessen hatte. Ich
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