Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt
rief ich deshalb den Autovermieter an, um den Leihwagen zu stornieren, und fand einen Fahrer für die Gruppe, der sie begleiten würde, wohin sie wollten.
Die Männer schienen mit dieser Lösung zufrieden zu sein, aber im Laufe der nächsten Ausflugsetappe – im ersten der beiden Weinkeller – wandte sich Mirjana mitten in der Weinprobe an mich und trug mir auf, die Buchung des Fahrers rückgängig zu machen und den Leihwagen wieder zu bestellen. Etwas verwirrt tätigte ich die beiden Telefonanrufe und sagte der Gruppe danach, die Angestellten der Leihwagenfirma hätten sich freundlicherweise bereit erklärt, ins Büro zu kommen, um ihnen den Wagen auszuhändigen, obwohl dieser Tag ein nationaler Feiertag sei.
Nach dem Essen, in dessen Verlauf Mirjana sich weigerte, Wein zu trinken, dafür aber drei Diät-Cola leerte, besuchten wir einen Keramikladen, den sie unbedingt sehen wollte. (Ich zweifelte nicht daran, dass ihre Zeitschrift ihn empfohlen hatte.) Nachdem sie uns von unserem vorgesehenen Programm abgebracht und dorthin geschleppt hatte und nachdem sie sämtliche Gegenstände angefasst und die Angestellten des Geschäfts völlig aus der Fassung gebracht hatte, verließ sie den Ort, ohne etwas zu kaufen.
Unser nächstes Ziel war Castello di Brolio. Auf unserem Spaziergang rund um die beeindruckenden Mauern aus dem Mittelalter diskutierten die vier weiter über die Angelegenheit Positano. Als wir zu dem Punkt kamen, wo die Baumkronen eine atemberaubende Sicht auf die Chianti-Landschaft freigeben – einer der Höhepunkte meiner Ausflüge und ein Ausblick, der meinen Kunden immer wieder den Atem raubt -, ignorierte die Gruppe die Aussicht vollkommen und ersuchte mich stattdessen, den Mietwagen nochmals zu annullieren und den Fahrer zum zweiten Mal zu buchen. Mich störte diese Rücksichtslosigkeit den betroffenen Leuten gegenüber. Trotzdem führte ich die zwei unangenehmen Telefonate und sagte dann: »Bitte sehr, das war hoffentlich das letzte Mal!«
Nach dem Ausflug brachte ich sie zu dem Hotel, das sie für diese Nacht gebucht hatten, und fuhr dann wie besprochen zum vorhergehenden Hotel zurück, um das Gepäck zu holen. Ich war ziemlich gereizt und hatte das dringende Bedürfnis, mit jemandem über meine unangenehmen Erlebnisse zu sprechen, weshalb ich beim Portier eine Plauderpause einlegte. Er schien noch empörter zu sein als ich und beklagte sich: »Stellen Sie sich vor, sie haben die prächtigste Suite gebucht, die begehrteste, die mit den vier großen Fenstern und dem Rundum-Blick übers Land. Aber eine der beiden Frauen, die, die sich wie eine russische Matrone kleidet, war damit nicht zufrieden. Sie fand, die Suite sei zu hell. Wenn das nicht ein Raum ist, der jedermann begeistert, dann weiß ich auch nicht mehr!«
Ich tröstete den Ärmsten mit der Bemerkung, dass er sich wenigstens nicht länger mit der Gruppe herumschlagen müsse. Ich dagegen hätte sie noch für einen weiteren Tag. Dann bat ich ihn, mir ihr Gepäck zu geben. Er schmunzelte und brachte mich zu einem Lagerraum, der voll gestopft war mit Koffern, Taschen, Beautycases, Überseekoffern, Schachteln und weiteren Behältern in allen Größen und Formen. Ich nahm an, das sei der Gepäckaufbewahrungsraum des Hotels, und sagte: »Schön – und was davon gehört ihnen?«
»Alles!«, antwortete er mit einem hämischen Grinsen.
Vor Entsetzen war ich zu keiner Antwort mehr fähig.
Ich klappte die Sitze in meinem Bus hinunter und belud mit wissenschaftlicher Genauigkeit auch die hinterste Ecke. Es dauerte eine Weile, bis ich damit fertig war. Unterwegs zum neuen Hotel, dachte ich, dass diese Menge an Gepäck ohne weiteres für eine mehrjährige Weltreise ausreichen würde. Beim Hotel angekommen, stellte ich alles auf den Gehsteig, während das Hotelpersonal ungläubig zuschaute. Dann wollte ich den Angestellten am Empfang freundlich warnen, aber es war schon zu spät – sein bleiches, verstörtes Gesicht verriet mir, dass er bereits Bekanntschaft mit Mirjana gemacht hatte. Ich fuhr weg, glücklich, sie endlich losgeworden zu sein, aber schon den nächsten Tag fürchtend.
In der Nacht träumte ich, ich würde von Leuten mit merkwürdigen und unmöglichen Wünschen bestürmt. Während ich mich bemühte, die Wünsche zu erfüllen, hatten sie bereits neue Ideen und verlangten das genaue Gegenteil, etwas ebenso Merkwürdiges und Unmögliches. Ich erwachte, aber mir war klar, dass die Realität nicht anders sein würde.
Als ich beim Hotel
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