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Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt

Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt

Titel: Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dario Castagno
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oben auf der Rolltreppe in Richtung Paradies zu sein. Der Besuch dauerte etwa eine Stunde. In dieser Zeit vermittelte ich den Veseys einen kurzen geschichtlichen Überblick über den Weinbau in der Region, erzählte ihnen, wie der Chianti-Wein entsteht und mehr. Sie wirkten erstaunt über die Größe der Chromstahltanks und der Eichenfässer in den unterirdischen Kellern und verblüfft über die ausgeklügelte Abfüllanlage, die in einer Stunde tausende von Flaschen füllen, etikettieren und verkorken kann. Bei all dem Wein um uns herum konnten wir natürlich nicht widerstehen und mussten unbedingt etwas davon verkosten. Direkt von einem offenen Fass zapften wir für jeden von uns ein Glas ab. Nachdem wir diesen Nektar getrunken und den Weingott Bacchus gepriesen hatten, gingen wir zurück zum Auto.
    Das Mittagessen hatte ich in einer kleinen Trattoria in einem Dorf namens Fonterutoli geplant. Die Graue Katze gehört einem guten Freund von mir. Die Speisekarte bietet eine gute Auswahl, auch wenn die Dorfbewohner die Nase rümpfen, weil viele junge »Alternative« dort essen gehen. Als Vorspeise bestellten wir toskanische crostini. Danach wählte ich Nudeln mit Hasensauce, Mrs. Vesey eine Suppe aus Brot und Tomaten und Mr. Vesey feinste Spaghetti an einer ungewöhnlichen Zitronensauce. Wir begossen alles mit einem guten Chianti Classico. Für den Hauptgang einigten wir uns auf eine gemischte Platte mit Fleisch vom Grill, bestehend aus Schweinsrippen, Huhn und Würstchen, zu der wir einen robusten einheimischen Wein namens Concerto tranken, der in den Weinbergen rund um das Restaurant angebaut wird. Zum Schluss tunkten wir cantuccini – trockene toskanische Kekse – in einen süßen Vin Santo. Nach dem Kaffee bot uns der Wirt eine Runde Grappa an, die wir freudig annahmen.
    Erfrischt und zufrieden bezahlte ich die Rechnung und begleitete meine Gäste aus dem winzig kleinen Restaurant hinaus, um unsere Fahrt fortzusetzen. Unser nächster Halt war in einem kleinen Weingut in Radda, das einem Italiener gehört, aber von einem Deutschen geleitet wird. Das Gut liegt auf einer Hügelkuppe und ist wirklich prachtvoll. Sowohl das Haus als auch der Weinkeller sind sehr schön restauriert worden. Jedes Detail stimmt peinlich genau. Kein Grashalm tanzt aus der Reihe. Der Hauptgrund unseres Kommens war der Besuch im Privatmuseum des Eigentümers mit einer Sammlung alter Gegenstände, Werkzeug und Kuriositäten aus der Welt der Bauern von einst. Hier klappte leider nicht alles, wie ich es gehofft hatte. Obwohl ich es vorher genau abgemacht hatte, ließ man uns nicht ins Museum, sondern nutzte meine Anwesenheit, um mir einen ganzen Reisebus deutscher Touristen aufzuhalsen, die alle irgendwelche Auskünfte von mir wollten. Meine Kunden waren natürlich weder erfreut über diese Anmaßung noch über den misslungenen Versuch, das Museum zu besuchen. Als wir aber später direkt aus den herrlichen Eichenfässern, die im Alterungskeller an den Wänden standen, ein paar ausgezeichnete Rotweine verkosteten, verflog ihr Ärger unter der beruhigenden Wirkung des Weins.
    Mr. Vesey kaufte sogar ein paar Flaschen, und bei dieser Gelegenheit sah ich bei einem zufälligen Blick auf den Inhalt seiner Brieftasche, dass er gar nicht Mr. Vesey war, sondern Lord Vesey. Ich war recht froh, dass ich das nicht schon früher gewusst hatte. Das Lampenfieber wegen meinen ersten Kunden wäre noch unerträglicher gewesen.
    Auf der Rückfahrt nach Florenz schlief Lord Vesey ein. Er war inzwischen vollkommen betrunken. Sein Kopf lag auf der Schulter seiner Frau, und er begann laut zu schnarchen. Lady Vesey hätte es ihm bestimmt gerne gleichgetan, aber sie bewahrte standhaft Haltung und blieb während der ganzen Fahrt hellwach.
    Gegen fünf Uhr nachmittags waren wir wieder im Hotel zurück. Sie bestanden darauf, dass ich mit ihnen an der Hotelbar ein Glas Bier trank, und als wir uns setzten, sagten sie, wie wunderschön der Tag gewesen sei. Sie glaubten, in ein paar Jahren würde ich eine ganze Flotte Minibusse brauchen, um allen Anfragen für Ausflüge ins Chianti-Gebiet nachzukommen. Ich würde dann bequem in einem Büro sitzen und alles leiten. Ich fühlte mich sehr geschmeichelt, war aber gleichzeitig auch etwas verlegen. Aber Sie können sich nicht vorstellen, wie rot ich anlief, als sie darauf bestanden, den Hoteldirektor rufen zu lassen, damit er meine Dienste weiteren Gästen empfehle. Sie überreichten mir ihr Visitenkärtchen, luden mich ein, sie in

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