Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt
London zu besuchen, und gaben mir ein großzügiges Trinkgeld.
Auf der Heimfahrt war ich selig. Nicht einmal der unvermeidliche Stau in Florenz dämpfte meine Stimmung. Ich fing an zu schreien – ein unartikuliertes tierisches Gebrüll, mit dem ich meiner großen Freude und der Aufregung dieses ersten Tages Luft machte. Die nicht zu vernachlässigende Menge Alkohol, die ich mir einverleibt hatte, trug wohl auch dazu bei.
»Ich hab’s geschafft, ich hab’s geschafft!«, schrie ich überglücklich. »Ich werde Millionen verdienen!«
Später, als ich zu Hause war, zählte ich die Ausgaben zusammen und verglich sie mit meinem Honorar. Welcher Schock! Nach Abzug der Benzinkosten, der Rechnung für das Mittagessen, der Getränke und der Steuern war ich um etwa hundert Dollar in den roten Zahlen – trotz des großzügigen Trinkgeldes. Ich konnte nicht verstehen, wie das möglich war, und rechnete dreimal nach, in der Hoffnung, auf einen Fehler zu stoßen. Jedes Mal war das Ergebnis dasselbe.
Rasch wurde ich mir der Schwierigkeiten bewusst, die mit der Durchführung eines Ausflugs in der Art des heute unternommenen verbunden waren. Und es war mehr als nur die finanzielle Seite zu berücksichtigen: Wenn ich zwei Personen für den größeren Teil eines Tages unterhalten wollte und das damit verbundene Essen, Trinken und Rauchen einkalkulierte, würde ich außer meinen Finanzen auch meine Gesundheit ruinieren. Wahrscheinlich war es besser, den Ausflug nochmals zu überdenken und die Weinverkostungen durch ein paar zusätzliche geschichtliche Stopps zu reduzieren.
Wie sich herausstellte, hatte ich mehr als genug Zeit, die Sache nochmals zu überdenken, weil die Veseys in jener Saison die einzigen Kunden von Chianti-Rooster Tours blieben. Für den Rest des Jahres hielt ich mich mit den verschiedensten Tätigkeiten über Wasser. Ich arbeitete als Maurer, Kellner, Weintraubenpflücker. Ich gab sogar Kindern Englischunterricht. Aber nie ließ ich meinen Traum fallen, und jedes Mal, wenn ich ein neues Hotel entdeckte, gab ich dort einen Stapel von meinen Broschüren ab. Dank den Veseys und ihren freundlichen Worten war ich entschlossener denn je weiterzumachen.
Juli und der Palio
Sonnenschein! Zeit für lange, beschauliche Meditationen im Garten, während die Natur vor unseren Augen eine Komödie inszeniert. Eidechsen überall, jede einzelne mit ihrem eigenen kleinen Jagdrevier. In der lähmenden Stille beginnen plötzlich zwei miteinander zu streiten. Der Streit steigert sich zu einem Kampf auf Leben und Tod – aber da lenkt ein Geräusch sie ab, und beide verschwinden in entgegengesetzter Richtung. Ein Schmetterlingspaar tanzt in der Luft, so leicht und elegant, dass es schwer fällt, sich sein früheres Leben als plumpe Raupen vorzustellen. Eine andere Eidechse wird von einer Schlange verfolgt. Beide sind zu beschäftigt und bemerken meine Gegenwart nicht. Ich beobachte, wie sie hinter ein paar Stockrosen verschwinden, und sorge mich um das Schicksal der Eidechse – es ist nur natürlich, dass ich für den Schwächeren Partei ergreife. Dann erscheint eine riesige grün-gelbe Echse, nur kurz, als ob sie hier eine königliche Visite abstattete. Sie glänzt vor reptilischer Selbstsicherheit und ist sich ihrer ungewöhnlichen Schönheit bewusst. Nicht weit davon entfernt versucht eine große Schlange, in eine winzig kleine Mauerritze zu schlüpfen. Das zu schaffen scheint unmöglich zu sein. Aber sie zwängt sich Zentimeter um Zentimeter hinein, bis sie ganz verschwunden ist. Komisch, genau dort haben schon viele meiner Gäste gesessen! Ein letzter Blick gilt den Ameisen. Sie tragen gleichgültig riesige Lasten auf ihren hageren Schultern – ein Beispiel für ein ganz der freudlosen Pflicht gewidmetes Leben! Aber jetzt fallen mir die Augenlider zu, und der Schlaf übermannt mich, denn im Juli ist die Siesta im Chianti eine Lebensnotwendigkeit.
Mitten in der Nacht weckt mich das Telefon. Noch halb im Schlaf ergreife ich den Hörer und vernehme eine energische Stimme: »Hallo, spreche ich mit Dario?«
»Ja, am Apparat!«, antworte ich und befreie mich aus Morpheus’ Armen.
Der Mann hat einen näselnden Texanerakzent und ist sich offensichtlich des Zeitunterschiedes nicht bewusst. »Hören Sie, Dario, könnten Sie für meine Frau einen Mini-Palio organisieren? Wir kommen nicht sehr lange nach Italien und können deshalb den richtigen nicht sehen. Aber wissen Sie, meine Frau ist eine richtige Pferdenärrin.«
In
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