Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt
wir das hübsche Dorf Panzano. Hier verließ ich die Hauptstraße und fuhr auf einer meiner geliebten »weißen Straßen« weiter. Während wir langsam durch die Landschaft kutschierten, erfreute ich meine Kunden mit sämtlichen geschichtlichen, geografischen und weinkundlichen Einzelheiten, die mir über die Gegend in den Sinn kamen, in einem so autoritativen Redefluss, dass ich vor mir selbst Respekt bekam. Mrs. Vesey war besonders beeindruckt von den vielen Feldblumen, die sie durch die makellosen sauberen Scheiben erblickte, besonders von den Mohnblumen, die so aussahen, als stammten sie direkt aus einem Gemälde von Van Gogh.
Als wir die Provinzgrenze überquerten, sagte ich mit einem Zwinkern, dass wir jetzt in Sicherheit seien, weil wir nun das feindliche Gebiet verlassen hätten und uns im sienesischen Chianti befänden. Nach ein paar weiteren Kilometern auf dieser Panoramastraße, die durch dichte Tannen- und Kastanienwälder führt, erreichten wir das Dörfchen Volpaia mit etwa fünfzig Einwohnern und ungefähr dreißig Hunden. Im Mittelalter stand hier eine Festung, und erst viel später, nachdem Florenz und Siena 1555 endlich Frieden geschlossen hatten, wurde daraus ein Dorf. Seine militärische Prägung aber mit seinen massiven Steinbauten und dem großen Turm, der wachsam nach Süden ausgerichtet ist, hat Volpaia behalten.
Volpaia ist vor allem wegen seines berühmten Weinkellers bekannt, dessen Betriebslokale über das ganze Dorf verstreut sind. In allen Gebäuden wird praktisch jeder zweite Raum im Erdgeschoss als Lagerraum, Büro oder sonst wie betrieblich genutzt. Nach einem kurzen Spaziergang, auf dem ich die Geschichte der Gegend mit der Genauigkeit eines Gelehrten aufzeichnete, setzten wir uns in die einzige Bar des Dorfes und genehmigten uns zur Erfrischung einen Campari mit Gin.
Zurück im Wagen, fuhren wir vom Hügel hinunter ins Tal und schwenkten in ein weiteres meiner Geheimsträßchen ein. Es führte uns durch einen Akazienwald, und so waren die Veseys die ersten Gäste, die ich zu den Etruskergräbern begleitete, welche sich in einem kleinen Hügel befinden, versteckt in einem Zypressenwäldchen. Die vier Gräber aus der Zeit um 700 v. Chr. sind erst vor kurzem entdeckt worden und haben uns zusätzliche Informationen über das Volk geliefert, das wir als die Begründer unserer toskanischen Zivilisation betrachten.
Alles verlief reibungslos. Meine beiden Kunden schienen bis jetzt vom Ausflug begeistert zu sein, vielleicht auch wegen meiner Jugend, meiner Schüchternheit und meiner außerordentlich respektvollen Haltung. Ich benahm mich eher wie ein Page des Buckingham-Palasts als wie ein Reisebegleiter. Ich hätte sehr wohl bei jedem Halt einen roten Teppich ausrollen können.
Unser nächstes Ziel war das Weingut, auf dem ich sieben Jahre lang gearbeitet hatte. Ich war etwas nervös, dort in meiner neuen Rolle als Touristenführer aufzutauchen. So wand ich mich förmlich unter dem Grinsen und den spöttischen Bemerkungen meiner früheren Kollegen, die mich beobachteten, wie ich dieses Ehepaar aus der britischen Oberschicht durch den Betrieb führte. Ich konnte mir die hinter meinem Rücken geäußerten Kommentare lebhaft vorstellen.
Trotzdem kann ich der Familie Cecchi nie genug dafür danken, dass sie mir ihre Tür geöffnet hat. Weinkeller stehen in Italien normalerweise nicht für Besucher offen, wie das in Frankreich oder Kalifornien der Fall ist. Weil ich aber so lange für sie gearbeitet hatte und weil ich mit der Familie befreundet bin, gewähren sie mir freundlicherweise dieses großzügige Privileg.
Die Kellerei Cecchi wurde 1893 gegründet und ist ein gutes Beispiel für ein Familienunternehmen, das mit Erfolg seit mehreren Generationen vom Vater auf den Sohn weitervererbt wird. Ursprünglich verkaufte der Betrieb große Mengen offenen Wein, doch im Laufe der Jahre ist das Unternehmen gewachsen und hat seine Produktion ausgebaut, immer darauf bedacht, mit der Zeit zu gehen. Heute werden Millionen von Flaschen qualitativ hochwertigen Weins gemäß den modernsten Vinifikationsmethoden produziert, in technisch hoch entwickelten Abfüllanlagen verpackt und in die ganze Welt exportiert.
Trotz des sardonischen Lachens war meine Rückkehr als Außenstehender in das Gebäude, in dem ich seit meinem fünfzehnten Lebensjahr gearbeitet hatte, ein süßer Sieg. Der Abschied von meinem Leben als Arbeiter schien nicht mehr ein sozialer Abstieg, sondern vielmehr ein erster Schritt nach
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