Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt
Eindringlinge nicht sehr freundlich reagieren.
An einem sehr heißen Augustnachmittag – so heiß, dass man schwitzt, auch wenn man regungslos daliegt – saß ich draußen in meinem Garten und las. Es war ein besonders feuchter Tag, und dichter Dunst hing über dem Tal und verwehrte die Sicht auf den Monte Abetone, die Türme von San Gimignano und sogar auf die nahen Hügelkuppen der Montagnola Senese. Ich war schläfrig und kurz davor einzunicken, als das Telefon klingelte und die Faxmaschine begann, eine Meldung auszudrucken. Eine amerikanische Dame ersuchte um meine Dienste im Monat September. Ich antwortete umgehend und übermittelte ihr ein Programm, das ihrer Anfrage ganz hervorragend zu entsprechen schien: Besuche im Chianti-Gebiet, in Siena, in der Crete-Gegend und in Montalcino. Für mich war es eine angenehme dreitägige Angelegenheit, vom Augenblick ihrer Abholung in Florenz bis zu der Stunde, da ich sie für die Weiterfahrt nach Rom am Bahnhof abliefern würde.
Ecco – alles geregelt! Ich kehrte zu meinem Liegestuhl zurück, um in Gesellschaft meines Buches weiterzuschwitzen. Es dauerte keine halbe Stunde, bevor die Faxmaschine erneut zu summen begann. Die Dame war einverstanden, und die Sache war besiegelt! Wenn es nur immer so einfach wäre, die Kunden zufrieden zu stellen!, dachte ich vergnügt und trug die Daten in meinen Kalender ein.
Besagter Tag kam, und ich fuhr zu einem sehr eleganten Hotel in Florenz, um meine neue Kundin und ihren Mann abzuholen. Wie immer trug ich ein Paar Jeans und ein weißes Hemd, und als ich meinen staubigen Kleinbus neben den unvermeidlichen Luxuslimousinen abstellte, hatte ich den Eindruck, auf den Gesichtern der Fahrer in ihren zugeknöpften Livreen einen Anflug von Neid zu entdecken.
Vor dem Hotel war ein Herr mit einem dieser Fahrer in eine Auseinandersetzung verwickelt. »Ich habe Ihre Dienste nie bestellt!«, sagte der Herr auf Englisch, während der Fahrer ihm hilflos ein Blatt Papier vor die Augen hielt und antwortete: »Aber ich habe hier eine Buchung Ihres amerikanischen Reisebüros!«
»Nein«, beharrte der Tourist unwirsch, »ich habe einen anderen Dienst bestellt!«
Da ich mehrere Minuten zu früh war, vertrieb ich mir die Zeit mit Zuhören. Die Auseinandersetzung artete bald zu einem lauten Geschrei aus. Der Fahrer wollte für seine Dienste bezahlt werden, weil er zu der späten Stunde keinen anderen Kunden für diesen Tag finden konnte, aber der Amerikaner hatte keine Absicht, ihm auch nur einen Cent zu geben.
Schließlich sagte der Tourist: »Ich brauche weder Sie noch Ihr Vehikel. Ich warte auf einen Fremdenführer, der uns in seinem Auto herumfahren wird. Er heißt Dario, und wir haben die Sache vor mehr als einem Monat abgemacht. « Sobald ich meinen Namen hörte, trat ich näher und stellte mich vorsichtig vor.
»Da sind Sie ja!«, rief der Tourist aus, froh, dass ich gekommen war, um die Richtigkeit seiner Aussage zu beweisen. Bei dem Missverständnis schien es sich also um einen einfachen Buchungsfehler zu handeln, und der Fahrer zog schnell ab. Zweifellos würde er versuchen, von seiner Agentur eine Entschädigung zu erhalten.
Mein neuer Kunde, Mr. Mawson, war ein Mann um die sechzig, eher klein und, so kam es mir vor, sehr aufgeregt – so sehr, dass er seine Nervosität auf seine Umgebung zu übertragen schien. Er bewegte sich in plötzlichen, abgehackten Bewegungen und blickte immer wieder verstohlen auf seine Uhr. Es wurde mir klar, dass dieses übertriebene Kontrollieren der Uhrzeit eine Art nervöser Tic war, der mich während unseres ganzen Ausflugs verfolgen würde.
Ein paar Minuten später erschien seine Frau. Sie war eine auffallende Dame, elegant und gepflegt und ganz anders als ihr Mann, weil sie vollkommen selbstsicher und gelassen wirkte. Wie ihr Mann war auch sie eher für eine Cocktailparty gekleidet als für einen Ausflug aufs Land, aber daran hatte ich mich inzwischen gewöhnt.
Ich begleitete die beiden zum Wagen und begann mit unserem gemeinsam festgelegten Programm für den ersten Tag: eine Fahrt durch die Chianti-Gegend bis nach Siena. Mr. Mawson begann sofort, mich mit Fragen zu bombardieren. Wann würden wir in Siena ankommen? Wie lange dauerte es bis zu unserem ersten Halt? Wann genau war das Mittagessen vorgesehen? Bei jeder Antwort wirbelte er sein Handgelenk herum und schaute auf die Armbanduhr. Weil ihn die Zeit so stark beschäftigte, fragte ich mich, ob er in Siena irgendeine wichtige Vereinbarung hatte
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