Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt
ist die lokale Bank.
Als wir an jenem Abend den Wagen vor dem Stadion parkten, fielen meinen beiden Gästen Brian und Paul sofort zwei Dinge auf: der ungeheure Lärm, der vom Stadion nach draußen drang, und die Polizisten in Krawallschutzausrüstung, die fünf Busladungen von Fans aus Bologna durch die Eingänge schleusten. Wir wurden am Eingang nach Waffen abgetastet und gingen dann zu unseren Sitzplätzen. Nachdem wir Platz genommen hatten, zeigte ich auf den Sektor, der für die Fans der Gastmannschaft reserviert ist – ein regelrechter Käfig mit Metallstangen rund herum. Er stand noch leer. Ich erklärte, dass die Polizei den Leuten aus Bologna erst ein paar Minuten vor Spielbeginn erlauben würde, ihre Plätze einzunehmen. Die Tribünen fassen ungefähr sechstausend Zuschauer. Bei Spielbeginn waren sie zum Bersten voll mit rasenden Fans, darunter Teenager aus Siena, die eine Reihe choreografisch eindrucksvoller Vorführungen einstudiert hatten, inklusive gefärbtem Rauch und Sprechchören mit beleidigenden Sprüchen an die Adresse der Bologna-Anhänger.
Brian und Paul waren nicht schlecht erstaunt über das herrschende Durcheinander, und ihr Erstaunen wuchs, als sie zwei ehemalige NBA-Größen entdeckten: Dominic Wilkins und Doc Rivers, die jetzt für Bologna spielten. Als am Lautsprecher der Einmarsch der Mannschaft von Siena aufs Spielfeld angesagt wurde, brach die Seite von Bologna in einen ohrenbetäubenden Trommel- und Trompetenradau aus. Dann drehten sie uns den Rücken zu, zogen die Hosen herunter und zeigten uns ihre nackten Allerwertesten.
Anfangs waren Brian und Paul darüber belustigt. Wie beleidigend diese Geste war, verstanden sie erst, als sich die Fans von Siena mit lautem Wutgeheul auf den Besucherkäfig stürzten, obszöne Bemerkungen machten und durch die Käfiggitterstäbe spuckten.
Das Spiel begann. Jedes Mal, wenn der Schiedsrichter die Sienesen strafte, wurden wütend Gegenstände aller Art auf das Spielfeld geschleudert. Meine Gäste trauten ihren Augen nicht. Sie waren an das hoch anständige Benehmen amerikanischer Fans gewöhnt, die das Spiel völlig entspannt genießen, Popcorn essen und ihren Sitzplatz nur verlassen, um aufs WC oder zum Kiosk zu gehen. Niemals würde sich einer von ihnen erheben, um ein wütendes Geheul in Richtung Spielfeld von sich zu geben. Die italienischen Fans mussten auf sie wie Halbwilde wirken. Als bei der nächsten umstrittenen Entscheidung das Spiel vorübergehend unterbrochen werden musste, weil mehrere Hitzköpfe auf das Spielfeld gesprungen waren, waren Brian und Paul richtiggehend entsetzt. Zum Glück verstanden sie kein Wort Italienisch, sodass wenigstens die Beschimpfungen und beleidigenden Gesänge nur wie Hintergrundlärm auf sie wirkten.
Es war nicht so sehr die Qualität des Spiels, die sie beeindruckte und das weniger spektakulär war, als sie es von den NBA-Spielen gewohnt waren, was sie faszinierte, war das Spektakel, das die beiden gegnerischen Fan-Gemeinden veranstalteten, mit dem pausenlosen Getrommel und den wüsten Liedern. Die Seite der Sienesen erinnerte an einen aufgebrachten Bienenstock mit wütenden grün-weißen Fans, der Käfig der Bolognesen an einen brodelnden Kessel von schwarz-weißen Asozialen. Ich versuchte, meinen Gästen zu erklären, dass in Italien nur das Resultat zählt, was nicht selten jede Aussicht auf ein abwechslungsreiches Spiel von vornherein zunichte macht – anders als in den USA, wo Geschicklichkeit und Eleganz eines einzelnen Spielers die Anhänger seiner Mannschaft in Begeisterung versetzen können, sogar im Fall einer Niederlage.
Das Spiel war zugegebenermaßen aufregend und sehr knapp. Drei Sekunden vor dem Ende lag Siena mit zwei Punkten in Führung und hatte den Ball. Der Sieg schien sicher zu sein. Aber ein unglaublicher Wurf verhalf Bologna im allerletzten Augenblick zum entscheidenden Ergebnis. Die Sienesen, die schon aufgestanden waren und freudig eine in der Stadt oft angestimmte Hymne mit dem Titel »Verbena« sangen, verstummten jäh, während die Bolognesen in ein Freudengeschrei ausbrachen und begannen, die Fans der Heimmannschaft wegen dieser Niederlage im letzten Augenblick zu verhöhnen.
Und dann war die Hölle los. Eine Gruppe von Sienesen sprang aufs Spielfeld, jagte hinter dem armen Schiedsrichter her und beschuldigte ihn, dass er den letzten Wurf anerkannt habe, als das Spiel schon vorbei gewesen sei. Eine weitere Gruppe rasender Fans stürmte hinter der sich zurückziehenden
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