Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt
illegal sind und die Männer mit der Mandoline unter dem Arm und einer Maultrommel in der Westentasche umherziehen.
Diesen Hang zur Verallgemeinerung haben wir alle, und ich gebe zu, dass auch ich nicht dagegen gefeit bin. Für mich ist daraus beinahe ein Spiel geworden. Wenn ich neue Kunden kennen lerne, versuche ich sofort, sie in eine der Kategorien oder »Typen« einzureihen, die mir inzwischen so geläufig geworden sind:
1) Normale Leute. Glücklicherweise umfasst diese Kategorie die meisten meiner Kunden. Normale Leute sind immer pünktlich, kleiden sich dem Programm entsprechend, stellen die richtigen Fragen im richtigen Augenblick, essen und trinken genüsslich, amüsieren sich und bleiben oft Freunde. Komisch, bei Ausflügen mit diesen Kunden scheint immer die Sonne, und es geschieht nie etwas Unangenehmes.
2) Die Gespenster. Auch sie passen sich sofort an und verursachen keine Probleme, aber im Gegensatz zu den normalen Leuten hinterlassen sie keine Spuren. Sie sind so anonym, dass ich ihre Gesichter fast augenblicklich vergesse und sie für immer aus meinem Leben verschwinden, sobald ich sie in ihr Hotel zurückgebracht habe. Im Allgemeinen sind sie sehr schweigsam.
3) Die Kulturbeflissenen. Die Angehörigen dieser Kategorie sind unglaublich ehrgeizig. Sie brennen darauf, jede einzelne Geschichte zu kennen, alles zu sehen und anzufassen. Sie haben immer einen gedruckten Reiseführer zur Hand, damit sie kontrollieren können, wo wir sind und was wir tun. Für sie ist der Ausflug eine Herausforderung, möglichst viel in möglichst kurzer Zeit zu erleben. Um das zu erreichen, stellen sie die unglaublichsten Programme auf, worin sie Siena, Florenz und San Gimignano am gleichen Tag besichtigen wollen, nur mit einer Pause für das Mittagessen. Sie zwingen sich unglaubliche Marathontage auf, die verheerend enden, weil sie nach Hause fahren, ohne sich an irgendetwas zu erinnern.
4) Die » Babs 1 « . Hier benötige ich ein paar Zeilen mehr. Diese Kategorie ist wahrscheinlich die unterhaltsamste, auch wenn sie mich am meisten anstrengt. Die Kategorie besteht aus Frauen, die zusammen mit anderen Frauen reisen – Freundinnen, Müttern, Töchtern, Großmüttern, Enkelinnen -, aber immer ohne Männer. Im Allgemeinen sprechen wir von gut situierten Damen, deren Ehemänner oder Väter zu Hause geblieben sind, aber mehrere Kreditkarten ohne Limit auf die Reise mitgegeben haben. Im täglichen Leben beschäftigen sich diese Damen vor allem mit Einkaufen, Golfen, Tennis spielen, Einkaufen, Tee und Kaffee trinken mit Freunden, Modezeitschriften anschauen und Einkaufen. Wenn man Golf, Tennis und die Tee- und Kaffeekränzchen ausklammert, bleiben den Frauen in Italien nur zwei Beschäftigungen: sich mit den letzten Neuigkeiten der italienischen Modehäuser vertraut zu machen und dann die Garderobe für die kommende Saison zu erneuern. Sie wissen über jede einzelne Seite jeder einzelnen Modezeitschrift bestens Bescheid. Die Schnitte, Farben, Maquillage der Herbst-Winter-Kollektionen sind für sie kein Geheimnis mehr. Cremes und Fältchen glättende Produkte sind ihr tägliches Brot. Und trotzdem! Wenn man sie anschaut, würde man denken, dass sie die Bedeutung des Wortes Stil nicht verstanden haben. Sie kopieren sklavisch, was sie an den schlanken, kaum zwanzigjährigen Models gesehen haben, ohne Rücksicht auf ihr reiferes Alter und die fülligere Figur. Sie tragen starre Frisuren, die vom vielen Haarspray klebrig sind wie Zuckerwatte. Sie streichen Kleister auf ihre Wimpern, verstecken ihr Gesicht unter Puderschichten und bemalen ihre langen Fingernägel mit schreiend rosarotem Lack.
Zur Vermeidung unnötiger Unannehmlichkeiten rufe ich meine Kunden jeweils am Abend vor einem Ausflug an und rate ihnen, sich für den nächsten Tag bequem zu kleiden. Bei den Babs ist das sinnlos. Am Morgen muss ich immer eine halbe Stunde auf die Damen warten und weiß, dass – wenn sie endlich erscheinen – sie so gekleidet sind, dass sie eine Vorstellung am Trapez geben könnten. Ihre Lieblingsbekleidung, oder zumindest das, was sie als die geeignetste Bekleidung für einen Ausflug aufs Land betrachten, besteht aus einer hautengen Hose mit einem Wildkatzenmuster, einer glänzenden Bluse, Schuhen mit Stilettoabsätzen, einer winzig kleinen, total voll gestopften Handtasche und viel Goldschmuck, so groß, dass er unecht wirkt.
Weil ich sie so oft ohne Ehemann sehe, habe ich zwei Theorien entwickelt:
1) Der Ehemann ist ein
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