Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt
»ist es kein so großes Opfer, sich von einem hübschen, jungen Mädchen bemuttern zu lassen. Ich weiß, dass ich etwas lächerlich wirken muss, aber hier kennt mich ohnehin niemand!«
Ich hatte immer noch den Eindruck, nur die halbe Geschichte zu kennen. Ich suchte nach einer höflichen Frage, um herauszufinden, ob Weezie ein Spiel mit ihm spiele oder ob sie tatsächlich total verrückt sei, als ich bemerkte, dass die zwei Kanadier vor uns immer aufgeregter wurden. Sie lehnten sich ins Schalterfenster und fragten: »Ist das ein Tiai?« Der arme Staatsangestellte zuckte die Achseln und gestikulierte, um zu zeigen, dass er keine Ahnung hatte, was sie wollten. Statt die Frage anders zu formulieren, wiederholten die Burschen eindringlicher: »Ist – das – ein – TIAI?« Nach dem fünften Versuch verlor der Fahrkartenverkäufer die Geduld und forderte sie mit einer deutlichen Handbewegung auf weiterzugehen. Die Burschen protestierten sofort. Um weiteren Ärger zu verhindern, beschloss ich einzugreifen. Sie waren froh, dass jemand ihnen zu Hilfe kam, und fragten mich, ob dies ein »Tiai« sei. Ich sagte ihnen, ich wisse nicht, was das bedeute. Sie seufzten ergeben und sagten »Tourist Information!«
Es dauerte einen Augenblick, bis ich kapierte, dass sie »T.I.« gesagt hatten. Verblüfft rief ich aus: »Nein, es ist ein T.O.« Sie schauten mich verständnislos an. »Ein Ticket Office«, knurrte ich.
Dann fragte ich, was sie eigentlich wollten.
»Zwei Fahrkarten nach Pisa.«
»Warum habt ihr das nicht einfach gesagt, statt den armen Angestellten mit dieser dummen Abkürzung zu verwirren?«
Sie zuckten die Achseln, und ihre Gesichter verdunkelten sich vor angestrengtem Überlegen. Ich dachte, wie ausgezeichnet sie nach Pisa passen würden, wenn sie einmal dort ankämen.
Genau in diesem Augenblick fuhr ein Taxi vor dem Bahnhof vor. Die hintere Tür flog auf, und Weezie hüpfte heraus. Offensichtlich beunruhigt, weil wir seit über einer halben Stunde verschwunden waren, rannte sie in die Bahnhofshalle. Handtasche und Haare flatterten hinter ihr. Kaum hatte sie uns erreicht, packte sie mich am Arm und zog mich zur Seite.
Als Chet uns nicht mehr hören konnte, sagte sie mit leiser Stimme zu mir: »Entschuldigen Sie bitte, Danielo, ich hätte Sie nicht in diese Sache hereinziehen dürfen! Ich schwöre, ich kann mich auf den Jungen nie verlassen! Wer weiß, was für ein Durcheinander er beim Niederschreiben der Abfahrtszeiten angerichtet hat. Es ist besser, ich kümmere mich selbst darum!«
Es war an diesem Abend, als ich beim Überdenken der Erlebnisse des Tages das erste Mal daran dachte, ein Buch zu schreiben.
Alles über »Babs«
Ich war noch nie in den USA – bitte fragen Sie mich nicht nach dem Grund, ich habe keinen -, deshalb sind meine Begegnungen mit meinen amerikanischen Kunden die einzige Konfrontation mit den sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Verhältnissen dieses Landes. Natürlich liefern die Amerikaner, mit denen ich zu tun habe, mir kein vollständiges Bild, weil sie meistens der gehobenen Mittelschicht angehören. Sie sind privilegiert, vermögend und relativ gebildet. Und weil viele von ihnen auf Empfehlung früherer Kunden kommen, gehören sie häufig den gleichen sozialen und beruflichen Kreisen an und stammen aus derselben Stadt. Die meisten meiner Kunden aus Chicago sind Juden. Die meisten aus Washington sind Rechtsanwälte; die aus New York sind Bankiers und die aus Los Angeles Journalisten. Für mich ist Birmingham eine Stadt voller junger Leute, während in Memphis vor allem ältere Menschen wohnen.
Auf der anderen Seite trage auch ich zum oft verzerrten Bild bei, das sich meine Kunden von Italien machen. Das amerikanische Italienbild stammt vor allem aus den Filmen der Fünfzigerjahre, die meistens in einem sinnlichen, rückständigen Süditalien spielen. Wenn ich mich vorstelle, sehe ich häufig, wie meine Kunden mich mit weit aufgerissenen Augen mustern, bestimmt, weil ich blond und blauäugig bin. Sie erwarten natürlich einen kleinen Schwarzhaarigen, möglicherweise mit einem schönen Schnurrbart im Picciotto-Stil, wie aus dem Film Der Pate. Wenn sie dann noch herausfinden, dass ich kein Katholik bin, nicht aus einer großen Familie stamme und mit einer Frau zusammenlebe, ohne mit ihr verheiratet zu sein, sind sie normalerweise stumm vor Staunen. Viele glauben noch immer, Italien sei ein Land, in dem alle zur Messe gehen, Ehen ewig halten, Abtreibungen noch immer
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