Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)
alldem, was ich ihr und Sam angetan habe.«
»Was hast du denn getan?« Caitlyn behielt die Hand an der Waffe. Sie mochte Hal wirklich, aber wenn er Sam umgebracht haben sollte, dann musste sie ihn festnehmen, ob es ihr nun passte oder nicht. »Hal, warst du da oben auf dem Berg, als Sam starb?«
Zu ihrer Überraschung wandte er sich ab und lachte verächtlich. »Das dachte ich eigentlich. Was zeigt, wie hinüber ich war, nachdem Lily gestorben war. Das war der letzte Tag, an dem ich etwas genommen habe. Ich habe aufgehört. Kalter Entzug. Konnte den Gedanken daran, was ich getan hatte, nicht ertragen, nachdem ich gesehen hatte, welchen Preis Sarah dafür hatte zahlen müssen. Gott, ich war so dämlich!« Er ließ den Kopf hängen und fuhr sich durch die Haare.
Er hatte ohne fremde Hilfe mit dem Meth aufgehört? Diese Willensstärke besaßen nicht viele Menschen. Wenn es stimmte, was er sagte. Aber davon ging sie aus. Endlich war er ehrlich. »Erzähl mir alles!«
»Es war Richlands Schuld – nein, das nehme ich zurück. Niemand außer mir selbst ist dafür verantwortlich. Ich hatte zwei Nächte durchgearbeitet und morgens einen Termin bei der Bank gehabt, meine letzte Chance, das Haus zu retten, alles, was mir noch von Lily geblieben war. Also habe ich was genommen. Nur um wach zu bleiben. Zum letzten Mal, das hatte ich mir geschworen.« Er schnaubte verächtlich, denn sie wussten beide, was die Versprechungen eines Junkies wert waren.
»Die Bank hat nicht mit sich reden lassen, es war klar, dass ich das Haus verlieren würde. Ich war auf dem Weg nach Hause – die letzte Nacht, die ich in meinem eigenen Heim verbringen würde, in dem ich aufgewachsen war und mit Lily gelebt hatte, bevor der Sheriff mit dem Räumungsbefehl vor der Tür stehen würde. Unterwegs hielt Sam mich an. Erzählte mir von so einem Kerl, der wohl Fotos von Josh gemacht hatte.«
»Der Teil stimmt also. Damian Wright hatte es tatsächlich auf Josh abgesehen.«
Er nickte. »Ich hatte von den Morden an diesen Jungs gehört, also rief ich direkt beim FBI in Albany an. Sie haben mich zur Hotline der entsprechenden Taskforce durchgestellt, und denen habe ich gesagt, was Sam mir erzählt hatte, aber das schien niemanden groß zu interessieren. Für die war ich anscheinend nur ein weiterer hinterwäldlerischer Polizist, der sich wichtigmachen wollte.«
Caitlyn schloss gedanklich die Lücken. »So erfuhr Logan von Sam. Bei der Taskforce sind jeden Tag Hunderte Anrufe eingegangen. Die Identität der Anrufer wurde anhand des Führerscheins überprüft und archiviert. Logan muss auf das Foto von Sams Führerschein gestoßen sein und hat ihn wiedererkannt.«
Hal zuckte mit den Achseln, dann ließ er die Schultern sinken. »Ich weiß nur, dass mein Tag schon beschissen genug gewesen war, und die Vorstellung, dass jetzt auch noch so ein kranker Perversling in meine Stadt gekommen war und dachte, er könnte hier unbehelligt sein Unwesen treiben – ich glaube, so wütend war ich nie zuvor in meinem Leben.«
Er verlagerte das Gewicht, zog Lilys Kissen an seine Brust und schlang die Arme darum. »Ich habe noch mehr genommen. Bin wieder die ganze Nacht wach geblieben und habe sogar Damian Wrights Motel aufgetan, aber dort war er nicht. Ich konnte nur noch an dieses Monster denken, und wie er seine Hände um den Hals irgendeines kleinen Jungens legt. Obwohl ich keinen Haftbefehl hatte und nicht zuständig war, musste ich ihn einfach finden, also habe ich sein Zimmer durchsucht. Allerdings fand ich nur die Speicherkarte, die musste ihm runtergefallen sein oder so. Ein winziges Teil, aber als ich es, wieder zurück in Hopewell, in den Computer steckte, wurde mir ganz schlecht. Voller gestohlener Glücksmomente. Und immer war Sams Junge im Mittelpunkt.«
»Also bist du ihm auf eigene Faust gefolgt?«
»Nein. Ich wollte eigentlich den Sheriff und die Bundespolizei einschalten, aber ehe ich noch dazu kam, tauchte Leo Richland mit seiner glänzenden Marke hier auf und behauptete, er leite die Fahndung. Er hat sich von mir zu Sams Haus chauffieren und mich im Wagen warten lassen, als wäre ich sein Lakai, während er reinging und Sam befragte.«
»Die Sonne schien, und in dem warmen Auto bin ich eingeschlafen. Zum ersten Mal nach drei Nächten und vier Tagen. Ich habe tief geschlafen. Erst Stunden später – kurz vor Sonnenuntergang – bin ich davon aufgewacht, dass Leo an die Autotür schlug, das Gesicht blutverschmiert. Er schrie und brüllte herum.
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