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Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)

Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)

Titel: Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Lyons
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bevor Sarah die Leiche gefunden hatte, losgefahren. Kommen Sie, Agent Tierney, geben Sie’s zu – warum sind Sie wirklich hier?«

20
    Sarah blieb vor ihrem Haus stehen und kratzte sich mit dem einen Fuß am Knöchel des anderen. Bei der Bergung des Toten hatte sie sich an einigen Zweigen geschnitten, und langsam begann die Stelle zu brennen.
    Als sie zurück ins Rockslide gekommen war, hatte die Frau des Colonels wie erwartet deutlich ihre Missbilligung gezeigt, zugleich aber versucht, ihr Informationen zu entlocken. Hal war gegangen, weil er Caitlyn zum Beerdigungsinstitut hatte bringen wollen, und der Colonel war damit beschäftigt gewesen, den Gemeinderat zu der für morgen anberaumten Krisensitzung zusammenzutrommeln. Zwar war er zwischen zwei Anrufen aus dem Hinterzimmer gekommen und hatte Sarah gefragt, ob er sie nach Hause fahren sollte, doch sie hatte abgelehnt.
    Es war ihr ein Bedürfnis gewesen, zu Fuß zu gehen, in die Normalität zurückzufinden. Außerdem hatte sie so Zeit zum Nachdenken gehabt. Caitlyn hatte drei Männernamen aufgezählt – könnten also noch weitere Leichen auf dem Snakehead liegen? Gott, was war da oben bloß geschehen?
    Bedrohlich zeichnete sich der Berg über ihr ab, jedes seiner Geheimnisse gut verbergend.
    Damian Wright hatte bei seinem Geständnis keinerlei Komplizen erwähnt. Seine Beichte war die eines Einzelgängers gewesen, der die Abgründe seiner Begierden schildert. Er hatte von seinen Fantasien, in denen Josh vorkam, berichtet, jedes Detail davon, was er mit ihm angestellt hatte, aber nur am Rande eingeräumt, dass er Sam getötet hatte. Die Ermittler in Texas hatten aus ihm nicht mehr herausbekommen, als dass er mit einem Messer auf Sam losgegangen war und seinen Körper beiseitegeschafft hatte, um sich in Ruhe Josh widmen zu können.
    Es war ein Stoff für Albträume gewesen, was er da mit triumphierender Unbekümmertheit erzählt hatte. Albträume, mit denen andere Menschen nun leben mussten.
    Nachdem Sarah im letzten Sommer die Abschrift seines Geständnisses gelesen hatte, war sie zu ihrem Motel in Huntsville zurückgekehrt, hatte mehrfach geduscht und die nächsten Tage bei zugezogenen Vorhängen im Bett verbracht, die Tür fest verschlossen gegenüber einer Welt, die einen Mann wie Wright hervorbringen konnte.
    Jetzt fragte sie sich zum ersten Mal, ob er überhaupt die Wahrheit gesagt hatte. Ob er überhaupt wusste, was geschehen war. Aber warum hätte er lügen sollen?
    »Sarah.« Alan stand in ihrer Haustür, und sein Tonfall erinnerte sie irritierenderweise an die Frau des Colonels. Er trug eine ihrer Kochschürzen und hielt einen leeren Topf in der Hand. Sie schob sich an ihm vorbei, warf den Rucksack in die Ecke. »Sieh dich an! Du bist dehydriert, völlig erschöpft, hast Sonnenbrand – bist du etwa in Gift-Efeu getreten?«
    Sarah blickte auf die roten Striemen an ihrem Knöchel. »Unsinn. Ich bin mein ganzes Leben durch diese Wälder gewandert und nie in Kontakt mit Gift-Efeu gekommen. Nicht einmal.«
    Als sie nach unten langte, um sich zu kratzen, wäre sie beinahe vornübergekippt, weil ihr mit einem Mal übel und schwarz vor Augen wurde. Alan fiel mit lautem Klappern der Topf aus der Hand, und er eilte ihr zur Seite.
    »Der Colonel hat mir erzählt, was geschehen ist. Du hast mir doch versprochen, besser auf dich aufzupassen«, schalt er sie. Dann nahm er sie in den Arm und zog sie an sich.
    »Ich konnte nichts dafür«, beteuerte Sarah, konnte aber nicht widerstehen und schmiegte sich kurz an seinen warmen Körper. Für einen Moment war es, als ob Sam sie im Arm hielte.
    »Und auch nicht die Klippe, von der du gesprungen bist«, fügte er bissig hinzu, und die Illusion zerbrach.
    Sarah zuckte zusammen und setzte sich auf. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie wieder klar sehen konnte. So nahe war sie einem Mann in den ganzen letzten zwei Jahren nicht gewesen. Bei der Erinnerung daran, wie sich Sams Hände flach auf ihren Bauch gelegt hatten, raste ihr Herz und erinnerte sie daran, was ein Mann in ihr auslösen konnte. Was Sam in ihr auslösen konnte.
    Könnte sie etwas Vergleichbares mit Alan erleben? Oder mit irgendeinem anderen Mann?
    Als hätte er ihre Gedanken erraten, zog Alan sie noch einmal eng an sich, drückte sie ganz fest. Er legte das Kinn auf ihre Schulter, und sie spürte seinen Atem in ihrem verschwitzten Haar. »Ich weiß nicht, was ich tun würde, wenn dir etwas zustoßen sollte.«
    Er löste sich von ihr, ehe sie eine Antwort geben

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