Total bedient: Ein Zimmermädchen erzählt (German Edition)
Zwanzig Mal zweitausend Euro.
»Wahnsinn«, sagte Nadine.
»Wahnsinn«, sagte ich.
Ich war erleichtert, dass es eine runde Summe war. Damit war ich ziemlich sicher, dass keines der Zimmermädchen zugegriffen hatte, als oben im Zimmer noch großes Tohuwabohu herrschte. Sicher hätte sich niemand exakt tausend oder zehntausend Euro eingesteckt. Jetzt musste
uns das nur noch jemand glauben. Meine einzige Sorge war: Was, wenn der Gast am Ende behauptet, es seien fünfzigtausend gewesen? Am besten nicht drüber nachdenken, bevor es einem schwindlig wird.
Wir schnallten ein Gummiband um die Scheine und betrachteten das handliche Paket andächtig, bevor wir es wieder in die Mülltüte steckten.
Wir klopften bei Frau Schmalberg und blieben ziemlich nahe bei der Wahrheit, nur Valentina und die anderen Zeuginnen des Fundes erwähnten wir nicht. Wenn es zur Strafe wegen des Safe-Öffnens kommen sollte, musste man ja nicht unnötig viele andere mit bestrafen.
Zu unserem Erstaunen blieb Frau Schmalberg gelassen. Sie nickte nur, sagte, das sei »okay« und bat uns in durchaus freundlichem Ton, doch das nächste Mal jemanden vom Haus mitzunehmen, wenn wir wieder Safes knackten. Nadine und ich sahen uns verwundert an. Was war denn in die Schmalberg gefahren? Hatte sie einen besonders guten Tag? Sah sie uns an, dass wir vor ihr Angst hatten, und das stimmte sie gnädig? Oder belohnte sie tatsächlich unsere Ehrlichkeit?
Wir sahen zu, dass wir schnell rauskamen aus dem Zimmer, bevor die Stimmung kippen konnte. Bestimmt hat sie es deswegen nicht mehr geschafft, sich bei uns zu bedanken.
Später erfuhr ich: Das Pärchen war noch in der Stadt, es bekam sein Geld zurück. Ob die beiden an der Rezeption, als sie das Geld abholten, einen Finderlohn hinterließen, weiß ich nicht. Falls ja, so viel ist gewiss, ist davon kein Cent zu uns herübergerollt.
Extrabetten
Ein Zustellbett, das klingt harmlos, aber dahinter verbirgt sich der blanke Horror. Zustellbetten, das sind Betten, die zusätzlich in einem Zimmer aufgestellt werden. Meistens für ein bei den Eltern schlafendes Kind, manchmal auch für Erwachsene, die sich zu dritt ein Zimmer teilen. Abgesehen davon, dass ich es rätselhaft finde, warum sich manche Erwachsene lieber zu dritt ein Zimmer teilen als ein Einzelzimmer dazuzubuchen, was nicht wesentlich teurer ist, so ist die bloße Tatsache, dass es Zustellbetten für Erwachsene überhaupt gibt, ein Skandal, über den weite Teile der Bevölkerung definitiv zu wenig wissen.
Ziemlich sicher bucht der Gast ein drittes Bett, ohne zu ahnen, welche Arbeit dahintersteckt, bis es endlich im Zimmer steht. Eine Arbeit, die durch eine unglückliche Fügung des Schicksals zu meinem Job gehörte. Eigentlich hätte man für diese Schlepperei ausschließlich Männer engagieren müssen, Männer, die so gebaut sind wie die Typen, die bei meiner Nachbarin ständig ein und aus gehen und die so dicke Armmuskeln haben, dass die Arme von ihrem Rumpf abstehen wie bei Playmobilmännchen. Leider gab es im Housekeeping eindeutig zu wenig Männer.
Diese zusätzlichen Betten sind keine Klappliegen, wie man sie vielleicht von Ikea kennt. Der Gast soll auch auf dem Zustellbett liegen wie auf einem richtigen Hotelbett, das heißt, er soll auf einer festen, schweren Matratze liegen und das Gefühl haben, dass auch sein Rücken etwas davon hat, dass er so ein teures Zimmer gewählt hat. Fest und schwer, das war das Problem.
Die Zustellbetten im Royal bestanden aus einem Massivholz-Gestell, einem Lattenrost und einer Matratze. Am Kopfende war ein Rollbrett angebracht, sodass man das Bett, nachdem man es hochgewuchtet hatte, über den Gang ins Zimmer rollen konnte.
Zu meinem Leidwesen standen die Zustellbetten nicht in einer verborgenen Ecke der Zimmer, nein, sie wurden nur in bestimmten Offices gelagert, oft Etagen vom Bestimmungsort entfernt. Einmal hatte ich bei dem Versuch, mit so einem Bett in den Aufzug zu kommen, meinen Beeper zerstört. Er wurde zwischen Bett und Fahrstuhltür zerquetscht und hinterher hieß es, er habe mehrere hundert Euro gekostet.
Die Kunst bestand darin, auf dem Weg zum Zimmer nicht von einem umkippenden Bett erschlagen zu werden und es im Zimmer, ohne Mobiliar zu zertrümmern, wieder auf seine vier Füße zu stellen. Ein Erwachsenenbett wog gut und gerne so viel wie ein Dreiersofa und ich war mir sicher, dass mich irgendwann so ein Bett erschlagen würde. Ich würde tot unter dem Bett liegen und mein Telefon würde klingeln
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