Total bedient: Ein Zimmermädchen erzählt (German Edition)
auf diese Weise, mich wenigstens ein bisschen zu entlasten.
Als ich von Bord ging, machte Helga tatsächlich den Versuch, mich für die nächste Saison wiederzugewinnen. Kein Wort dabei von mehr Gehalt oder mehr Personal. Ich fragte auch nicht danach. Dass ich nicht wiederkommen würde, stand fest. Auch Eva verabschiedete sich nach dieser Tour endgültig von der Morgentau . Sie zog weiter nach Stockholm, ihr Freund hatte dort einen Job als Spüler in einer Hotelküche gefunden.
Am letzten Tag drückte Helga jeder von uns dreihundert
Euro in die Hand. Unser Bonus für Todesgefahr und Ohnmachtsanfälle. Und als wir gingen, weinte sie plötzlich.
Immer wieder sehr gerne
Als ich am Zoo aus dem Zug stieg und die bekannte Mischung aus Junkies, Alkoholikern und Touristen erblickte, lächelte ich und wusste, ich war endlich wieder zu Hause. Berlin begrüßte mich mit seinem hässlichsten Novembergesicht.
Berlin ist im November kein Vergnügen, auch dann nicht, wenn man einen Job hat, eine Wohnung und eine glückliche Beziehung. Ich hatte nichts davon. Es war höchste Zeit, ein paar Dinge zu klären: Im Job musste sich etwas tun und ich musste David irgendwie schonend beibringen, dass wir von nun an getrennter Wege gehen würden. Und eine neue Wohnung brauchte ich auch. Die Sache mit der väterlichen Wohnung war nichts für die Ewigkeit.
Von Jan aus Hamburg hatte ich kurz zuvor am Telefon die wenig erfreuliche, aber auch gar nicht so überraschende Nachricht erhalten, dass er seit zwei Jahren mit einer Frau zusammenwohnte, dass es ihm diesmal ernst sei und dass ich ihn deshalb gar nicht erst in Hamburg besuchen sollte. Eva würde also auf diese Hochzeit verzichten müssen.
Die Suche nach der Wohnung war einfach, ich fand
eine hübsche Achtundvierzig-Quadratmeter-Wohnung mit Balkon, mehr, fand ich, braucht man nicht, wenn man alleine wohnt. Die Wohnung habe ich noch heute. Ich profitierte davon, dass die Gegend um den Ku’damm seit ein paar Jahren endgültig nicht mehr zu den coolen Gegenden von Berlin zählte. Die Mieten waren bezahlbar, zumindest trieben die Studenten, die nach Berlin zogen, meine Miete nicht in die Höhe, denn die gingen alle in den Osten. Als ich den Mietvertrag unterschrieb, sagte mir mein Vermieter, er sei froh, jemanden so Junges gefunden zu haben. Auf die Frage, was ich denn arbeite, antwortete ich, ich sei »in der Hotellerie« – der Begriff klingt so schön, finde ich, irgendwie erhaben. Vom Housekeeping erzählte ich nichts – obwohl sicher wenige Berufsgruppen so pfleglich mit ihren Wohnungen umgehen wie Hausdamen und Zimmermädchen. Immerhin weiß ich, dass Essigreiniger auf Dauer jeden Boden kaputt macht und Scheuermittel Gift ist für Badewannen. Eigentlich, dachte ich, bin ich doch der Traum aller Vermieter.
Ich hatte zum ersten Mal seit Jahren ein bisschen Geld auf dem Konto, zweitausend Euro im Plus, weil ich auf dem Schiff ja nur wenig ausgeben konnte.
Das fiel mir in Berlin jetzt umso leichter. Ich genoss das Nachtleben als Single und ging wieder regelmäßig dienstags und donnerstags aus, zum Lieblingstag in Mitte. Bei einem Abendessen im Spindler & Klatt verjubelte ich den letzten Teil meiner Ersparnisse. Ich wollte wissen, wie es ist, selbst von allen Seiten bedient zu werden – es ist schon ganz okay.
Dass ich möglichst schnell wieder einen Job brauchte,
war spätestens jetzt klar. Ich traf Katja und Sara, meine liebsten Berufs- und Liebeskummerberaterinnen. Katja hatte inzwischen einen Job als Assistentin der Geschäftsführung gefunden. Sie bekam ihn über einen Freund von einem Freund, gut vernetzt war sie schon immer. Sara arbeitete weiter im Housekeeping für eine Fremdfirma. Für mich gab es zwei Möglichkeiten: entweder ganz raus aus dem Hotel oder wieder rein ins Hotel, dafür aber endlich ein besserer Job. Ein Job mit Kostüm.
Die Idee mit der Hotelflucht hatte sich rasch erledigt. Die zwei Bewerbungen, die ich für Assistenzstellen in kleinen Firmen schrieb, wurden beide negativ beantwortet. Ich wurde nicht mal zum Gespräch eingeladen. Länger warten konnte ich nicht, dazu war der November definitiv zu grau, und länger von meiner Mutter bekocht werden, die nur ein paar Straßenecken von meiner neuen Wohnung entfernt wohnte, wollte ich auch nicht.
Also wieder Hotel. Dann aber bitte eine Stelle am Empfang. Immerhin kam es ja nicht selten vor, dass man von dort aus einen Platz in der Reservierung oder im Marketing ergatterte, in den Büros also, wo es
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