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Total bedient: Ein Zimmermädchen erzählt (German Edition)

Total bedient: Ein Zimmermädchen erzählt (German Edition)

Titel: Total bedient: Ein Zimmermädchen erzählt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna K.
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Für meinen und auch Evas Körper kam diese Art der Verschonung leider zu spät. Eva hielt jetzt manchmal inne, wenn sie den Tisch eindeckte oder ein Bett machte, schloss kurz die Augen und hielt sich an der Tisch- oder Bettkante fest.
    »Ist was?«, fragte ich sie, als sie einmal in der Küche nach dem Türrahmen tastete und sich anlehnte.
    Eva war blass. »Geht schon wieder«, sagte sie und versuchte zu lächeln.
    Ich zwang sie dazu, ein großes Glas Wasser zu trinken und ein Stück Zitronenkuchen zu essen. Sie gehorchte und kaute tapfer, aber als ich sie aufforderte, wenigstens kurz die Beine hochzulegen, lachte sie mich aus. »Und wie stellst du dir das vor? In einer Stunde gibt’s Abendessen.«
    Ihre Schwindelanfälle kamen häufiger. Ich bot ihr an, mit ihr zum Arzt zu gehen, aber das wollte sie auf keinen Fall. Zu teuer, sagte sie. Ihre größte Sorge war, dass Helga sie von Bord schicken würde. Sie wollte nicht auf einen Teil des Gehalts verzichten. Helga, der sonst immer alles auffiel, fiel diesmal nichts auf.
    Ein paar Wochen nach Evas erstem Schwindelanfall wurde ich nachts wach. Mir war kotzübel. Ein dringendes Bedürfnis, mich jetzt gleich zu übergeben, trieb mich ins Bad, wo ich den Kopf über die Toilette hängte und sich mein Magen entleerte. So etwas war mir noch nie passiert. Ich hatte auch Alkohol immer gut vertragen, und wenn Freunde am Tag nach der Party krank im Bett lagen, hatte ich höchstens mal einen leichten Kopfschmerz.
    Weil es mir am nächsten Tag gut ging, dachte ich nicht weiter darüber nach. Eva hatte zum Glück nichts gehört.
    Eine Woche später passierte das Gleiche wieder und danach regelmäßig, in immer kleineren Abständen. Bald übergab ich mich jede zweite oder dritte Nacht. Eva, so kam es mir vor, wurde immer blasser und blasser, und ich versuchte, so gut ich konnte, ihr ein wenig Arbeit abzunehmen, tagsüber ging es mir ja weiterhin gut. Ich
trank auch weiter meine Durchhalte-Espressi am Abend, reduzierte aber von sechs auf zwei Tassen.
    Ein paar Nächte später wurde ich wieder wach. Diesmal hatte mich nicht die Übelkeit geweckt, sondern ein dumpfes Geräusch. Ich rief nach Eva. Sie antwortete nicht und ich versuchte, sie im Bett unter mir zu erkennen. Ich tastete nach ihr, aber sie war nicht da. Ich machte Licht und wollte im Bad nachsehen. Die Tür war nicht zugeklinkt, aber trotzdem ließ sie sich nicht öffnen. Irgendetwas lag davor und blockierte den Eingang.
    Es war Evas Körper, der die Tür blockierte. Ich presste mein Gesicht an den offenen Spalt und sah, dass sie auf dem Boden lag, auf dem Rücken, und weil sich die Tür nach innen öffnete und das Bad so klein war, stieß sie mit den Füßen an den Duschrand und mit dem Kopf an die Tür. Sie war eingekeilt, und ohne ihr wehzutun, würde ich da nicht hineinkommen.
    Ich rief jetzt so laut nach ihr, dass es eigentlich das ganze Schiff hätte hören müssen. Ich versuchte, einen Arm durch den Türspalt zu quetschen und tastete nach ihr, kam aber nicht weit. Sie bewegte sich nicht. Ich weiß nicht, wie lange es dauerte, bis ich verstand, dass ich es alleine nicht schaffen würde. Joachim musste her.
    Ich hoffte, dass Helga es auch in dieser Nacht vorgezogen hatte, in der kleinen Kammer hinter der Brücke zu nächtigen, denn das tat sie regelmäßig. Ich wollte nicht, dass sie in unser Zimmer kam und genervt ihre gestörte Nachtruhe beklagte.
    Joachim war nicht nur sehr schnell auf den Beinen, er hatte auch blitzschnell eine Lösung gefunden: Er hängte
die Tür aus und trug Eva auf ihr Bett. Sie atmete, und nachdem Joachim ihr ein paar Mal energisch auf die Wangen geschlagen hatte, kam sie wieder zu sich. Sie blutete am Hinterkopf aus einer Platzwunde, die sie sich beim Sturz zugezogen hatte.
    Noch in der Nacht brachten wir sie ins Krankenhaus. Der Arzt stellte einen schweren Erschöpfungszustand fest und verordnete zehn Tage Bettruhe. Von meiner Übelkeit sagte ich nichts.
    Helga reagierte für ihre Begriffe geradezu empathisch: »Na ja, sind ja gerade nicht so viele Gäste da. Das schaffst du auch alleine, Anna.« Dafür machte sie Eva keine Vorwürfe, sondern brachte ihr Kamillentee. Konnte es sein, dass sie ein schlechtes Gewissen hatte?
    Ich faltete also die Servietten etwas schneller und weniger genau. Eva schlief viel, und schon nach vier Tagen bot sie an, wenigstens die Mangel zu bedienen. Niemand hielt sie davon ab. Natürlich nicht. Also glättete sie unter Deck Bettlaken und Tischdecken und versuchte

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