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Total bedient: Ein Zimmermädchen erzählt (German Edition)

Total bedient: Ein Zimmermädchen erzählt (German Edition)

Titel: Total bedient: Ein Zimmermädchen erzählt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna K.
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denn. Ich ging hin und zwang mich, das Ganze wirklich ernst zu nehmen. Vielleicht war die Stelle ja doch nicht so schlecht.
    Die beiden, die mich interviewten, wirkten unsicher. Waren die überhaupt schon dreißig? Sie sahen nicht älter aus als ich. Er war Rezeptionsleiter, sie leitete das Hotel. Vielleicht war es ihre erste Bewerbungsrunde, ich weiß es nicht. Jedenfalls lasen sie ihre Fragen von einem Blatt ab, das sie vor sich liegen hatten. Am liebsten hätte ich ihnen geraten, sich doch mal zu entspannen, es würde schon nicht so schlimm werden.
    Ich gab mir Mühe, nicht arrogant zu wirken. Aber als er mich schließlich, halb aufs Blatt schielend, fragte: »Was glauben Sie, sind meine größten Stärken?«, konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. Bewerbungsgespräche zu leiten schon mal nicht, dachte ich. Aber bevor ich überhaupt antworten konnte, korrigierte seine Kollegin ihn wie einen Mitschüler, der in der fünften Klasse »to be« falsch konjugiert: flüsternd, mit leicht nervösem Augenaufschlag.
    Es ging noch ein bisschen hin und her, zu unsouverän kann ich nicht gewirkt haben. Ich konnte ihnen auf alle
Fragen eine wunderbar formulierte Antwort geben. Am Ende fragten sie mich nach meinem Gehaltswunsch.
    »Einsacht brutto stelle ich mir vor«, sagte ich und fand das keinesfalls übertrieben. Ich hätte gerne mehr verlangt, wusste aber, dass das utopisch gewesen wäre.
    »Oh!«, sagten sie beide wie aus einem Mund. Was, »oh?«, dachte ich. Sie schauten sich an, als würden sie einander fragen: »Wer sagt es ihr? Los, sag du’s, ich trau mich nicht.«
    Schließlich antwortete sie: »Wir hatten eher so an einszwei gedacht.«
    Tausendzweihundert Euro? Ich erschrak. Hatten die überhört, dass ich auf der Hotelfachschule gewesen war? Ich war jetzt Betriebswirtin und sollte weniger verdienen als zuvor? Hab ich irgendwas verpasst, als ich an der Schule war? Wurde inzwischen der Wochenlohn verhandelt und nicht mehr der Monatslohn? Wird neuerdings in netto verhandelt statt in brutto? Wurde, ohne dass ich es mitbekommen hätte, eine neue Währung eingeführt?
    Ich wusste natürlich: In den letzten Jahren waren eine Menge neuer Hotels in Berlin entstanden. Dass es so viele gibt, ist einerseits gut, denn es gibt dadurch auch viele Jobs. Aber andererseits ist es eine Katastrophe. Mit billigen Zimmern jagt man sich gegenseitig die Gäste ab. Und woran sparen die Hotels wohl zuerst, um ein Neunundfünfzig-Euro-Zimmer anbieten zu können?
    Eigentlich müssten sich die Hotels nach Leuten wie mir reißen: gut ausgebildet und mit jeder Menge Arbeitserfahrung. Sie tun es aber nicht. Wenn sie mich nicht kriegen, weil ich ihnen zu teuer bin, nehmen sie eben jemanden,
der weniger Geld verlangt oder gar nicht gelernt hat. Es ist wie mit den billigen Matratzen: Eine Zeit lang geht es gut. Und dann wird wieder gewechselt.
    Weil ich ein höflicher Mensch bin, antwortete ich den beiden nicht, dass sie sich schämen sollten, mir so ein lächerliches Gehalt zu bieten, sondern ich sagte, was ich manchmal auch auf dem Nollendorfplatz am Markttag sage, wenn ich um irgendeinen Nippes verhandele: »Na ja, vielleicht können wir uns ja irgendwo in der Mitte treffen.«
    Inzwischen war die junge Frau selbstbewusster geworden, jedenfalls kam das »Nein, ausgeschlossen« sehr rasch aus ihrem Mund, sogar ohne dass es eines Blickkontakts mit ihrem Tischnachbarn bedurft hätte.
    »Aber wir können Ihnen stattdessen noch etwas anderes anbieten«, sie klang jetzt fast professionell: »Wir verschenken jeden Monat einen Fünfzig-Euro-Gutschein für Saturn an den Mitarbeiter des Monats.«
    Ich schwieg und sah sie an. »Das ist dann praktisch … wie fünfzig Euro netto mehr«, sagte sie schon nicht mehr ganz so selbstsicher.
    Ein Gutschein von Saturn? An den Mitarbeiter des Monats? Ich schwieg einfach weiter und wartete, was als Nächstes passieren würde. Was hatten sie noch zu bieten? Kostenloses Leitungswasser? Fünf Blatt Klopapier pro Person und Stunde? Kugelschreiber gratis?
    Der junge Mann guckte jetzt, als müsse er dringend auf die Toilette. Mein Schweigen war ihm unangenehm. Sie nickte schließlich und war bemüht, die peinliche Stille nicht noch größer werden zu lassen: »Gut, dann …«
    Ich ließ sie diesen Satz nicht zu Ende sprechen. Stattdessen stand ich auf und sagte so gelassen ich konnte: »Wenn der Gutschein von Aldi gewesen wäre, hätte ich es mir noch mal überlegt. Damit hätte ich dann wenigstens was anfangen

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