Total Control (Das Labyrinth)
zehntausend Fuß rauf. Dieser Sturm ist zwar wirklich heftig, reicht aber nicht so hoch. Wollen doch mal sehen, ob ich uns keinen ruhigeren Flug verschaffen kann.«
Die nächsten paar Minuten ging es unvermindert heftig auf und ab und gelegentlich seitwärts. Endlich durchbrachen sie die Wolkendecke und traten ein in einen rasch dunkel werdenden, aber gnadenreich klaren Himmel. Innerhalb einer Minute befand sich das Flugzeug auf ruhiger horizontaler Flugbahn Richtung Norden.
Kurz nach sechs Uhr rollten Sidney und ihr Vater neuerlich vor das Postamt von Bell Harbor. Bill Patterson ging hinein, und diesmal kam er mit einem Päckchen zurück. Der Cadillac fuhr los. Patterson riß eine Seite des Kuverts auf und lugte hinein. Um besser zu sehen, schaltete er die Innenbeleuchtung ein.
Sidney schaute zu ihm hinüber. »Und?«
»Alles in Ordnung, es ist eine Computerdiskette.«
Sidney entspannte sich ein wenig. Mit der Hand faßte sie in die Tasche, um den Zettel mit dem Paßwort hervorzuholen. Als ihre Finger das große Loch in der Tasche ertasteten, wurde sie blaß; zum erstenmal bemerkte sie, daß die Innenseite der Jacke, einschließlich der Tasche, aufgeschlitzt war. Unvermittelt hielt sie den Wagen an und durchsuchte hektisch alle übrigen Taschen. »O mein Gott! Das darf doch nicht wahr sein!« Sie schlug mit den Fäusten auf den Sitz. »Verdammt noch mal.«
»Was ist denn los, Sidney?« Patterson ergriff ihre Hand.
Kraftlos sank sie auf den Sitz zurück. »Ich hatte das Paßwort in der Jacke. Jetzt ist es weg. Ich ... ich muß es im Haus verloren haben, als dieser Kerl versuchte, mich in kleine Scheibchen zu schneiden.« »Hast du es dir denn nicht eingeprägt?«
»Dafür ist es zu lang, Paps. Und es sind ausschließlich Ziffern.«
»Und sonst hat es niemand?«
Unruhig leckte sich Sidney über die Lippen. »Lee Sawyer hat es.« Unwillkürlich blickte sie in den Innenspiegel, als sie den Gang einlegte. »Ich kann versuchen, ihn anzurufen.«
»Sawyer. Ist das nicht der große Kerl, der zu dir nach Hause kam?«
»Ja.«
»Aber das FBI fahndet nach dir. Du kannst ihn nicht anrufen.«
»Das ist schon in Ordnung, Paps. Er steht auf unserer Seite. Halt dich fest.« Jäh bog sie in eine Tankstelle und rollte neben eine Telefonzelle. Während ihr Vater mit der Schrotflinte im Wagen Wache hielt, rief Sidney Sawyers Privatnummer an. Ungeduldig wartete sie darauf, daß er abhob.
Dabei beobachtete sie, wie ein weißer Kastenwagen an die Tankstelle fuhr. Er hatte Nummernschilder aus Rhode Island. Mißtrauisch betrachtete sie das Fahrzeug eine Weile, dann aber vergaß sie es völlig, als sie sah, wie ein Wagen mit zwei Staatspolizisten an die Tankstelle bog. Einer der beiden Polizisten stieg aus. Als er in ihre Richtung blickte, erstarrte sie. Dann ging er in das Tankwarthäuschen, in dem auch Snacks und Getränke verkauft wurden. Schnell drehte Sidney sich von dem anderen Polizisten weg und schlug den Mantelkragen hoch. Eine Minute später stieg sie wieder ins Auto.
»Himmel, ich dachte, ich bekäme einen Herzanfall, als ich die Polizei reinfahren sah«, keuchte Patterson mit bebender Stimme.
Sidney startete den Wagen und setzte betont langsam aus dem Parkplatz zurück. Der Polizist war noch im Laden. Wahrscheinlich holte er Kaffee, mutmaßte sie.
»Hast du Sawyer erreicht?«
Sidney schüttelte den Kopf. »Verflucht, das darf doch nicht wahr sein. Zuerst habe ich die Diskette und kein Paßwort. Dann kriege ich das Paßwort und verliere die Diskette. Jetzt habe ich die Diskette zurück, dafür ist das Paßwort wieder weg. Ich verliere noch den Verstand.« Sie raufte sich die Haare.
»Woher hattest du das Paßwort ursprünglich?«
»Aus Jasons Mailbox bei America Online. Großer Gott!« Kerzengerade richtete Sidney sich im Sitz auf.
»Was?«
»Ich kann die Nachricht wieder aus Jasons Mailbox abrufen.« Sie sank zurück. »Nein, dafür bräuchte ich einen Computer.«
Ein Lächeln trat auf das Gesicht ihres Vaters. »Wir haben einen.«
Sie riß den Kopf herum. »Was?«
»Ich habe meinen Laptop mitgenommen. Du weißt doch, wie Jason mich für Computer begeisterte. Adressenverzeichnis, Investmentportefeuille, Spiele, Rezepte, sogar medizinische Daten - alles ist da drauf. Ich habe sogar ein Konto bei America Online und die entsprechende Software. Und der Laptop ist mit einem Modem ausgestattet.«
»Paps, du bist einfach wunderbar.« Sidney küßte ihn auf die Wange.
»Es gibt nur ein Problem.«
»Und
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