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Total Recall

Total Recall

Titel: Total Recall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Dürr (VS Mihr)
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über dem Boden und halb unter dem Pferd. In diesem Moment schoss mir nur ein Gedanke durch den Kopf: »Bleib am Leben, bleib auf der Plattform, bleib von den Hufen weg!« Der Hengst tänzelte nervös herum, und wenn er auf mich treten würde oder noch einmal ausrutschte, würden wir womöglich beide in die Tiefe stürzen. Mir war klar, dass manche Leute schon Abstürze aus größerer Höhe überlebt haben. Aber in diesem Fall würden das Pferd und ich zusammen auf einem Betonboden aufschlagen. Es wäre aus gewesen.
    Niemand hatte damit gerechnet, dass es so gefährlich sein könnte, ein paar Einstellungen zu überprüfen. Aber unserem Stunt-Regisseur Joel Kramer war klar, dass dieser Stunt noch nie versucht worden war, deshalb war er in höchster Alarmbereitschaft. Er sprang sofort auf die Plattform, griff nach den Zügeln, beruhigte das Tier und führte es sanft rückwärts auf das Dach, sodass ich wieder frei war.
    Mein Verstand tat, was er immer tat, wenn ich etwas Schlimmes erlebt hatte: Ich verdrängte die ganze Episode, als hätte sie sich nie ereignet. Als sich das Pferd wieder beruhigt hatte, machten wir weiter und drehten die Szene wie geplant. Aber ich dankte Joel mit einer Kiste Montecristo-Zigarren. Uns allen war klar, wenn er nicht zur Stelle gewesen wäre, wäre ich wahrscheinlich ums Leben gekommen.
    Maria war viel zu rastlos, um für längere Zeit nur Hausfrau und Mutter zu sein. Als wir nach Florida zogen, hatte sie bereits wieder zu arbeiten begonnen und plante zukünftige Sendungen. Als die Filmcrew sich auf den Umzug nach Rhode Island vorbereitete, flogen wir beide für einen Tag nach Kuba.
    Für Amerikaner galt natürlich immer noch »Zutritt verboten«, aber Maria konnte als Journalistin einreisen. Sie hatte schon mehrere Interviews mit Fidel Castro geführt, darunter auch eins, bei dem sie ihn ins Gesicht fragte, ob er etwas mit der Ermordung von John F. Kennedy zu tun gehabt habe. Jetzt bereitete sie ein weiteres Interview vor, und ich begleitete sie als ihr Ehemann.
    Der Höhepunkt für mich waren natürlich die Zigarren. Während Maria zu ihren Besprechungen ging, besuchte ich die Partagás-Zigarrenfabrik. Ich liebe es, Fabriken zu besuchen, denn wenn ich irgendein Produkt erst einmal zu meinem Favoriten erkoren habe, will ich in der Regel auch sehen, wie und wo es hergestellt wird. Es ist fantastisch zu beobachten, wie Autos oder Schuhe produziert werden und wie Glas geblasen wird. Ich fand es auch hochinteressant, die Uhrenfabrik Audemars Piguet in der Schweiz zu besichtigen und den Uhrmachern in ihren weißen Mänteln zuzuschauen, die mit Sichtschutz, Handschuhen und Kopfbedeckung arbeiteten, damit kein Staub in den Mechanismus gelangen konnte. Oder ich besuchte die Werkstätten im Schwarzwald, wo religiöse Figuren und Fasnachtsmasken aus Holz von Hand geschnitzt werden. Es ist immer wieder großartig, direkt zu sehen, wo und wie die Arbeit wirklich geleistet wird, und nicht nur das fertige Produkt im Laden zu kaufen.
    Die Fabrik in Kuba war der reinste Zigarrenhimmel. Man denke sich ein sehr großes Klassenzimmer für ungefähr hundert Schüler vor, mit Holztischen und Bänken, wie in alten Zeiten. Genauso sah die Fabrik aus. An allen Tischen saßen Männer und Frauen und rollten Zigarren. Und mitten im Raum befand sich eine Art Podest, so wie zu meiner Schulzeit, wo der Lehrer auch auf einem Podest saß, um die Klasse besser überblicken zu können. Hier in der Fabrik saß ein Mann auf dem Podest und las laut die Nachrichten vor. Mein Spanisch war nicht gut genug, um alles zu verstehen, aber ich merkte doch, dass die Nachrichten eher Propaganda waren. Wenn man da oben saß, musste man lebhaft sein, eine Art Entertainer, so ungefähr wie Robin Williams als DJ in Good Morning, Vietnam . Der Bursche, den ich dort sah, war recht gut, er redete ständig, und alle paar Augenblickte fuchtelte er voller Begeisterung herum. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Arbeiter ihn ziemlich kurzweilig fanden.
    Ich staunte nicht schlecht, dass die Arbeiter den außergewöhnlichen Tabak wirklich wie Gold behandelten. Solche Sicherheitsmaßnahmen hatte ich nur in den Diamanten- und Goldminen in Südafrika gesehen. Wenn die Arbeiter in die Fabrik kamen, gingen sie zuerst durch eine große, optimal feuchteregulierte Halle, in der die Blätter hingen – große lange Blätter, perfekt präpariert und getrocknet. Die Arbeiter erhielten jeweils ihre Arbeitsladung Blätter zugeteilt, dazu drei Zigarren für

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