Total Recall

einfach sein würde. Je mehr man sich selbst als ultimativen Actionhelden inszeniert, desto deutlicher muss man auch ständig beweisen, dass man absolut fit ist. Dass man selbst reiten und springen und kämpfen kann. Die Leute machen sich eben ein unrealistisches Bild von ihrem Helden. Sie sehen in ihm einen wirklichen Actionhelden, nicht nur einen als Held verkleideten Schauspieler auf der Leinwand. Und das Herz symbolisiert das alles. Es befindet sich im Zentrum unseres Körpers, ist das Symbol unserer physischen Existenz. Es gilt als Quelle von Mut und Willen. Und es symbolisiert auch unsere Emotionen. Es steht für Liebe und Leidenschaft und Mitgefühl. Das Herz – es ist das Zentrum von allem.
    Und jetzt erfahren die Leute plötzlich, dass man sich an diesem Herzen hat operieren lassen. Das Ding, das dich jahrzehntelang antrieb, muss jetzt repariert werden. Und schon beginnt das Gerede: »Was ist passiert? Hatte er einen Herzinfarkt? Ach so, eine neue Herzklappe. Hab eigentlich keine Ahnung, was das bedeutet. Ach du lieber Gott, Operation am offenen Herzen? Sie mussten sein Herz anhalten und es aufschneiden und irgendwelche Teile austauschen? Und dann gleich zweimal? Da muss ja wirklich ziemlich viel kaputt gewesen sein. Klingt nicht gut, klingt grauenhaft. Der arme Junge, verdammt, ich vermute mal, für ihn ist jetzt alles gelaufen.«
    Zehn Jahre zuvor waren die Reaktionen ganz anders gewesen, als sich David Letterman einer Bypass-Operation unterzogen hatte. Schon nach zwei Wochen war er wieder zurück und machte einfach weiter. Aber von ihm wurde auch nicht verlangt, dass er das halbe Set auseinandernahm, dass er durch ein Flammeninferno rannte oder sich vom Dach abseilte. Nach einer Herzoperation kann man gewöhnlich sein normales Leben weiterführen, aber mein Leben war eben nicht normal, meine Stunts waren nicht normal und meine Filme auch nicht, deshalb sahen sie mich mit ganz anderen Augen. Es war ungefähr wie eine Hirnoperation bei einem Philosophen. Jeder vermutet das Schlimmste: »Wie man hört, war ein Drittel seines Gehirns betroffen. Eine Katastrophe. Wie soll er mit dem Rest noch denken?«
    Access Hollywood und andere Gossip-Shows brachten die Sache ganz groß heraus. Im Fernsehen wurden Herzexperten interviewt, die ich nie konsultiert hatte, die von meinem ererbten Herzfehler keine Ahnung hatten und auch die Einzelheiten meiner Behandlung nicht kannten. Sie lieferten Statements dieser Art ab: »Normalerweise wird dem Patienten bei dieser Operation eine künstliche Herzklappe eingepflanzt. Er muss dann Medikamente zur Blutgerinnungshemmung nehmen und anstrengende Aktivitäten vermeiden, die zu weiteren Verletzungen führen können, wie zum Bespiel Stunts für einen Film, weil dabei ernsthafte innere Blutungen auftreten können, die zum sofortigen Tod führen würden.« Wir konnten noch so überzeugend klarstellen, dass ich weder eine künstliche Herzklappe eingesetzt bekommen hatte, noch Gerinnungshemmer einnehmen musste. Aber es war zu spät. Die Studios verfolgten diese Sendungen sehr genau. Und die Leute dachten: »Arnold werden wir in Actionfilmen bestimmt nicht mehr zu sehen bekommen.«
    Trotz allem erlebte ich eine wunderbare Phase der Genesung, wie sie typisch sein soll nach Herzoperationen. Ich fühlte mich stark wie Herkules und bereit, mich wieder voll in die Arbeit zu stürzen. Im Juli trat ich eine Reise rund um die Welt an, um für Batman & Robin zu werben. Wie gewöhnlich hatte ich auch wieder ein paar Filme in Aussicht mit Rollen, die mir zusagten. With Wings As Eagles war ein solches Projekt, in dem ich einen deutschen Armee-Offizier spielen sollte, der sich in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs einem Befehl widersetzt, Kriegsgefangene der Alliierten zu erschießen, und sie stattdessen rettet. Minority Report war als Fortsetzung von Total Recall geplant. Das Drehbuch stammte vom selben Autor. Ich hätte darin die Rolle des Detective spielen sollen, der dann schließlich von Tom Cruise gespielt wurde. In Noble Father sollte ich einen verwitweten Polizisten spielen, der versucht, seine drei Töchter großzuziehen und gleichzeitig Verbrecher zu bekämpfen. Es gab Pläne für eine Filmversion von S.W.A.T. – Die Spezialeinheit , eine TV-Actionserie, außerdem für eine Adaption des Wilhelm-Tell-Stoffs, die Crossbow heißen sollte, und für Pathfinder – Fährte des Kriegers , in dem es um einen Wikingerwaisen geht, der von nordamerikanischen Ureinwohnern großgezogen