Total Recall
sie voller Energie und Begeisterung und Lebenslust. Sie wollte eine Rebellin sein, einen Job auf dem Kapitolshügel verschmähte sie. Stattdessen setzte sie alles daran, Fernsehjournalistin und Produzentin zu werden, vor der Kamera zu stehen und eine der Besten ihres Fachs zu sein. Sie wollte nicht mit den Kennedys in einen Topf geworfen werden. Sie wollte eine Shriver sein, die Frau, die Castro und Gorbatschow und Ted Turner und Richard Branson interviewte. Ich dachte damals: »Ich bin genauso, das haben wir gemeinsam! Beide wollen wir wirklich gut sein und einzigartig und hervorragend.« Als es später ernster mit uns wurde, hatte ich das Gefühl, dass sie die Frau war, die mir helfen konnte, alles zu erreichen, was ich wollte, egal welches Ziel ich mir setzte. Und umgekehrt wollte ich ihr helfen, all das zu schaffen, was sie sich vorgenommen hatte.
Zugegeben war die Politik nie Teil dieser Abmachung gewesen. Im Gegenteil. Als Maria mich kennenlernte, war sie einundzwanzig Jahre alt und wollte unbedingt einen Mann, der absolut nichts mit Politik zu tun hatte. Und dann kam ich, dieser österreichische Junge vom Lande mit den starken Muskeln, der Bodybuilding-Champion war und Filmstar in Hollywood werden wollte, um dann später mit Immobilien reich zu werden. Sie dachte: »Großartig! Das führt uns so weit weg von der Politik und von Washington wie nur möglich.« Doch jetzt, fast dreißig Jahre später, schloss sich der Kreis, und ich sagte plötzlich: »Was hältst du von der Idee, dass ich Gouverneur werde.« Kein Wunder, dass sie völlig verstört war. Mir wurde klar, dass sie mir manches von dem, was sie jetzt belastete, schon erzählt hatte, aber ich hatte es einfach nicht so ernst genommen.
Später an diesem Abend lag ich im Bett und dachte: »Verdammt, das funktioniert nicht. Wenn Maria nicht hinter mir steht, kann ich unmöglich da rausgehen und Wahlkampf machen.« Ich wollte ihr niemals solche Qualen zumuten.
Was ich Maria verschwiegen hatte, war ein Auftritt bei Jay Leno, der bereits geplant war. Gerade an dem Tag, als feststand, dass es zum Recall kommen würde, hatte ich Leno, Moderator der Tonight Show , zufällig beim Friseur getroffen. »Ob du antrittst oder nicht, ich möchte, dass du zuerst in meiner Show darüber sprichst«, hatte er gesagt. Und ich dachte: »Wenn ich mich wirklich bewerbe, wäre das eine coole Art, es zu verkünden.« Also sagte ich zu, und wir einigten uns auf einen Auftritt am 6. August, drei Tage vor Bewerbungsschluss.
Es war keine angenehme Nacht. All die Tränen, all die Fragen, kaum Schlaf. »Wenn sie es nicht will, werden wir es einfach nicht machen«, dachte ich. Das hieß, dass ich meine Vision würde aufgeben müssen – eine sehr schwierige Sache, nachdem ich jetzt so darauf fixiert war. Ich würde den Autopiloten ausschalten und das Flugzeug eigenhändig zum Flughafen zurücklenken müssen.
Am nächsten Morgen erklärte ich Maria: »Bei der Wahl anzutreten ist mir nicht das Wichtigste. Die Familie ist das Wichtigste. Du bist das Wichtigste, und wenn dies eine so furchtbare Belastung für dich ist, werden wir es nicht tun. Ich finde nur, dass sich hier eine großartige Chance bietet, und ich glaube, wenn du willst, dass es Kalifornien bessergeht …«
»Nein«, sagte sie. »Es wäre schrecklich. Ich will nicht, dass du es machst.«
»Gut, dann ist das geklärt. Ich werde nicht antreten.«
An jenem Abend verkündete sie den Kindern beim Abendessen: »Ihr solltet euch alle bei Daddy bedanken, denn er hat eine Entscheidung getroffen, die gut für unsere Familie ist. Daddy wollte sich um das Amt als Gouverneur bewerben.« Natürlich redeten die Kinder alle durcheinander und reagierten ganz unterschiedlich. »Danke, Daddy«, wurde gesagt. Es hieß aber auch: »Das wäre echt cool, als Gouverneur zu kandidieren, wow.«
In den nächsten Tagen passierte so einiges. Jay Leno rief an, um alles klarzumachen, und ich fühlte mich verpflichtet, ihm zu sagen, dass ich wohl nicht antreten würde. Er meinte nur: »Kein Problem.« Es hatte so viele Spekulationen um meine Kandidatur gegeben, dass ihm auf jeden Fall hohe Einschaltquoten sicher waren. »Du wirst der erste Gast sein«, sagte er.
Inzwischen hatte Maria mit ihrer Mutter gesprochen, und Eunice war gar nicht glücklich über die Entscheidung. Sie und Sarge hatten immer an mich geglaubt und mich ermutigt, mich fürs Gemeinwohl einzusetzen. Nachdem ich im Juni ein paar Reportern erzählt hatte, dass ich mit dem
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