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Total Recall

Total Recall

Titel: Total Recall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Dürr (VS Mihr)
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auch noch Kapital aus der Vielzahl der Titel, zu deren Vermehrung er selbst beigetragen hatte! Kein Wunder, dass er und sein Bruder nicht sonderlich beliebt waren. Dabei taten sie viel für ihren Sport und setzten sich beispielsweise beim Internationalen Olympischen Komitee dafür ein, Bodybuilding als olympische Sportart anzuerkennen.
    Mir gefiel Joes umtriebige Art. Er war Eigentümer mehrerer Zeitschriften. Er besaß einen Verband. Er hatte Wissen. Er rüttelte die Leute auf und wollte Bodybuilding massentauglich machen. Er hatte das, was ich brauchte, und ich hatte das Gefühl, dass ich ihm auch etwas geben konnte.
    Außerdem war ich kein fauler Hund. Schon bald nach meiner Ankunft in Kalifornien sagte ich zu ihm: »Ich will hier nicht untätig herumsitzen. Ich will etwas tun für mein Geld. Gib mir einen Job, bei dem ich etwas lernen kann.« Joe hatte in der 5th Street in Santa Monica einen Laden, der Nahrungsergänzungsmittel und Ausrüstung fürs Gewichtheben verkaufte. Ich fragte, ob ich dort arbeiten könnte. »Ich will die Kunden beraten«, erklärte ich. »Dabei lerne ich etwas über die Branche und kann mein Englisch anwenden. Außerdem habe ich gern mit Menschen zu tun.«
    So etwas hörte Joe gern. »Siehst du, Arnold«, sagte er mit seinem starken kanadischen Akzent, »du willst arbeiten, du willst selbst etwas aufbauen, du bist Deutscher, du bist eine Maschine, du bist unglaublich, du bist anders als diese faulen Hunde! «
    Mir gefiel Joes Denkweise. Er hatte bereits einen regelrechten Mythos um meine Person gesponnen. Ich war eine deutsche Maschine, die immer und überall absolut zuverlässig funktionierte. Und er wollte sein Know-how und seinen Einfluss darauf verwenden, dass diese Maschine zum Leben erwachte wie Frankenstein. Ich fand das lustig. Es störte mich nicht, dass er mich als sein Geschöpf betrachtete. Im Gegenteil, es passte perfekt zu meinem Ziel, der beste Bodybuilder der Welt zu werden. Je mehr er mich als sein Geschöpf sah, desto großzügiger war er mir gegenüber.
    Von Anfang an hatte ich das Gefühl, dass er in mir den Sohn sah, den er nie gehabt hatte. Für mich war das eine einzigartige Chance, von ihm zu lernen. Mein Vater hatte mir gezeigt, was Disziplin, Härte und Mut bedeuteten, aber wie man Erfolg im Geschäftsleben hat, das konnte ich von ihm nicht lernen. Ich suchte stets nach einem Mentor, der dort ansetzen würde, wo mein Vater aufgehört hatte. Joe war für mich wie ein Vater, der meine Ziele zu seinen machte.
    Das Unternehmen der Weiders hatte seinen Sitz an der Ostküste, in Union City in New Jersey, doch die Brüder ließen bereits eine neue Firmenzentrale im San Fernando Valley bauen. Joe fuhr alle paar Wochen hin und überzeugte sich persönlich vom Fortgang der Arbeiten. Er nahm mich mit zu den Besprechungen des Bauprojekts, und auch bei anderen Sitzungen durfte ich dabei sein, um zu sehen, wie es in der Geschäftswelt zuging. Für seine Zeitschriften war er immer auf der Suche nach einer günstigen Druckerei, die besser arbeitete und weniger verlangte, und auch bei solchen Verhandlungen war ich mit von der Partie. Ich besuchte ihn in New York und nahm dort ebenfalls an Besprechungen teil. Nachdem sich mein Englisch verbessert hatte, nahm er mich auf eine Geschäftsreise nach Japan mit, damit ich lernte, wie er im Ausland verhandelte und wie wichtig der Vertrieb war, nicht nur bei Zeitschriften, sondern für den Erfolg jedes Unternehmens.
    Er unterstrich schon damals die Bedeutung eines globalen Engagements für ein Unternehmen. Er wusste, dass dort die Zukunft lag. Bei jeder Reise erledigte er gleich mehrere Aufgaben. So traf er sich beispielsweise in Japan mit Vertretern des Bodybuilding-Verbands und gab Tipps zur Organisation der Wettkämpfe. Lange Flüge mit Joe waren immer sehr aufschlussreich. Er sprach über Wirtschaft, Kunst, Antiquitäten und Sport. Joe hatte Geschichte und Jüdische Geschichte studiert und interessierte sich sehr für Psychologie. Wahrscheinlich ging er auch zu einem Psychotherapeuten.
    Ich fühlte mich wie im Paradies, weil ich schon immer irgendwann etwas mit Wirtschaft machen wollte. Egal was ich tat, ich fragte mich immer: »Bin ich dafür geeignet? Ist das meine Aufgabe?« Ich wusste, dass ich zu Höherem bestimmt war, aber wofür genau? Unternehmer zu sein war in meinen Augen einfach das Größte. Und nun nahm mich ein erfolgreicher Unternehmensführer mit auf Geschäftsreisen, und ich lernte genau das, was ich brauchte.

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