Total Recall
Zucky’s Deli kennen. Sie war ein Jahr jünger als ich, ging aufs College und arbeitete den Sommer über als Kellnerin. Wir gingen ein paarmal zusammen aus und führten lange Gespräche. Schon bald zogen mich die Freunde im Studio auf: »Arnold ist verliebt.« Als sie zurück aufs College ging, dachte ich oft an sie, wir schrieben uns sogar Briefe – für mich ein absolutes Novum.
Mir gefiel es, eine feste Freundin zu haben, die ich häufiger sah. Ich konnte an Barbaras Leben teilnehmen, an ihrem Lehramtsstudium, ihrem Studentenleben, ihren Zielen. Und ich konnte sie an meinen Zielen teilhaben lassen, am Training, meinen Höhen und Tiefen.
Sie hatte nichts Glamouröses. Sie war mehr der Typ des netten Mädchens von nebenan, blond, sonnengebräunt und natürlich. Sie studierte, um Englischlehrerin werden, und war nicht nur darauf aus, sich zu amüsieren. Ihre Freundinnen gingen mit Jura- und Medizinstudenten aus und fanden mich seltsam, aber das kümmerte Barbara nicht. Sie bewunderte mich dafür, dass ich meine Ziele auf Karteikarten schrieb. Ihre Eltern nahmen mich unglaublich herzlich auf. An Weihnachten hatte jedes Familienmitglied ein Geschenk für mich, und als ich später Franco mitbrachte, hatten sie auch Geschenke für ihn. Barbara und ich reisten zusammen nach Hawaii, London und New York.
Als Barbara 1971 das College abschloss und zum Arbeiten nach Los Angeles zog, war Franco gerade dabei, auszuziehen. Auch er wollte ein geregeltes Leben führen. Er ließ sich zum Chiropraktiker ausbilden und hatte sich mit einer jungen Frau namens Anita verlobt, die bereits Chiropraktikerin war. Es schien völlig natürlich, dass Barbara bei mir einzog. Viel ändern würde sich ohnehin nicht, da sie bereits sehr viel Zeit bei mir verbrachte.
Sie war vollkommen damit einverstanden, dass ich jeden Cent sparte. Wir grillten lieber auf der Terrasse oder gingen an den Strand anstatt in ein schickes Lokal. Ich war nicht unbedingt der ideale Partner, weil ich sehr mit meiner eigenen Karriere beschäftigt war, freute mich aber, in einer festen Beziehung zu leben. Es war schön, zu jemandem nach Hause zu kommen.
Dass Barbara Englischlehrerin war, war natürlich noch ein zusätzlicher Pluspunkt. Sie half mir viel mit der Sprache und bei meinen Aufgaben fürs College. Auch in meinem Versandhandel war sie eine große Hilfe und verfasste für mich Briefe, obwohl ich bereits eine Sekretärin eingestellt hatte.
Wir merkten bald, dass man in einer Beziehung, in der die Partner nicht die gleiche Muttersprache haben, sehr vorsichtig sein muss, um Missverständnisse zu vermeiden. Wir stritten uns wegen der lächerlichsten Dinge. Nachdem wir uns den Film Ein Mann sieht rot (Death Wish) angesehen hatten, sagte sie: »Ich mag Charles Bronson, er ist so männlich, so maskulin.«
Ich antwortete: »Charles Bronson ist doch nicht maskulin. Der ist doch total dünn! Ich würde ihn allenfalls athletisch nennen, aber nicht maskulin.«
»Nein«, sagte sie, »du meinst muskulös , aber davon rede ich nicht. Ich meine maskulin. Das ist etwas anderes.«
»Muskulin, muskulös – das ist doch alles dasselbe. Ich finde ihn nur athletisch.«
»Aber für mich ist er nun einmal maskulin.«
Ich ließ nicht locker: »Nein, das ist falsch.« Und so stritten wir weiter. Daheim holte ich sofort das Wörterbuch. Natürlich hatte sie recht. Masculine bedeutete im Englischen natürlich etwas anderes als muscular – auch wenn es für mich fast gleich klang. Ich sagte mir: »Mein Gott, du musst diese Sprache wirklich lernen, es ist so dumm, wegen so etwas zu streiten.«
Nach meinem Sieg beim Mister-Olympia-Wettkampf begann Weider, mich auf Verkaufsreisen in die ganze Welt zu schicken. Ich stieg ins Flugzeug und trat überall dort in Einkaufszentren auf, wo wir eine Verkaufsstelle hatten oder expandieren wollten. Verkaufen zählte zu meinen Lieblingstätigkeiten. Ich stand mit einer Dolmetscherin mitten im Einkaufszentrum, beispielsweise im Kaufhaus Stockmann in Finnland, wo sich bereits ein paar hundert Bodybuilder versammelt hatten, weil mein Besuch natürlich vorher angekündigt worden war. Ich pries die Waren an und verkaufte und verkaufte und verkaufte. »Vitamin E gibt Ihnen einen fantastischen Energieschub für Ihr Training. Damit bekommen Sie eines Tages so einen Körper wie ich! Und von der sexuellen Energie muss ich gar nicht erst sprechen.« Die Leute kauften begeistert, mein Auftritt war immer ein Hit. Joe schickte mich, weil er wusste, dass
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