Total Recall
die Einkäufer eines Kaufhauses danach sagten: »Wir haben unglaublich viel verkauft. Machen wir einen Vertrag.«
Ich trat dabei im Achselhemd auf und zeigte meine Posen, immer wieder unterbrochen von meinen Produktpräsentationen: »Reden wir über Protein. Sie können so viele Steaks essen, wie Sie wollen, und auch so viel Fisch, wie Sie wollen, der Körper kann immer nur 70 Gramm auf einmal aufnehmen. Das ist ein Naturgesetz: Ein Gramm für jedes Kilo Körpergewicht. Mit Muskelaufbau-Shakes können Sie diese Lücke in Ihrem Ernährungsplan ausgleichen. Sie können das Fünffache der 70 Gramm aufnehmen, wenn Sie wollen! So viele Steaks können Sie gar nicht essen, um mit dem Proteinpulver mitzuhalten. Das ist hochkonzentriertes Eiweiß.« Ich mixte den Drink in einem silbernen Shaker, wie man ihn auch in einer Bar verwenden würde, um einen Martini zu machen. Dann trank ich den Shake und verkündete: »Das müssen Sie probieren.« Es war wie Staubsauger verkaufen. Oft ließ ich mich von meiner eigenen Begeisterung so hinreißen, dass die Übersetzerin gar nicht mehr mitkam.
Danach pries ich Vitamin D, Vitamin A und ein besonderes Öl an. Wenn ich fertig war, registrierte der Vertriebsleiter ein solches Interesse, dass er für das kommende Jahr sämtliche Nahrungsergänzungsmittel von Weider bestellte. Und dazu noch Weiders Lang- und Kurzhantelsets. Weider war im siebten Himmel. Einen Monat später war ich schon wieder auf Reisen und pries seine Produkte in einem anderen Land an.
Ich war immer allein unterwegs. Joe hätte nie für eine zweite Person bezahlt, das war seiner Ansicht nach Geldverschwendung. Allein zu reisen war aber auch kein Problem, denn egal wo ich hinkam, ich wurde immer abgeholt und wie ein Bruder behandelt. Man war immer Teil der großen Bodybuilder-Gemeinschaft. Und es machte Spaß, die Welt zu bereisen und in den verschiedensten Fitnessstudios zu trainieren.
Weider wollte, dass ich irgendwann selbst mit den Einkaufsabteilungen der Kaufhäuser verhandelte, Verleger traf, die seine Zeitschriften in anderer Sprache herausbringen wollten, und später einmal die Firma von ihm übernahm. Aber ich hatte das Gefühl, dass das nicht zu meinen Zielen passte. Ähnlich verhielt es sich mit einem Angebot, das ich Anfang der siebziger Jahre erhielt. Ich sollte für 200000 Dollar im Jahr eine bekannte Fitnessstudiokette leiten. Das war viel Geld, aber ich lehnte ab, weil mich die Stelle nicht zu meinem eigentlichen Ziel führen würde. Die Leitung einer solchen Kette erfordert, dass man täglich zehn bis zwölf Stunden arbeitet, und dann hätte ich weder trainieren können, um weiterhin Bodybuilding-Champion zu bleiben, noch eine Filmkarriere starten können. Nichts und niemand sollte mich von meinem Ziel abbringen. Kein Posten, keine Beziehung, wirklich nichts.
Doch in ein Flugzeug zu steigen und Sachen zu verkaufen war genau das Richtige für mich. Ich hatte mich schon immer als Weltbürger gesehen. Ich wollte so viel reisen wie möglich, denn ich dachte, wenn die lokale Presse jetzt über mich als Bodybuilder berichtete, würde ich später als Schauspieler von dieser Popularität profitieren.
Also war ich häufig unterwegs. 1971, um nur ein Beispiel zu nennen, reiste ich nach Japan, Belgien, Österreich, Kanada, England und Frankreich. Oft ergänzte ich meinen Reiseplan noch um Auftritte bei Bodybuilding-Veranstaltungen, um mir etwas dazuzuverdienen. Es war einfach ein gutes Gefühl, mit ein paar tausend Dollar in den Sohlen meiner Cowboystiefel zurück nach Kalifornien zu fliegen (denn ich versteckte das Geld in den Stiefeln, damit es mir nicht gestohlen wurde, wenn ich schlief). Sobald ich daheim war, brachte ich das Geld auf die Bank.
Außerdem trat ich gratis in kalifornischen Gefängnissen auf und gab dort Seminare. Die Idee kam auf, als ich einen Freund aus dem Gold’s Gym besuchte, der auf Terminal Island in der Nähe von Los Angeles eine Haftstrafe verbüßte. Er war wegen Autodiebstahls zu zwei Jahren verurteilt worden und wollte weiter fit bleiben. Ich sah zu, wie er und seine Freunde im Gefängnishof trainierten. Er hatte sich einen Namen als stärkster Gefangener Kaliforniens gemacht, indem er einen neuen Gefängnisrekord für Kniebeugen mit 600 Pfund (272 Kilo) aufgestellt hatte. Mich beeindruckte vor allem, dass er und die anderen Gewichtheber alle vorbildliche Häftlinge waren, denn nur dann durften sie trainieren und sich die Nahrungsergänzungsmittel schicken lassen, die sie zu
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