Total verhext
keine Vorschriften über die Orte, an denen Feen ihre guten Taten vollbringen.«
»Ich traue dem Zauberstab nicht«, sagte Oma. »Für gewöhnlich gehören solche Dinge zur Ausstattung von Zauberern.«
»Ich bitte dich«, stöhnte Magrat. »Seit vielen Generationen setzen Feen Zauberstäbe ein.«
Oma Wetterwachs ruderte mit den Armen.
»Na schön, na schön. Nur zu! Wenn du dich unbedingt lächerlich machen willst …«
Magrat holte den Stab hervor. Genau diesen Augenblick hatte sie gefürchtet.
Das Objekt bestand aus weißem Material, und die junge Hexe hoffte, daß es sich dabei nicht um Elfenbein handelte. Einst war der Stab mit Symbolen und Zeichen geschmückt gewesen, doch Dutzende von Feenhänden hatten sie fast vollständig abgewetzt. Mehrere Gold- und Silberringe glänzten im Weiß. Nirgends gab es einen Hinweis darauf, wie man mit einem derartigen Gegenstand umging. Nicht eine einzige Rune erklärte, worauf es beim Zaubern zu achten galt.
»Ich glaube, man muß damit winken«, spekulierte Nanny Ogg. »Ja, da bin ich ziemlich sicher.«
Oma Wetterwachs verschränkte die Arme. »Das ist keine richtige Hexerei.«
Magrat hob den Zauberstab und winkte. Nichts geschah.
»Vielleicht muß man bestimmte Worte sprechen«, vermutete Nanny.
Erste rote Flecken der Panik erschienen auf Magrats Wangen.
»Was sagen gute Feen?« brachte sie hervor.
»Äh, keine Ahnung«, antwortete Nanny.
»Ha!« ließ sich Oma vernehmen.
Nanny Ogg seufzte. »Hat dir Desiderata denn gar keine Hinweise gegeben?«
»Nein!«
Gytha hob und senkte die Schultern.
»Dann bleibt dir nichts anderes übrig, als ein wenig zu experimentieren.«
Magrat blickte zum Schutthaufen, bevor sie die Augen schloß, sich konzentrierte und versuchte, ihr seelisches Zentrum mit kosmischer Harmonie zu füllen. Nun, für Mönche mochte es ganz einfach sein, kosmische Harmonie zu finden; immerhin wohnten sie in verschneiten, gemütlichen Bergklostern und wurden bei ihren Meditationen höchstens von Yetis gestört. Aber wie sollte man inneren Frieden finden, während einen Oma Wetterwachs anstarrte?
Die junge Hexe winkte zaghaft und bemühte sich, nicht an Kürbisse zu denken.
Sie spürte, wie sich etwas bewegte. Nanny schnappte nach Luft.
»Ist was passiert?« fragte Magrat.
»Ja«, sagte Nanny Ogg nach einer Weile. »In gewisser Weise. Ich hoffe, die Verschütteten haben großen Appetit.«
»Das soll das Werk einer guten Fee sein?« ertönte Omas Stimme.
Magrat öffnete die Augen.
Vor ihr erhob sich noch immer der Haufen, aber er bestand jetzt nicht mehr aus Felsgestein.
»Vielleicht mögen die Zwerge Gemüse«, überlegte Nanny laut.
Magrat öffnete die Augen etwas weiter.
»Schon wieder Kürbisse?«
»Ist gesund, Gemüse«, fügte Nanny Ogg hinzu.
Im oberen Teil des Haufens rührte sich etwas. Einige kleine Kürbisse rollten Magrat vor die Füße, und ein Zwergenkopf erschien.
Er blickte auf die Hexen herab.
Nanny Ogg zögerte. »Alles in Ordnung?« fragte sie schließlich.
Der Zwerg nickte und blickte zu den Kürbissen, die vom Boden des Stollens bis zur Decke empor reichten.
»Äh, ja«, sagte er. »Ist mein Vater in der Nähe?«
»Dein Vater?«
»Der König.«
»Oh.« Nanny Ogg drehte sich um und wölbte die Hände trichterförmig vor dem Mund. »He, König!«
Die Zwerge kehrten zurück und bestaunten den Kürbishaufen. Der König trat vor und sah zu seinem Sprößling auf.
»Alles in Ordnung, Sohn?«
»Ja, Vater. Es gab keine Verwerfung.«
Der König seufzte erleichtert. Dann schien ihm etwas einzufallen. »Wurde jemand verletzt?«
»Nein, Vater.«
»Eine Zeitlang bin ich sehr besorgt gewesen. Dachte schon, wir seien auf Konglomerat oder so gestoßen.«
»Nur lockerer Schiefer, Vater.«
»Gut.« Die Aufmerksamkeit des Königs wanderte wieder zum Haufen, und er kratzte sich am Bart. »Offenbar habt ihr eine Art Kürbis-Flöz gefunden.«
»Ich hielt das Zeug zunächst für eine besondere Art von Sandstein.«
Der König ging zu den Hexen.
»Könnt ihr alles in alles verwandeln?« fragte er hoffnungsvoll.
Nanny Ogg sah kurz zu Magrat, die noch immer schockiert auf den Zauberstab hinabstarrte. »Ich schätze, im Augenblick sind wir auf Kürbisse spezialisiert«, erwiderte sie vorsichtig.
Der König wirkte ein wenig enttäuscht.
»Nun, wenn ich mich irgendwie erkenntlich zeigen kann …«, meinte er.
»Vielleicht mit einer Tasse Tee oder so …«
Oma Wetterwachs trat vor. »Mir sind gerade ähnliche Gedanken durch
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